Sommernachtsgeflüster
sind Bastarde, das ist die Quintessenz.«
Thea seufzte. »Gut, ja, in diesem Punkt möchte ich Ihnen nicht widersprechen. Aber um fair zu bleiben: Ich hätte das Fotografieren nicht unbedingt aufgeben müssen. Ich hatte einfach die Nase voll davon, mit einem halben Zentner Ausrüstung um den Hals durchs Land zu ziehen.«
»Ach ja? Dieser Conrad hat Ihre Karriere also doch nicht ruiniert?«
»Was er zu tun versucht hat, war viel schlimmer. Aber ich bereue nur eins: dass ich keine Gelegenheit hatte, mich mit einem Messer über seine Anzüge herzumachen - oder etwas in der Art.«
»Im Zorn zerschnittene Kleider? Keine schlechte Idee. Stellen Sie sich das Ganze als Haufen mitten in einer Galerie vor, unter einem Stapel zerrissener Liebesbriefe und Fotografien, besudelt mit Wein und Aftershave und anderen ungenannten Flüssigkeiten. Damit kann ich vielleicht mein Glück machen.«
»Machen Sie ruhig Gebrauch davon. Ich werde keine Prozente verlangen.«
Er lachte. »Ich fürchte, das ist nicht meine Richtung. Und jetzt sind Sie also Pensionswirtin?«
»Jawohl. Mit einem Haus voller Studenten in einem ruhigen Cotswold-Städtchen mit Universität. Dabei fällt mir übrigens ein, dass ich mal zu Hause anrufen sollte.«
»Das klingt nicht nach einem sehr erfüllten Dasein.«
»Ach, ich finde, es geht. Meistens komme ich mit den Studenten gut aus. Und für den Lebensunterhalt reicht es mehr oder weniger auch.« Mit einem Seufzer trank sie ihren Cognac aus.
»Sie klingen nicht so, als hätten Sie das Happy End Ihrer Story schon erreicht.«
»Happy Ends gibt es im echten Leben nicht. Es läuft immer auf Kompromisse hinaus, oder?« Sie wollte, dass er ihr zustimmte, dass er ihr riet, die Sehnsucht zu ignorieren, die sie verspürte, wenn sie nicht ganz ausgelastet war, das Gefühl, dass etwas in ihrem Leben fehlte. Dann kicherte sie plötzlich. Wenn er wüsste, was ihr gerade durch den Kopf ging, würde er annehmen, ihr fehlte ein Mann.
»Was gibt es zu lachen?«
»Nichts, wirklich nicht. Meine Fantasie ist mit mir durchgegangen.«
»Und Sie werden mir nicht verraten, womit?«
»Nein. Aber darf ich Ihnen noch einen Cognac bestellen?«
»Nur, wenn Sie auch einen nehmen. Meine Mutter hat mich vor schönen Frauen gewarnt, die mich mit Alkohol zu benebeln versuchen.«
Jetzt musste Thea richtig lachen. »Ich glaube nicht, dass Ihre Mutter dabei jemanden wie mich im Sinn hatte.« Sie winkte den Kellner herbei und bestellte zwei Drinks.
Rory ließ die Finger über den Cognacschwenker gleiten und sah sie mit schräg gelegtem Kopf an. »Mir scheint, Sie sind als Vermieterin von Studentenbuden verschwendet ...«
»... mit zusätzlichem Teilzeitjob.«
»Sie brauchen ein vernünftiges Leben.«
»So eins wie Ihres? Verflixt!« Jetzt klang sie wie Petal und musste selbst darüber lachen. Gleichzeitig ging ihr auf, dass sie leicht angetrunken war.
»Nein, ich führe kein solches Leben. Aber gemeinsam könnten wir uns eines aufbauen.«
Thea kostete es große Mühe, nicht laut loszuprusten. »Das klingt in meinen Ohren wie ein unmoralisches Angebot.«
Er erwiderte ihr Lachen, aber viel charmanter. »Es könnte eins draus werden, aber für den Anfang mache ich ein moralisches - zumindest eines, gegen das meine Mutter nichts einzuwenden hätte.«
»Und das wäre?«
»Sie kommen nach Irland und kümmern sich ein bisschen um mich, haben etwas Zeit für sich, um wieder richtig zu fotografieren, sich an der Landschaft satt zu sehen, den Wind in Ihrem Haar zu spüren und die Sonne auf Ihrem Gesicht ...«
»Verbringen Sie Ihre freie Zeit möglicherweise damit, Gedichte zu schreiben?«
»Nein. Machen Sie sich nicht über mich lustig. Ich meine es ernst. Ich könnte Ihnen ein anderes Leben zeigen.«
»Das könnten Sie bestimmt, aber warum sollte ich mich, statt um meine Studenten, um Sie kümmern?«
»Weil ich sehr anspruchslos bin und weil ich eine tragende Hündin habe.«
Thea schüttelte den Kopf. Sie war betrunken, aber durchaus noch zurechnungsfähig. »Nein, danke. Vielen Dank. Wenn mein kleiner Urlaub hier zu Ende ist, kehre ich in die Wirklichkeit zurück. Man kann ja doch nicht vor sich selbst weglaufen.«
»Aber müssen Sie das denn? Ihr Ich scheint mir in bester Verfassung zu sein.«
Er war wirklich sehr attraktiv. Seine Augen waren von einem klaren, grünlichen Blau mit wahnsinnig langen, gebogenen Wimpern. Sein Haar war lockig, sein Mund breit, großzügig und an den Winkeln hochgezogen.
»Es ist nett von Ihnen,
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