Sommerlicht Bd. 3 Für alle Ewigkeit
anders als im Reich der Sterblichen.«
»Um wie viel anders?«
Der Rhythmus ihrer Schritte war unverändert, als sie erwiderte: »Ein Tag hier sind sechs Tage dort.«
»Ich bin also schon mehr als fünf Monate weg?« Er sprach langsam und versuchte zu begreifen, was Sorcha ihm da enthüllte: Er war schon fast ein halbes Jahr von Ashlyn getrennt, während Keenan an ihrer Seite lebte. Die beiden waren also schon länger miteinander allein, als er und Ashlyn offiziell zusammen gewesen waren – und sie war ohnehin bereits von Keenan bezaubert gewesen.
»Ja, das bist du.«
»Verstehe.«
»Wirklich?« Sorcha blieb stehen. »Ihr wird deine Abwesenheit weitaus länger vorkommen als dir.«
»Ja, verstehe.« Seth zupfte an seinem Lippenring und dachte einen Moment nach. Wieder überkam ihn Furcht. Dachte sie, dass er sie für immer verlassen hatte? Machte sie sich Sorgen? War sie wütend? Habe ich sie verloren? Er würde nicht aufgeben, nicht jetzt, wo er so kurz davorstand, alles zu haben.
Sorcha sah ihn zweifelnd an. »Du könntest hierbleiben. Ich sorge für deine Sicherheit. Du bist glücklich hier …«
»Ich soll hierbleiben, nur weil es möglich ist, dass die Dinge sich geändert haben?« Er lächelte sie an. »Ich wäre weder bei dir noch bei ihr so weit gekommen, wenn ich mich beirren ließe in dem, was ich will. Das Glück ist mit den Mutigen, oder?«
»Keenan weiß, dass du hier bist. Niall hat es dir schon gesagt.«
Seth war nicht so ruhig, wie er es gern gewesen wäre. Er empfand zwar ein dunkles Vergnügen daran, dass Keenans Täuschung enthüllt werden würde; den Schmerz, den er bei der Vorstellung empfand, Ashlyn könnte sich in ihn verliebt haben, konnte das aber nicht lindern. »Er wird dafür geradestehen müssen, wenn Ash es herausfindet.«
Ihm würde übel bei der Vorstellung, Ashlyn könnte mit Keenan zusammen sein. Aber uns gehört die Ewigkeit. Er hat seine einzige Chance gehabt.
»Wenn sie dich verlassen hat, könntest du zurückkommen. Du wirst hier bei mir immer ein Zuhause haben.« Sorcha legte keine besondere Betonung darauf, doch er kannte sie gut genug, um zu merken, wie viel es ihr bedeutete, was sie ihm da anbot. Es war etwas, von dem er nie geglaubt hatte, dass er es mal angeboten bekommen würde, und in diesem Moment war es ein wunderbarer Trost. Die einzige andere Person, von der er gedacht hatte, er könnte auf sie zählen, driftete wahrscheinlich immer weiter von ihm weg. Ashlyns Liebe aufs Spiel zu setzen war kein Preis, den er willentlich gezahlt hätte, aber er hatte auch nicht geglaubt, dass er bei seinem Handel mit Sorcha so viel gewinnen würde. Wenn das Elfenreich eines war, dann voller Überraschungen.
»Ich werde dich vermissen«, sagte er. Er neigte nicht besonders dazu, seine Gefühle zu verbergen, nicht vor ihr. »Auch wenn ich nicht zu dir zurückgelaufen komme, werde ich dich vermissen.«
Mit derselben lässigen Eleganz, die die meisten ihrer Bewegungen hatten, ließ Sorcha seinen Arm los und tat so, als begutachte sie eine blütenbehangene Weinrebe. »Das bleibt abzuwarten.«
»Auch du, meine Königin, wirst mich vermissen.«
Die Blüten beanspruchten ihre Aufmerksamkeit, und sie hob eine Schulter zu einem abschätzigen Zucken. »Vielleicht muss ich nachsehen kommen, wie du dich als Elf in die Welt da draußen einfügst.«
»Das wäre bestimmt klug.« Er wollte ihr Geschenke darbringen, die perfekten Worte finden, irgendetwas, um sie wissenzulassen, dass er ihre Zuneigung wertschätzte, dass es keine Kleinigkeit war, dass er sie vermissen würde. Er trat näher an sie heran. »Sorcha? Meine Königin? Wenn ich sie nicht liebte, würde ich bei dir bleiben … aber wenn ich sie nicht liebte, wäre ich auch nicht hier.«
»Ich weiß.« Sie strich ihm die Haare aus dem Gesicht.
Sorcha fühlte, dass Devlin den Garten betrat. Ihr Bruder war noch nicht in der Nähe, doch sie konnte seine Schritte auf ihrer Erde spüren. Das hier war nicht irgendein Garten im Elfenreich: Es war ihr privates, gut bewachtes Zuhause. Nur wenige Elfen konnten es überhaupt betreten; und nur einer konnte es nach Belieben tun.
»Ich sollte zurückgehen«, murmelte sie.
»In Ordnung.« Er trat einen Schritt zurück und wirkte aus Gründen verletzt, die sie nicht verstand.
»Bist du wütend auf mich?« Sonderbar, dass sie eine Rolle spielte, die Meinung dieses sterblichen Kindes. Aber sie tat es.
»Nein.« Er sah sie merkwürdig an, so ruhig wie eine ihrer eigenen Elfen. »Darf
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