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Sommerlicht Bd. 2 Gegen die Finsternis

Sommerlicht Bd. 2 Gegen die Finsternis

Titel: Sommerlicht Bd. 2 Gegen die Finsternis Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Melissa Marr
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Spuren von Wesen, die Klauen statt Finger besaßen, aber Niall wusste ihre Verletzungen sehr wohl zu deuten.
    Warum?
    Winterelfen gingen vorbei und musterten ihn unbehaglich. Ungebundene Elfen scharten sich in Grüppchen zusammen, wenn er näher kam. Selbst die sonst so furchtlosen Kelpies in den Brunnen der Stadt beäugten ihn argwöhnisch. Früher hatte man ihn zu Recht solcher Untaten verdächtigt, aber er mied den Hof der Finsternis seit langem. Er hatte sich entschlossen, ein anderer zu werden und wiedergutzumachen, was er angerichtet hatte.  
    Doch der Anblick der entstellten Sterblichen und verängstigten Elfen rief in Niall Erinnerungen wach, die er lieber vergessen hätte: die Ehrfurcht in den glasigen Augen des zarten rothaarigen Mädchens, als sie ermattet in seinen Armen zusammensank, erschöpft von zu vielen Stunden in seinen Händen; Irials köstliches Gelächter, als der Tisch unter den tanzenden Mädchen zusammenbrach; die Freude, mit der Gabriel die Einwohner einer weiteren Stadt terrorisierte, während Irial immer neue Drinks ausschenkte; der fremdartige Wein und die immer neuen Kräuter in ihren Mahlzeiten; die Tänze während ihrer Halluzinationen; die lauten Klagen, wenn er die Sterblichen aus seiner Umarmung entließ … Und er hatte all das genossen.
    Als Niall wieder im Loft des Sommerkönigs in Huntsdale ankam, war er viel zu deprimiert, um sich den Lustbarkeiten bei Hofe anzuschließen. Stattdessen stellte er sich an das Fenster im großen Saal und starrte auf das langsam verdorrende Gras im Park auf der anderen Straßenseite. Dort feierten sie die Wiedergeburt des Sommerhofs, genossen den neuen Frieden mit dem Winterhof, auch wenn ihnen dabei immer noch unbehaglich zumute war. Der Sommer hatte in diesem Jahr ungewöhnlich früh begonnen – ein Geschenk der Winterkönigin, ein Friedensangebot oder vielleicht auch ein Zeichen ihrer Zuneigung. Was auch immer es war; es war schön. Es hätte ihn besänftigen sollen, aber das tat es nicht.
    Er seufzte. Er würde Keenan über den schlechten Zustand der Grünanlagen informieren müssen. Denk an deine Pflichten. Denk an deine Verantwortung . Er hatte die Spanne eines ganzen Lebens damit verbracht, für seine Taten zu büßen. Was auch immer es war, das ihn in diesen Tagen so verwirrte, es würde vorübergehen.
    Er legte seine Stirn an eine der hohen Glasscheiben im großen Saal. Auf der anderen Seite der Straße tanzten die Elfen im Park. Und wie immer wirbelten Sommermädchen zwischen ihnen herum, schossen wie Derwische in die Menge und wieder heraus und zogen Weinreben und ihre Röcke wie Schleppen hinter sich her. Keenans diensthabende Wachen passten auf sie auf, sorgten für ihre Sicherheit, und die übrigen Wachen tanzten mit ihnen und kümmerten sich darum, dass sie sich amüsierten.
    Es sieht aus wie in Friedenszeiten.
    Das war genau das, wofür Niall gekämpft hatte, worum er jahrhundertelang gerungen hatte, doch nun stand er allein in diesem Loft – ein stiller Beobachter. Er spürte eine seltsame Distanz, fühlte sich von seinem Hof abgekoppelt, von seinem König, den Sommermädchen, von allen, außer von diesem einen sterblichen Mädchen. Hätte er mit Leslie tanzen können, mit ihr an der Hand auf diesem Fest herumwirbeln können, dann hätte er mitgefeiert.
    Doch Miach, der letzte Sommerkönig, hatte klare Bedingungen gestellt, als er Nialls Treueschwur akzeptierte. Keine Sterblichen, Niall. Das ist der Preis, den du dafür zahlen musst, Mitglied meines Hofes zu werden. Und so schlimm war das auch gar nicht. Sterbliche waren zwar noch immer verlockend, aber dank seiner Erinnerungen und seines Eids hatte Niall gelernt zu widerstehen. Er hatte das Tanzen nie vermisst – weder auf den Festen noch in seinem Bett.
    Bis jetzt. Bis Leslie kam.

Zehn
    Am Ende der Woche war Leslie erschöpfter als sonst. Sie hatte zusätzliche Schichten übernommen, damit sie die Lebensmitteleinkäufe bezahlen konnte und trotzdem noch genug Geld für das Tattoo übrig behielt. Das lächerlich hohe Trinkgeld hatte sie gut weggelegt, weil sie noch nicht sicher war, ob sie es wirklich behalten durfte. Wenn es tatsächlich ihr gehörte, hatte sie demnächst bei der Zimmersuche gute Chancen; sie hätte genug, um auszuziehen und sich die nötigsten Möbel anzuschaffen. Und deshalb kann es auch kein normales Trinkgeld sein. So viel Geld bekommt man nicht ohne Gegenleistung. In der Zwischenzeit würde sie erst mal so weitermachen wie bisher – ihr eigenes

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