Sommerliebe
Umarmung und Kuß von ihm verabschiedete. »Sicher kommt auch Inge mit. Widersetz dich den Anweisungen Rolfs nicht.«
»Können wir auf Inge nicht verzichten, Ilse?«
»Warum? Du magst sie doch auch?«
»Schon, aber du allein bist mir weitaus lieber.«
»Trotzdem geht's nicht anders, als daß du auch sie in Kauf nimmst. Sie wird dich natürlich sehen wollen. Wie sollte ich ihr das ausreden? Kannst du mir das sagen?«
Er gab nur noch einen Brummlaut von sich.
»Morgen hast du ja wieder den ganzen Nachmittag nur mich«, sagte sie.
Das rief eitel Freude in ihm wach; er brummte nicht mehr, sondern strahlte.
»Du verzichtest auf das ganze Baden?«
»Gerne, das Wasser ist mir ohnehin zu kalt.«
»Dir doch nicht, Ilse! Du bist eine Lügnerin, aber eine ganz, ganz reizende Lügnerin.«
»Wiedersehen, Herr Bartel.«
»Wiedersehen, Fräulein Bergmann.«
Zurück blieb ein junger Mann, der zwar krank war, in dessen Bauch es rumorte, dem der Glanz jugendlicher Frische und Gesundheit fehlte, dessen Krankheit unappetitlichen Charakter besaß, dem aber auch das Herz schwoll vor Glück. Ilse, dachte er, Ilse, Ilse, Ilse …
Natürlich haderte er auch mit seinem Schicksal. Heute, glaubte er, heute wäre es soweit gewesen …
Diese gottverdammte Dysenterie!
Er dachte nicht ›Dysenterie‹, sondern den herben deutschen Ausdruck für seine Krankheit. Er begann mit es-ce-ha, Sch …
Einige Zeit später fiel ins Zimmer mit Trara und viel Wind, den er machte, Franz Müller aus Heilbronn ein, um Heinz seinen Besuch abzustatten.
»Was machen denn Sie?« begann er. »Und das ausgerechnet im Urlaub!«
Heinz zuckte die Achseln.
Im Urlaub, fuhr der Dentist fort, wüßte er sich etwas Besseres.
Er sich auch, meinte Heinz bitter.
»Obwohl es mich auch schon einmal in der Form erwischt hat«, bekannte der Dentist. »Allerdings nicht am Meer, sondern in den Bergen.«
»In den Bergen?« fragte Heinz, um überhaupt etwas zu sagen.
»Im Allgäu, Herr Bartel. Genau: in Sonthofen. Kennen Sie Sonthofen?«
»Nein.«
»Von der Allgäuer Milchwirtschaft werden Sie aber schon gehört haben. Die beste Schokolade soll daraus entstehen. Ich konnte mich davon allerdings nicht überzeugen. Ich bin kein Schokoladenesser, sondern reiner Biertrinker, damals jedenfalls noch. In der Zwischenzeit verschmähe ich auch ein Gläschen Wein nicht; ein Viertele, sagen wir Schwaben. Bier und Schokolade passen nicht zusammen.«
»Bier und Eis auch nicht«, sagte Heinz.
»Eis? Meinen Sie Speiseeis?«
»Ja.«
»Damit haben Sie recht. Sie können Sonthofen nicht mit Heringsdorf vergleichen. Hier wird viel mehr Fisch gegessen, in Sonthofen Spätzle. Insofern hat Sonthofen große Ähnlichkeit mit Stuttgart, obwohl Sie dort auch Fisch kriegen. Sind Sie Fischesser, Herr Bartel?«
»Scholle mag ich nicht.«
»Ich schon, sogar sehr gern, allerdings nicht blau gekocht, sondern gebraten. Sie sollten sie einmal gebraten versuchen.«
»Das wollte ich gestern.«
»Und?«
»Es blieb beim Versuch.«
»Das kann passieren, ja. Im Schwarzwald lebte meine Frau noch, als wir vor Jahren dort in Ferien waren, und ihr fehlte damals etwas Ähnliches wie Ihnen – sie hatte Blasenkatarrh und kam auch nicht mehr von der Schüssel runter, verstehen Sie?«
»War das vor oder nach Sonthofen?« fragte Heinz, ganz im Sog dieses Gesprächs, dem von Franz Müller die Impulse gegeben wurden.
»Zuvor. In Sonthofen haben Sie eine Luft, die ausgezeichnet ist. Lesen Sie die Prospekte. Im Schwarzwald soll die Luft zwar, wenn Sie nach der Reklame von denen gehen, auch sehr gut sein, aber unsere Erfahrungen waren, wie ich Ihnen sagte, andere.« Er zeigte auf die Blumen. »Von wem sind die?«
»Von Fräulein Albrecht.«
Müllers Redefluß stockte.
»So?«
»Ja.«
»Das hat sie mir aber gar nicht gesagt. Sie sagte nur, daß sie nach Ihnen geschaut hat.«
»Aber –«
Dr. Rolf Wendrow platzte ins Zimmer.
»Heinz, wie ist es? Tag, Herr Müller, was macht die Kunst?«
»Tag, Herr Doktor«, sagte Müller. »Ich habe Ihrem Freund erzählt, daß er nicht der einzige ist, den's schon so erwischt hat. Die Blumen, die Sie hier sehen, sind von Fräulein Albrecht.«
»Fräulein Albrecht«, knüpfte Heinz an, »hat versäumt –«
»– sie hat versäumt, mir das zu sagen, Herr Doktor«, fiel Müller ein. »Sie hat ein Geheimnis daraus gemacht. Ist das nicht verdächtig?«
»Sehr verdächtig«, nickte Rolf.
Der Dentist zwang sich zu einem Grinsen.
»Sehen Sie, Sie sind mit mir
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