Sommernachtsgeflüster
einmal einen Rat brauchte.
Später rief sie Rory an und erzählte ihm von ihren Fortschritten. Er klang beunruhigend zweideutig. »Rory, du lässt mich doch nicht diese ganze Sache mit der Galerie aufziehen und hunderte - nein, tausende - Pfund von Molly leihen und schickst dann deine Sachen trotzdem in die Staaten?«
»Also, würde ich so etwas denn fertig bringen?«
Sein Charme wirkte auch am Telefon. »Ich hoffe nicht, Rory, sonst werde ich dein Atelier bombardieren müssen oder so etwas«, sagte Thea. »Niemandem liegt deine Arbeit so am Herzen wie mir, außer vielleicht Ben. Ich schufte mir hier die Seele aus dem Leib, damit wir deine Bilder in einer wirklich tollen Umgebung ausstellen können. Du darfst jetzt keinen Rückzieher mehr machen.«
»Also, nun mach dir mal nicht gleich in die Hose.« Thea zuckte zusammen. Es gab keinen Spruch, den sie mehr hasste. »Du bekommst die erste Ausstellung meiner Bilder, vorausgesetzt, du hast für alle genug Platz.«
Für einen Augenblick streifte Thea ein Hauch von Angst, aber sie ignorierte sie. Wenn Rory die Galerie erst sah, würde er nicht mehr daran denken, seine Bilder irgendwo anders auszustellen.
Molly hatte völlig Recht, was Petal betraf. Nachdem sie sich erst einmal davon überzeugt hatte, dass die Renovierung der Galerie-Räume genau das Richtige und außerdem cool war (ihr neuer Freund hatte ihr geholfen, zu dieser Entscheidung zu gelangen - er war selbst, und das war für Petal völlig neu, nicht besonders begütert), brachte sie die anderen bestens auf Trab. Sie schaffte es, dass alle, die samstags nichts zu tun hatten, Thea den freien Tag opfern wollten.
Molly brachte gerade eine Wagenladung Studenten, also vier junge Leute, zur Galerie. In Theas Wagen befand sich ein Staubsauger, eine gewaltige Stereoanlage (die laut Petal wesentlich für das Gelingen der Arbeit sein würde), so viele alte Kleider, dass sie für all ihre Arbeitskräfte reichen sollten, eine Unzahl Becher, Kaffee, ein großer Schokoladenkuchen (den Thea nachts gebacken hatte, als sie nicht hatte schlafen können) und außerdem eine Kiste Bier. Deren Existenz wollte sie erst nach getaner Arbeit offenbaren. Außerdem war Petal mit von der Partie.
»Lass sie sich alle schon mal Arbeitskleidung anziehen, während ich nebenan im Baumarkt Farbe und Leitern und alles andere besorge, was wir brauchen. Ich habe mir dort ein Konto einrichten lassen, sodass ich nicht jedes Mal selbst gehen und bezahlen muss. Kaffeepausen gibt es nur, wenn etwas geschafft ist - da müssen wir streng sein.«
Es brauchte Ewigkeiten, bis Thea die Farbe und all die anderen Sachen zusammengesucht hatte, die sie und der Experte, der sie bediente, für notwendig hielten. Während immer mehr Posten auf die Rechnung gesetzt wurden, beruhigte sie sich mit dem Gedanken, dass Petal die Truppe inzwischen zur Arbeit antrieb. Ohne Material war zwar noch nicht viel auszurichten, aber sie konnten immerhin anfangen, den Teppichboden herauszureißen. Derek hatte Molly seinen Werkzeugkasten mitgegeben.
Aber Thea hatte vergessen, dass es sich größtenteils um Kunststudenten handelte. Zunächst einmal hatten sie eine Menge Spaß dabei gehabt, sich mit Theas alten Sachen zu verkleiden. Dann hatten sie die Musik so laut aufgedreht, dass die großen Fensterscheiben in Gefahr gerieten, dazu getanzt und waren herumgesprungen - die Riesenräume versetzten sie geradezu in Entzücken. Sie hatten auch die Schokoladentorte gefunden, zum Glück allerdings nicht das Bier.
Thea stellte die Musik ab und machte sich klar, dass Petal sie im Stich gelassen hatte oder dass ihr einfach Mollys Gene fehlten. »Herhören, alle miteinander!«, rief sie energisch. »Die Zeit, für die ich bezahle, fängt an, wenn ihr zu arbeiten beginnt. Der Teppichboden muss raus. Und wenn das bis fünf Uhr nicht erledigt ist und Wände und Boden in diesem Raum nicht gereinigt sind, dann gibt es keine Bezahlung und keinen Rücktransport in die Stadt. Petal?«
Sie hoffte nur, dass niemand den bittenden Tonfall bemerkt hatte.
Dieses E-Book wurde von "Lehmanns Media GmbH" generiert. ©2012
Kapitel 12
U m halb fünf erschien Molly, elegant wie immer, um zu sehen, ob sie noch irgendetwas tun konnte.
Thea wäre ihr vor Dankbarkeit um den Hals gefallen, wenn sie nicht so schmutzig gewesen wäre. »Nimm sie alle mit«, bat sie ihre Freundin leise, damit die Studenten sie nicht hörten. »Sie waren ganz wunderbar, aber sie können sich nicht einigen, welche Musik
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