Sommerliebe
los!« riefen sie wie aus einem Munde und rannten auf den Gischt der Ostsee-Brandung zu, die nicht furchterregend war.
Heinz und Rolf folgten ihnen, letzterer, über den diese kleine Katastrophe völlig unvorbereitet hereingebrochen war, freilich mit deutlich zu erkennendem Widerwillen. »Ich glaube, du bist verrückt«, sagte er zu Heinz, dem er die Schuld an der plötzlichen Veränderung seiner Situation geben mußte.
Hernach labten sich alle vier an Eis, wobei sich die Begeisterung der Männer allerdings in Grenzen hielt.
Später fragte Rolf, wohl noch unter dem Eindruck der ihm aufgezwungenen Tortur, ob man denn hier tagsüber gar nichts anderes unternehmen könne, als im Ozean herumzuplätschern und sich hernach das Salz aus den Augen zu reiben.
»Doch«, meinte Ilse. »Wir könnten uns einmal Swinemünde ansehen.«
Der Vorschlag fand die Billigung der anderen.
»Und wann tun wir das?« fragte Rolf, um das Projekt voranzutreiben.
»Von mir aus gleich morgen«, meinte Ilse.
Allgemeines Einverständnis.
Aufgebrochen wurde anderntags schon recht früh. Das war auch angebracht, denn Swinemünde liegt von Heringsdorf ca. zehn Kilometer entfernt, und die vier hatten sich entschlossen, die Strecke zu Fuß zurückzulegen. Ein zweistündiger Marsch also. Einer der beiden Wege, die sich anboten, führte durch den Usedomer Forst an hohen Kiefernstämmen und welligen Dünen vorbei; der zweite war eigentlich nichts anderes als der Meeresstrand mit seinem hellen, feinkörnigen Sand, und er verlief über das Seebad Ahlbeck.
Der erste Weg war die Strecke der Liebespaare und Romantiker; dem zweiten wurde der Vorzug gegeben von angejahrten Herren, denen es weniger darauf ankam, zu wandern, sondern mehr darauf, schöne, halbnackte Mädchen am Strand liegen zu sehen. Aber auch Familien ließen im Wasser ihre Kinder gerne durchplätschern bis nach Swinemünde.
Unterwegs fragten Rolf und Heinz die beiden Mädchen, die der Stadt in ihren Ferien schon einmal einen Besuch abgestattet hatten (allerdings nicht zu Fuß), worin sie sich von Heringsdorf unterscheide.
Sie sei größer, sagten sie.
Sonst nichts?
Im Hafen könne man nicht nur Fischerboote sehen.
Und in der Stadt?
Sie erinnere sich an hübsche Geschäfte, sagte Inge, und an ein tolles Kino.
»Wart ihr drinnen?« fragte Rolf.
Nein, waren sie nicht. Der Film, der gelaufen war, hatte sie nicht reizen können. Einer mit Johannes Heesters. Inge mochte den nicht. Sie bevorzugte härtere Typen.
»Und du?« wollte Heinz von Ilse wissen.
Ihr käme es mehr auf den Inhalt des Films an und weniger auf die Schauspieler, antwortete Ilse.
Als das Quartett nach gut zwei Stunden im Swinemünde eintraf, hatten die Männer Hunger und die Mädchen Appetit. Es begann also die Suche nach einem Lokal. Leider stellte sich rasch heraus, daß das gar nicht so einfach war. Die Stadt schien überfüllt zu sein, die Mittagszeit rückte schon heran, in keinem der Restaurants fanden sich noch vier Plätze, die frei gewesen wären. Einzelne Plätze – ja; aber keine vier zusammen.
Was tun?
Langsam knurrten den Männern nicht nur die Mägen, sondern es taten ihnen – noch mehr aber den Mädchen – auch die Beine weh.
Heinz schlug vor, sich auf eine der weißen Bänke des Swinemünder Kurparks zu setzen. Dabei können dann Rolf und ich, dachte er, Überlegungen anstellen, ob es mit unserer Kasse vereinbar ist, unsere Mädchen in den teuren Kursalon zu führen. Daß es in diesem noch Plätze geben würde, zweifelte er – wegen der Preise – nicht an.
Doch beide wußten genau, wie es um ihre Finanzen stand. Demnach waren Gedanken an den Kursalon reinster Frevel. Geld von den Vätern war noch nicht eingetroffen.
Heinz seufzte.
Rolf konnte offenbar seine Gedanken lesen, denn er sagte: »Mir scheint auch, daß wir alle vier fasten müssen, bis wir nach Heringsdorf zurückkehren.«
»Und warum gehen wir nicht in diesen Kursalon da?« fragte Inge, auf die elegante Fassade des Gebäudes weisend, das vor ihren Augen lag.
»Die Antwort, mein Kind«, entgegnete betrübt Rolf, »würde dir ein Blick in mein Portemonnaie geben.«
»In das meine auch«, ergänzte Heinz.
Inge tauschte einen kurzen Blick mit Ilse und sagte: »Wir laden euch ein.«
Wie aus einem Munde stießen Rolf und Heinz hervor: »Kommt nicht in Frage!«
Ilse sprang ihrer Freundin bei.
»Warum nicht?«
»Wir lassen uns von euch nicht aushalten«, erklärte Heinz.
»Aber verhungern ließet ihr uns schon.«
Nach kurzer
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