Sommerliebe
dahin wird ja der alte Herr Bartel gespurt haben, sonst enterbe ich ihn.«
Und so kam es auch. Nicht nur vom alten Herrn Bartel, sondern auch vom alten Herrn Wendrow traf am nächsten Morgen aus Köln das ersehnte Geld ein.
Heinz Bartel war ein kräftiger junger Mann, der auch ganzen Stämmen von Dysenteriebakterien keine lange Chance gab. Nach 24 Stunden sah alles schon wieder viel, viel besser aus. Heinz blieb nicht mehr lange im Bett, stand auf, lief im Zimmer umher, blickte aus dem Fenster und mußte nur noch zu seinen ganz normalen Verrichtungen auf die Toilette. Das war zweimal den ganzen Vormittag über der Fall.
Nach dem erfreulichen Besuch des Geldbriefträgers stürmte Rolf zu ihm ins Zimmer, die Scheine, die ausgehändigt worden waren, in der Luft schwenkend, und verkündete: »Das verschafft uns die Gelegenheit zu einem nochmaligen Besuch in der Excelsior-Bar.«
»Wann?« fragte Heinz.
»Das kommt auf dich an. Wie fühlst du dich?«
»Gut.«
Rolf startete eine kleine medizinische Blitzuntersuchung.
»Zunge raus!«
Dann zog er ein Lid am Augapfel hoch, tastete nach dem Puls und stellte ein paar Fragen. Das Resultat war, daß er sagte: »In Ordnung. Mittags nur noch etwas Leichtes, aber abends kannst du dir dann schon wieder alles genehmigen, was dein Herz begehrt. Wollen mal sehen, ob Ilona noch da ist.«
»Meinst du heute abend schon?«
»Selbstverständlich.«
»Ja, sag mal, hat dir denn Inge gestern nicht mitgeteilt, was bei denen heute in der Pension los ist?«
»Doch, doch.«
»Die sind also nicht frei für uns.«
»Weiß ich, weiß ich.«
»Willst du denn solo losziehen?«
»Nee, durchaus nicht.«
»Aber Inge wirst du von dort nicht mehr loseisen können.«
»Ich habe auch gar nicht diese Absicht.«
»Und welche Absicht hast du?«
Rolf machte alles klar, indem er nur einen Namen nannte: »Anna …«, er stolperte mit der Zunge, »… mirl.«
»Die Tirolerin?«
Rolf nickte grinsend.
»Der haben wir doch versprochen, daß wir uns noch einmal um sie kümmern werden«, sagte er dabei.
»Laß mich da aus dem Spiel, Junge.«
»Warum?«
»Mich interessiert nur Ilse und keine Annamirl.«
»Letzteres ist ja auch nicht für dich gedacht, sondern für mich.«
»Und Inge?«
Rolf schnippte mit den Fingern.
»Ich bin mit Inge nicht verheiratet. Ein Mann wie ich braucht Abwechslung. Du doch bisher auch. Außerdem wird Inge von der ganzen Sache nichts erfahren.«
»Dann wünsche ich dir also viel Vergnügen.«
»Und du? Was ist mir dir?«
»Das sage ich dir doch, ich bleibe zu Hause.«
»Du spinnst ja. Das kommt nicht in Frage. Weißt du was? Die Sache ist doch ganz einfach: Annamirl muß eine Freundin von sich für dich organisieren. Ich werde das in die Hand nehmen.«
»Nein!«
»Doch!«
»Ich habe dir gesagt, daß mich nur Ilse interessiert.«
Rolf fuhr plötzlich schweres Geschütz auf.
»Und wie ist das bei ihr? Interessierst du sie? Oder führt sie dich nur an der Nase herum?«
Heinz zögerte mit der Antwort.
»Das … das kommt darauf an, was du als ›an der Nase herumführen‹ bezeichnest«, sagte er dann.
»Das kann ich dir schon verraten«, antwortete Rolf ohne die geringste Scheu vor einem offenen Wort. »Hat sie nun schon mit dir geschlafen oder nicht?«
»N … nein.«
»Siehst du, das nenne ich ›an der Nase herumführen‹.«
Heinz schwieg. Erst nach einem Weilchen meinte er: »Ilse ist eben keine Inge.«
Ironisch erwiderte Rolf: »Ich möchte es lieber so sagen: Inge ist Gott sei Dank keine Ilse.«
»Trotzdem warst du doch auch der Meinung, daß ich … daß ich also –«
»Daß du sie dir unter den Nagel reißen kannst«, unterbrach Rolf. »Ja, das war ich – und das bin ich noch immer, wenn du's richtig anpackst. Du mußt deine Taktik ändern. Du liegst vor der auf den Knien. Hör damit auf! Dreh den Spieß endlich um! Laß sie dir nachrennen, verstehst du?«
Heinz blickte vor sich hin. So ganz abwegig schien ihm Rolfs Theorie nicht zu sein.
»Du meinst …«
»Ich meine, daß du heute abend damit schon anfangen könntest.«
Das Samenkorn war gesät. Nun konnte es keimen.
Zwar sagte Heinz noch: »Ich möchte die Entscheidung dem heutigen Nachmittag überlassen, wenn Ilse zu mir kommt …«
Doch Rolf erklärte: »Ich versuche schon mal, Annamirl aufzugabeln und auf unseren Kurs festzulegen. Die kann sich ja notfalls ein Mädchen für dich nicht innerhalb von fünf Minuten aus dem Ärmel schütteln.«
Ilse ahnte nichts von dem Test, der
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