Sommerlicht Bd. 3 Für alle Ewigkeit
Wänden hingen. Verblasste Fäden ließen die Farben, die sie einst gehabt hatten, nur noch erahnen; doch das Alter konnte nicht von der Schönheit der Szene ablenken. Auf dem Stoff war Sorcha selbst abgebildet, umgeben von Höflingen, die ihr huldigten. Paare tanzten in einer gezierten Art und Weise. Musiker spielten. Doch es war auffallend, dass alle auf dem Bild Sorcha ansahen, die majestätisch dasaß und die Szene überschaute. Die echte Sorcha – die der abgebildeten sehr ähnlich sah – schob den Stoff beiseite. Dahinter befand sich wieder eine neue Tür.
»Das ist ja wie in einem Kaninchenbau. Weißt du, dass das hier« – Seth drückte die alte Holztür auf – »nicht mehr im Geringsten so aussieht, als gehörte es noch zum Hotel?«
Ein Lachen, so hell wie das Bimmeln von Kristallglöckchen, entwich ihren Lippen. »Das Hotel ist jetzt ein Teil des Elfenreichs. Es unterliegt damit nicht mehr den Regeln, die im Reich der Sterblichen gelten. Es unterliegt meinen Regeln. Und das gesamte Reich der Sterblichen würde es auch tun, wenn ich mich entschließen würde, mich dort aufzuhalten.«
Draußen vor der Tür erstreckte sich ein weiterer Garten, der von Mauern umfriedet war. Ein Pfad wand sich bis in dessen Mitte, wie um sie beide in eine wieder andere Welt einzuladen. Die Gartenmauern sahen aus, als wären ihre Steine durch eine räumliche Übereinkunft zusammengefügt anstatt mit Mörtel. Blühende Weinreben krochen über das zerbröckelnde Mauerwerk; Blüten drängten sich büschelweise aus den Spalten hervor.
»Ein bisschen chaotisch für dich, nicht?«
Sorcha schüttelte den Kopf. »Nein, eigentlich nicht. Das hier ist mein Privatgarten, in dem ich meditiere. Hierher kommt niemand außer mir und meinem Bruder … und jetzt auch dir.«
Während sie durch den Garten gingen, richteten sich die Steine auf dem Weg von selbst neu aus und die Blüten nahmen ein gleichmäßigeres Muster an. Es war surreal – selbst nach all dem, was er bereits gesehen hatte. »Mir ist, als wären wir nicht mehr in Kansas.«
»Kansas?« Sie runzelte die Stirn. »Wir waren noch nie in Kansas. Dieser Staat ist –«
»Es ist so seltsam hier«, berichtigte er sich, während er sie um eine unebene Steinplatte herumführte.
»In Wahrheit ergibt hier alles einen Sinn.« Sorcha strich mit ihren Fingern über die unscheinbar aussehenden Blüten des Nachtjasmins. »Der Anschein trügt.«
»Das Kunstwerk ist fast vollendet.« Er war besorgt, ob es ihr gefallen würde.
Nur noch wenige Tage.
»Ich freue mich auf die Enthüllung.« Sie sagte es leicht dahin, aber darunter verbarg sich Belustigung. »Enthüllungen sind interessant. Es sind Momente der Klarheit …«
»Sorcha?« Er sah sie an. »Was ist los?«
»Ich muss dir den Haken an dem Handel erklären, auf den du dich eingelassen hast.«
Noch blieb Seth ruhig, aber er vermutete, dass sich das bald ändern würde. »Ich hatte gehofft, dass ich mich gut schlage.«
Sie drückte seinen Arm. »Ich habe schon Verträge abgeschlossen, als von euch Sterblichen noch gar keine Aufzeichnungen existierten. Du kanntest die Gefahren und bist dennoch hart geblieben.«
»War ich also ein Dummkopf?«
»Nein, du warst das, was Sterbliche häufig sind: blind vor Leidenschaft.« Sie ließ seinen Arm los und beugte sich wieder zu dem Jasmin herab. Er reckte sich raschelnd zu ihr hoch. Mondlicht aus ihrem Inneren erhellte ihre Haut.
»Und was ist der Haken?« Sein Herz raste und er fing an, die Worte in seinem Kopf hin und her zu wenden. Er hatte Ashlyn davor gewarnt, sich auf einen Handel mit einem Elfenkönig einzulassen, und nun hatte er es selbst getan. Seine Angst wurde immer größer, während er auf eine Antwort wartete – und löste sich plötzlich vollkommen auf, als Sorcha sich umdrehte und ihn direkt ansah.
Ein Zauber, der mich trösten soll.
Er wusste es, noch während ihn wieder Ruhe überkam wie eine kühle Brise, die über seine erhitzte Haut strich. Sorcha wandte sich lächelnd wieder dem Jasmin zu.
Und er wartete, während er ihr dabei zusah, wie sie – meine perfekte Königin – sich an der Einfachheit ihrer Gärten erfreute. »Tu das nicht. Manipuliere meine Gefühle nicht.«
Die beruhigende Brise verschwand.
Sie richtete sich auf und trat auf den Weg zurück. »Ein Monat mit mir im Elfenreich ist es, was du ausgehandelt hast.«
»Ja, das ist richtig.« Er bot ihr wieder seinen Arm an.
Sie hakte sich unter und ging weiter. »Die Zeit vergeht hier
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