Sommerlicht Bd. 3 Für alle Ewigkeit
schmiegte sich leise seufzend in seine Arme. In diesem Moment war sie keine Königin, keine Elfe, sondern niemand anders als Ashlyn.
»Geht es dir gut?«
»Ja, jetzt schon.«
Keine Minute später spannte sie sich jedoch an. Obwohl Ashlyn Keenan gar nicht sehen konnte, wusste sie offenbar, dass er hinter ihr stand. Was für eine Verbindung die beiden auch immer hatten, sie wurde stärker, und das erleichterte das Leben nicht gerade.
Was Keenan anging, so verriet seine Miene Irritationen, die er niemals geäußert hätte. Ashlyns verbliebener Rest von Menschlichkeit, ihre Fähigkeit, sich in Sekundenschnelle von einer Herrscherin in ein einfaches Mädchen zu verwandeln, schien Keenan zu verblüffen. Seth hatte beobachtet, wie er zu begreifen versuchte, warum Ashlyn sich weigerte, sich von der menschlichen Welt zu distanzieren. Es war eine Stärke: Zu sehen, wie die Menschen davon profitierten, dass sie sich für das Wiedererstarken des Sommers einsetzte, inspirierte sie dazu, mehr zu tun. Aber es war auch eine Schwäche: Die Zeit, die sie mit Sterblichen verbrachte, erinnerte sie an die unangenehmen Unterschiede zwischen Sterblichen und Elfen und hielt sie auf Abstand zu ihrem Volk. Dieser Abstand führte zu einem Riss an ihrem Hof, einer Verwundbarkeit, die mehr als ein leises Grollen hervorrief.
Zusätzlich gab es Spannungen wegen Ashlyns Weigerung, eine »richtige Königin« zu sein, und Keenans anhaltender Beziehung zu Donia; der Hof war zwar stärker geworden, doch geheilt war er noch nicht.
Seth wusste, dass sich das mit der Zeit verändern würde – vor allem weil die Sterblichen, die Ashlyn liebte, älter wurden und starben –, doch Keenan zeigte offen sein Missfallen an jedweder Schwäche, die Ashlyn in Gefahr bringen konnte. Die erstarkenden Elfen waren enttäuscht von den Entscheidungen ihrer Monarchen und Keenan hatte Angst davor, was passieren würde, wenn diese Elfen kühner wurden. Diese Sorge um Ashlyn war eins der wenigen Dinge, die Seth am Sommerkönig schätzte. Keenan verehrte Ashlyn. Er wollte sie in Sicherheit und glücklich sehen.
Er will sie aber auch ganz für sich haben.
»Du solltest Abstand halten, Keenan. Ich sehe, was du tust. Ich habe dir jahrhundertelang bei diesen Spielchen zugesehen.« Nialls Stimme war plötzlich wie Rauch und Schatten. »Versuch zur Abwechslung mal über die Bedürfnisse anderer nachzudenken.«
»Ich glaube nicht, dass es dich noch irgendetwas angeht, was ich tue.« Keenan drehte sich so, dass er mit dem Gesicht zu Niall stand, und lehnte sich mit dem Rücken an die Wand – um sicherzustellen, dass niemand von hinten an ihn herantreten konnte.
»Wenn du Seth etwas tust« – Niall lächelte Seth an –, »dann geht es mich sehr wohl etwas an.«
»Er gehört nicht zu deinem Hof.«
Der König der Finsternis sagte mit vor Spott triefender Stimme: »Nur ein Idiot kann glauben, dass das eine Rolle spielt. Leslie ist für mich verloren. Die Freundin deiner Königin, und du hast zugelassen, dass sie verdorben wurde –«
»Vom Hof der Finsternis, deinem Hof, Niall.« Keenan sah Ashlyn an, dann Seth, dann die verschiedenen Sterblichen im Raum. In der schwach beleuchteten Nische, in der sie standen, zogen sie mit ihrem Streit noch keine Aufmerksamkeit auf sich.
»Ja, es ist mein Hof, und nach allem, was ich von den beiden verkorksten Königen gelernt habe, die ich geliebt und für die ich gelebt habe, wird er sich deinem niemals unterwerfen. Stell mich nicht auf die Probe, Keenan.« Niall schritt auf Keenan zu, verringerte offen drohend den Abstand zwischen ihnen. »Wenn du Seth wehtust, wirst du von mir dafür zur Rechenschaft gezogen.«
Keenan sagte nichts.
»Sag mir, dass du keine bösen Absichten ihm gegenüber hegst, Keenan.« Nialls Stimme war zu einem leisen Knurren geworden, von dem Seth gar nicht geahnt hatte, dass es in seinem Freund schlummerte. Neben dem König der Finsternis nahmen die Jungfrauen des Abgrunds Gestalt an und tanzten durch die Luft; ihre Körper bestanden aus züngelnden, sich windenden schwarzen Flammen. Seth wusste, dass sie – einmal losgelassen – schlimme Verwüstungen anrichten konnten, war sich jedoch nicht sicher, ob das gut oder schlecht war. Ein Teil von ihm, den er zu verbergen suchte, war sauer auf Keenan und freute sich bei dem Gedanken, dass Niall Keenan einen Denkzettel verpassen würde. Was nicht okay ist. Seth unterdrückte diesen Drang inzwischen bewusst. Er hatte hart daran gearbeitet, der Mensch zu
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