Sommerlicht Bd. 3 Für alle Ewigkeit
Freundschaft anzubieten, wird das für mich ganz schön scheiße sein. Wahrscheinlich so wie die Situation jetzt für dich.«
Keenan verharrte reglos, ungefähr auf dieselbe Art, wie Löwen in Käfigen reglos verharren – und auf eine Schwäche des Gegenübers warten. Bei all ihrer vorgetäuschten Menschlichkeit waren Elfen einfach anders. Ashlyn war anders, und je länger sie mit ihnen zusammen war, desto weiter würde sie sich von der sterblichen Normalität entfernen.
Und von mir.
Man konnte leicht vergessen, dass sie nicht menschlich waren, doch Seth lernte, sich dieser Tatsache immer bewusst zu sein. Anders zu sein war ja nicht schlecht; es hieß nur, dass andere Regeln galten. Keenan wirkte nach einer so langen Zeit mit ihnen ziemlich menschlich, doch hätte Ashlyn nicht darauf bestanden, dass Seth weiterhin zu ihrem Leben gehörte … nun, weder Seth noch Keenan machten sich in diesem Punkt irgendwelche Illusionen.
Er hat darüber nachgedacht. Diese Gleichgültigkeit Seths Sicherheit gegenüber schimmerte manchmal in Keenans Worten durch. So, dass ich es raushören kann.
»Ich kann es sehen«, sagte Seth. »Du beobachtest sie, als wäre sie dein Universum. Sie spürt es auch. Ich weiß nicht, ob das so ein Sommer-Ding ist oder was.«
»Sie ist meine Königin.« Keenan bedachte Seth mit einem flüchtigen Blick und wandte seine Aufmerksamkeit dann wieder der Band zu. Wenn Seth geglaubt hätte, dass Damali für Keenan wirklich so interessant war, würde er Angst um sie bekommen.
»Ja. Das hab ich schon vor einer ganzen Weile mitbekommen. Und ich weiß, dass du nicht gerade entgegenkommend bist, wenn es darum geht, mir die Situation zu erleichtern.«
»Ich habe alles getan, worum sie mich gebeten und was sie vorgeschlagen hat.«
»Mit ihren paar Monaten Erfahrung in eurer Welt? Wirklich sehr hilfsbereit!« Seth schnaubte. »Aber ich hab’s kapiert. Mir macht es auch nicht gerade Spaß, dir zu helfen. Trotzdem werde ich es tun, wenn sie mich darum bittet.«
»Dann verstehen wir uns ja.« Keenan nickte, starrte aber weiter zu Damali hin. Seine Aufmerksamkeit ließ sie erstrahlen: Ihr Gesang war perfekt.
»Ja, das hoffe ich.« Seth legte seine ganze unterdrückte Wut in seine Stimme. »Aber um eins ganz klar zu sagen: Wenn du sie übervorteilst oder so manipulierst, dass sie etwas tut, was sie gar nicht will, werde ich mit Freuden jeden Einfluss nutzen, den ich habe.«
Unter anderen Umständen wäre Keenans spöttischer Blick komisch gewesen; er entsprach der beleidigten Miene, die Tavish dauernd zur Schau trug. »Glaubst du etwa, du könntest etwas gegen mich ausrichten?«
Seth zuckte die Achseln. »Keine Ahnung. Niall hat dich niedergeschlagen, um für meine Sicherheit einzustehen. Donia empfängt dich nicht, soweit ich gehört habe. Chela und Gabe schienen mich zu mögen. Ich bin bereit, es zu versuchen, wenn es sein muss.« Er zupfte an seinem Lippenring, während er seine Worte abwägte. »Wenn sie eine freie Entscheidung trifft, dann ist das eine Sache. Aber wenn du diese Elfen-Verbindung, woraus auch immer sie besteht, dazu nutzt, sie zu manipulieren, dann ist das etwas völlig anderes.«
Keenans Lächeln war plötzlich alles andere als menschlich. Er sah mit jeder Faser wie das alterslose Wesen aus, das er war – absolut emotionslos in Stimme und Erscheinung saß er da und ragte wie ein antiker Gott aus dem lärmenden Volk heraus. »Du weißt, dass ich dich umbringen lassen könnte. Bis zum Morgen könntest du nicht mehr sein als ein Häufchen verkohlter Asche. Deine schiere Anwesenheit schwächt meinen Hof. Nach Jahrhunderten des Wartens habe ich meine Fesseln abgestreift, doch meine Königin wird dadurch geschwächt, dass sie an ihrer Sterblichkeit festhält – wegen dir. Sie wird von dem abgelenkt, was mich stärken könnte – durch dich. Es gibt keinen logischen Grund für mich, dich nicht schon früher tot sehen zu wollen, als du es ohnehin sein wirst.«
Seth beugte sich vor, damit keins seiner Worte verloren ging. »Wirst du meinen Tod anordnen, Keenan?«
»Würdest du für sie töten?«
»Ja. Für sie schon, besonders, wenn du das Opfer wärst« – Seth lächelte –, »aber nicht, um ihre Aufmerksamkeit zu gewinnen. Das ist armselig, und sie hat etwas Besseres verdient.«
»Früher oder später wird sie ohnehin um dich trauern. Die Sorge um dich lähmt sie. Diese larmoyante Konzentration auf deine kurze Lebensdauer lenkt sie nur ab. Es würde meinen Hof stärken, wenn du
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