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Sommernachtsschrei

Sommernachtsschrei

Titel: Sommernachtsschrei Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Manuela Martini
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hast!«
    Ich nicke, Leonie streichelt kurz über meinen Arm und geht dann nach unten. Ich bleibe noch einen Moment im Gästezimmer. Ein warmes Gefühl fließt durch meinen Körper. Ich bin froh, dass ich zurückgekommen bin. Und selbst wenn ich nicht herausfinde, was vor einem Jahr passiert ist, selbst wenn ich es nie schaffen werde, mich an diese dunklen Minuten in meinem Leben zu erinnern – ich habe Freundinnen, die zu mir stehen.
    Mir ist warm, ich ziehe meine Jacke und meinen Kapuzenpulli aus. Das Papierknäuel raschelt in der Tasche.
    Bleib, wo du bist, oder du wirst es bitter bereuen!
    Das gute Gefühl, das ich noch vor einer Sekunde hatte, ist plötzlich wie weggeblasen. Was werde ich bereuen? Und wie bitter?
    »He, Franziska Krause«, höre ich Leonie rufen, »du hast Post gekriegt!«
    Ich laufe nach unten und sehe Leonie, die stirnrunzelnd ein Briefkuvert in ihren Händen hält und auf die Vorder- und Rückseite dreht. »Wer schreibt dir denn hierher?«
    Ein Blick genügt und ich ahne, was das für ein Brief ist. Auf dem weißen Umschlag steht in gedruckten Buchstaben: Franziska Krause. Genau so sah er aus, der andere Brief .
    »Da steht kein Absender drauf«, stellt Leonie fest. »Aber abgestempelt ist er hier in Prien.«
    Ich schlucke und meine Hände werden feucht.
    »Willst du ihn nicht aufmachen?«, fragt Leonie und sieht mich besorgt an.
    »Ich weiß sowieso, was drinsteht«, sage ich und befehle meinen Händen, den Umschlag aufzureißen. Der Bogen ist blütenweiß wie der letzte. Auf der Mitte der Seite steht gedruckt:
    Letzte Warnung: Fahr heim, sonst passiert etwas Schreckliches!
    Leonie sieht mir über die Schulter. »Das ist ja gruselig«, flüstert sie. »Der meint es ernst, was?« Sie schluckt. »Du, Ziska, es tut mir leid. Ich hätte es vielleicht nicht so an die große Glocke hängen sollen, dass du zu Besuch kommst. Aber du weißt ja, hier in Kinding spricht sich…«
    Wut steigt in mir hoch wie eine züngelnde Flamme. »Und was will er dann tun, wenn ich nicht heimfahre?«
    »Na ja«, Leonie seufzt, »Claude wäre es zuzutrauen, dass er dir auflauert und… Ach, ich weiß nicht. Immerhin hast du seinen Bruder…«
    Sie kommt nicht weiter, ich fahre sie an: »Hör auf!«
    Leonie ist zurückgewichen und nickt beschwichtigend. »Natürlich, Ziska, ich hab das nur so dahingesagt. Wirklich.«
    Ich versuche, meine Wut unter Kontrolle zu bekommen, und atme tief durch. »Tut mir leid, Leonie«, murmle ich. Warum kann ich den Tatsachen nicht ins Gesicht sehen?
    »Schon gut«, sie drückt meinen Arm. »Das alles muss so schlimm für dich gewesen sein.«
    Ihr Mitgefühl tröstet mich. »Ja, war es!«, bringe ich noch heraus. Dann verbiete ich mir weiterzureden, sonst müsste ich wahrscheinlich anfangen zu heulen.
    »Los jetzt, lass uns gehen. Die anderen warten schon auf dich.« Aufmunternd nickt sie mir zu.
    Ich laufe nach oben, hole meine Umhängetasche, und als ich nach unten komme, sitzt Leonie bereits im Auto.
    Nachdem ich eingestiegen bin, sieht sie mich besorgt an. »Also, ich will ja wirklich nicht darauf herumreiten, aber findest du nicht, wir sollten zur Polizei gehen?«
    »Nein!« Ich schüttle den Kopf und spüre, wie meine Hände schon wieder anfangen zu zittern. »Ich will nichts mehr mit denen zu tun haben. Nie mehr!« Kommissar Winters Gesicht mit seinem fiesen Grinsen taucht plötzlich vor meinen Augen auf.
    Leonie hat mein Zittern bemerkt, sagt aber nichts. Dafür bin ich ihr dankbar.
    »Fahren wir!«, sage ich und Leonie lässt den Motor anspringen.
    Der Wagen gleitet auf die Straße hinaus und ich beruhige mich langsam.
    »Sonst passiert etwas Schreckliches… Was? Was soll passieren?«, fragt Leonie. »Ein Unfall? Ein Mord?«
    »Leonie, bitte!«
    »Entschuldige«, sie zuckt die Schultern, »aber ich mache mir Sorgen.«
    »Denkst du etwa, ich nicht?«, fahre ich sie an.
    Ein paar Minuten herrscht Schweigen.
    »Und wenn was passiert, das…« Leonie bricht ab.
    »Was?«, will ich wissen.
    »Na ja, wenn etwas passiert, das man dir in die Schuhe schieben kann?«
    »Du meinst, jemand will mich…«
    »Jemand will dich endlich hinter Gittern sehen, ja. Und wenn die Beweise bisher nicht ausgereicht haben, um dich in den Knast zu bringen, dann versucht er es halt auf die andere Tour.«
    »Claude?«
    »Denk doch mal nach, das wäre doch echte Rache!«
    Wäre Claude zu so etwas wirklich in der Lage?
    Nervös trommle ich auf den Türgriff, bis Leonie mich mahnend ansieht.
    »Tut mir leid«,

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