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Sommerliebe

Sommerliebe

Titel: Sommerliebe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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genannt. Als Rolfs lüsterner Blick darauf fiel, fragte Ilse: »Habt ihr Fleischmarken?«
    Hatten sie nicht. Die würden sie sich erst in Köln auf dem für sie zuständigen Amt besorgen können.
    »Aber wir brauchen hier etwas zu essen!« erklärte Rolf energischen Tones.
    Der Wirt dämpfte ihn. Er verwies ihn auf ein ›Stammgericht‹, das aus Kartoffeln und Kohl bestand. Diese aktuell gewordene Art der Abfütterung hatte sich in der Hauptstadt schon viel rascher eingespielt als im übrigen Reichsgebiet.
    Ilse sagte zu Heinz: »Du kannst von mir die Marken für ein Fleischgericht haben.«
    Daß er dies ablehnte, war klar. Es blieb also auch für ihn bei Kartoffeln mit Kohl, und Ilse traf für sich selbst auch keine andere Wahl, um den Männern den Verzehr ihres Gerichts nicht zu erschweren, wenn sie mitansehen hätten müssen, daß in ihrer unmittelbaren Nachbarschaft jemand auch Besseres verspeiste.
    Ilse wußte, daß der Zug nach Köln, an den Heinz und Rolf gebunden waren, um 17.23 Uhr abfuhr. Heinz hatte ihr das am Telefon gesagt. Und sie sah, daß die Zeit wie im Flug verging. Wenn ich wenigstens mit Heinz allein wäre, dachte sie.
    »Was machen wir nun?« fragte Rolf nach dem Essen. »Wollen wir uns noch einen Schluck genehmigen, Heinz?«
    Und Ilse fragte er: »Warum sagen die Berliner eigentlich ›Molle‹? Weißt du das?«
    »Nein.«
    Rolf winkte dem Wirt, um von dem das zu erfahren, aber auch der mußte ihm eingestehen, überfragt zu sein. Das sei eben der hiesige Sprachgebrauch, von jeher, meinte er achselzuckend.
    Rolf nickte.
    »Dann bringen Sie uns noch einmal zwei.«
    Und was geschah wieder? Ilse blickte Heinz an.
    »Das ist aber für mich jetzt die letzte«, sagte er.
    Ganz das von ihr Erwartete war das für Ilse zwar auch nicht, aber sie wollte sich damit zufrieden geben.
    Am Nebentisch erklärte ein Mann, der ein Parteiabzeichen am Rockaufschlag trug, seiner Frau, was die deutsche Führung im Jahre 1914, also zu Beginn des 1. Weltkrieges, falsch gemacht hatte. Damals hätte man, erläuterte er, die Lebensmittelmarken viel zu spät eingeführt, nämlich erst, als die Hungersnot schon unabwendbar gewesen sei.
    Mit dem Zeigefinger mehrmals auf die Tischplatte klopfend, sagte der Mann: »Das passiert uns diesmal nicht mehr!«
    Seine Frau hörte ihm mit skeptischer Miene zu, als wollte sie sagen: Diesmal hungern wir von Anfang an.
    In dieser kleinen Kneipe bediente der Wirt seine Gäste selbst. Er kannte das Ehepaar. Als er an den Tisch der beiden kam, um sie nach ihrem Begehr zu fragen, bestellte der Mann einen Schweinebraten.
    »Und Sie?« fragte der Wirt die Frau.
    »Ein Stammgericht.«
    »Von wem kriege ich die Fleischmarken?«
    »Nehmen Sie die meinen«, sagte die Frau, nach ihrer Handtasche greifend. »Ich war ja nie eine große Fleischesserin. Außerdem kriegt man davon Rheuma.«
    Ilse, Heinz und Rolf hatten das Intermezzo am Nebentisch mitverfolgen können. Die zwei Männer grinsten. Ilses Miene aber zeigte, daß sie der Szene durchaus nichts Lustiges abgewinnen konnte.
    Vom Bahnhof her drang in die Kneipe gedämpft der charakteristische Lärm, den lebhafter Verkehr dieser Sorte mit sich bringt. Lokomotiven pfiffen, Dampf zischte, Stahlräder rollten auf Stahlgleisen, Waggons rumpelten, schepperten, kreischten, Elektrokarren tuteten, Ansagen dröhnten aus den Lautsprechern.
    »Wann geht euer Zug?« fragte Ilse.
    Obwohl sie das schon wußte, wollte sie sich noch einmal vergewissern.
    »Um siebzehn Uhr dreiundzwanzig«, entgegnete Heinz und setzte hinzu: »In dreieinhalb Stunden also.«
    Es war gegen 14 Uhr. Und immer noch hatten sich er und Ilse nichts von dem gesagt, was ihnen das Herz füllte. Belangloses wurde statt dessen von ihnen hin und her geredet und raubte ihnen die Zeit.
    »Wie geht's Inge?« fragte Ilse.
    »Gut, sie läßt dich grüßen. Bald kommt sie ja auch zurück und wird sich gleich bei dir melden, sagte sie.«
    »Zur mir sagte sie«, erklärte Rolf grinsend, »daß sie die paar Tage in Heringsdorf noch ausnützen will, um sich von mir zu erholen. Aber wie diese Erholung gestaltet wird«, fuhr er fort, »wirst du dir ja denken können. Dasselbe wie vorher.«
    Sehr gerne hätte Ilse das als Freundin Inges bestritten, sah jedoch das Aussichtslose eines solchen Unterfangens ein.
    Eine Gruppe von Soldaten drängte in das Lokal, füllte es mit Gelächter und Rufen nach Bier.
    »Die machen das richtig«, sagte Rolf und winkte dem Wirt.
    »Aber ich nicht mehr«, warf Heinz rasch ein,

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