Sommerlicht Bd. 1 Gegen das Sommerlicht
herbei. Aber es gab keine. Es gab nichts, was er tun konnte, es sei denn, Ashlyn war die, die er suchte, und er konnte sie dazu bringen, ihm zu vertrauen, ihn zu akzeptieren. Er war einfach nicht stark genug, um es mit Beira aufzunehmen.
Wenn ich es wäre … Er lächelte bei dem Gedanken, wie es wäre, Beira aufzuhalten, vielleicht noch rechtzeitig, um Donia zu retten. Es war die einzige Möglichkeit.
Aber wenn es nur Ashlyns Sehergabe war, worauf die Eolas angespielt hatten – was durchaus vorstellbar war –, dann war alles umsonst. Donia würde sterben und seine Kraft würde weiter gebunden sein. Der kleine Hauch des Sommers, den er heraufbeschwören konnte, reichte bei weitem nicht aus, um gegen Beira anzukommen.
Er lehnte den Kopf an einen Eichenstamm und schloss die Augen. Atme. Atme einfach . Ashlyn war anders, vielleicht anders genug; vielleicht war sie die Richtige.
Aber vielleicht auch nicht.
Möglicherweise war die Verkündigung der Eolas tatsächlich nichts weiter als eine Anspielung darauf, dass Ashlyn die Sehergabe besaß, auch wenn das Elfenvolk sie als Hinweis auf die Entdeckung der Sommerkönigin gedeutet hatte. Vielleicht ist sie gar nicht die Richtige.
Keenan war gerade auf dem Weg in den grüneren Teil der Stadt, als er Beiras Hexen kommen hörte. Sie folgten ihm in einem fast schon respektvollen Abstand, bis er den Fluss erreichte.
Er setzte sich ans Ufer – Füße auf der Erde, die Sonne im Rücken – und wartete.
Besser hier als im Loft.
Bei ihrem letzten Besuch hatte Beira so viele von seinen Vögeln erfrieren lassen, wie sie konnte, als er kurz aus dem Zimmer gegangen war. Sie hatten tot auf dem Boden gelegen oder wie schrecklicher Schmuck zwischen den Eiszapfen oben in den Zweigen gehangen. Wenn er sie nicht aufhielt, bekamen diesmal vielleicht die Sommermädchen oder seine Leibgarde ihre schlechte Laune zu spüren.
Beira stand unter einem grellfarbenen Baldachin, den einige ihrer fast nackten Wachen über sie hielten – Weißdornmänner und ein glatthäutiger Troll, die alle frische Wunden und Frostbeulen am Körper trugen.
»Was denn, keine Umarmung? Kein Kuss?« Beira hielt ihm eine Hand hin. »Komm her, Schatz.«
»Ich bleibe hier.« Keenan machte sich nicht die Mühe aufzustehen; er warf ihr lediglich einen Blick zu. »Ich genieße die Wärme auf meiner Haut.«
Sie verzog das Gesicht. »Sonnenlicht! Widerlich.«
Er zuckte die Achseln. Mit ihr zu reden war nach seinem Besuch bei Donia und all seinen Zweifeln wegen Ashlyn das Letzte, worauf er Lust hatte.
»Wusstest du, dass Kleidung, die vor Sonnenlicht schützt, heutzutage reißenden Absatz findet?«, fragte sie und setzte sich auf einen blendend weißen Stuhl, den die Hexen für sie herbeigeschafft hatten. »Sterbliche sind vielleicht merkwürdige Kreaturen!«
»Auf was willst du hinaus, Beira?« Er hasste es immer, in ihrer Nähe zu sein, aber nachdem sie Donia bedroht hatte, fiel es ihm noch schwerer als sonst, Höflichkeit zu heucheln.
»Ist es denn so schwer zu glauben, dass ich dich einfach nur besuchen wollte? Um mit dir zu plaudern?« Sie streckte, ohne sich umzusehen, die Hand aus, und ein angeleinter Waldgeist drückte ihr ein eisgekühltes Getränk hinein. »Du besuchst mich ja so selten.«
Keenan legte sich ins Gras und genoss die Kraft der Wärme, die aus der Erde in seinen Körper sickerte. »Vielleicht weil du so boshaft und grausam bist?«
Sie wedelte mit der Hand durch die Luft, wie um seinen Kommentar wegzuwischen. »Das kann man so und so sehen.«
»Während ich ehrlich sein will, betrügst du nur.«
»Ach, Ehrlichkeit. Ehrlichkeit ist eine furchtbar subjektive Angelegenheit, mein Schatz.« Sie nippte an ihrem Drink. »Kann ich dir eine Erfrischung anbieten?«
»Nein.« Er ließ seine Finger über die Erde gleiten und sandte seine Wärme in die darin schlummernden Knollen. Kleine Blumentriebe reckten sich seiner Hand entgegen; zarte Sprossen bohrten sich zwischen seinen Fingern hindurch.
»Mit dem neuen Sommermädchen hast du dir aber die ein oder andere Erfrischung geteilt, wie ich höre. Der armen Kleinen war ja ganz schwindelig.« Sie sah ihn tadelnd an. »Hast du denn gar nichts von mir gelernt? Das arme Lämmlein betrunken zu machen, um sie dazu zu kriegen, na, du weißt schon .«
»Es war ganz anders«, giftete er. »Ashlyn und ich haben getanzt und ihr neues Leben gefeiert. Mit Verführung hatte das nichts zu tun.«
Sie trat unter ihrem Baldachin hervor, und die Wachen
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