Sommernachtszauber
herbringt.« Topsy vollführte eine kleine Pirouette. »Und wegen dem Vortanzen.«
»Tja nun, das wusste ich schon – aber ist das nicht ein bisschen zu viel des Guten? Gab es denn so viele Bewerbungen um Vals freien Platz?«
»Vier.« Topsy wedelte theatralisch mit den Händen. »Aber du weißt ja, wie es auf dem Dorf so zugeht – alle haben zur Unterstützung ihre Freunde und Familien mitgebracht. Da kommt eine ganz hübsche Menschenmenge zusammen, wie man sieht.«
Das sah Sukie nur zu gut. Auf dem Land gab es immer großen Zulauf, wenn irgendwo etwas umsonst zu haben war – vor allem, wenn es um irgendwelche Amateurdarbietungen ging, die ohne Weiteres in belustigender Demütigung der Beteiligten enden konnten. Eine neuzeitliche Version des altrömischen Spektakels mit Christen und Löwen, nur nicht ganz so blutrünstig.
»Wir machen doch keine Kostümprobe, oder?«, fragte Sukie, während Chelsea davonhüpfte und sich auf der Bühne zu Roo, Betty und Trace gesellte. »Ich hatte noch fragen wollen …«
»Nein.« Topsy schüttelte den Kopf. »Dorchester und ich fanden, das könnte die neuen Mädels zu sehr einschüchtern.«
Dorchester und ich? Sukies Blick wanderte durch den schummrig beleuchteten Saal – ach ja, dort war er. In pflaumenblauem Samt und Tweed mit einer auffälligen Krawatte hielt er stolz wie ein Schneekönig in einer der Ecken Hof.
»Schau du nicht so, Sukie.« Topsy funkelte sie an. »Du und ich kennen als Einzige in diesem Raum die Wahrheit über Dorchester und mich. Alle anderen glauben, es sei eine rührende Romanze im dritten Frühling und wir hätten nur den rechten Augenblick abgewartet, um im Herbst des Lebens unsere Renten zusammenzuwerfen, oder ähnlichen Schwachsinn. Du und ich, wir beide wissen, dass es Magie mit sofortiger Wirkung war und dass die Veilchen daran schuld sind, nicht wahr?«
Sukie senkte den Blick zum staubigen Fußboden. »Tja nun, kann schon sein. Aber du bist doch glücklich, oder?«
»So glücklich wie seit Jahrzehnten nicht mehr.« Topsys Knopfaugen glänzten. »Es war sehr unartig von dir, mich mit einer von Coras Tinkturen zu behandeln – und zu schwindeln, das Zeug wäre synthetisch -, aber ich bin wirklich froh, dass du es getan hast.«
Sukie lächelte. »Dann bin ich auch froh. Hocherfreut. Hilton sagte, Dorchester hat dir die Sammlerbox von Dr. Kildare gekauft?«
»Ja, und nicht nur das!« Topsys Füße vollführten vergnügte Ballettschritte. »Er hat mich ins Internet-Café in Winterbrook eingeführt und mir über eBay ein eigenes Stethoskop und einen Blutdruckmesser besorgt!«
Niemand hat größere Liebe … , zitierte Sukie in Gedanken die bekannte Bibelstelle, und Topsy tänzelte, die Erkennungsmelodie von Casualty summend, davon, um weitere Neuankömmlinge zu begrüßen.
In der Menge erspähte Sukie Valerie Pridmore mitsamt ihrer ganzen großen Familie und auch einige ihrer Massageklienten, alle Händchen haltend mit neuen Partnern. Und da waren Rita und Edie aus der Kartenrunde in Begleitung von Savoy und Claridge – wahrscheinlich musste der arme alte Hilton mal wieder allein im Barmy Cow die Stellung halten. Auch Tom und Ken taten eindeutig sehr vertraulich miteinander. Sukie überlegte, wie Cora es wohl gefunden hätte, dass ihre Tränke das Coming-out alternder Homosexueller bewirkten. Wahrscheinlich hätte sie sich gefreut – schließlich hatte ihr ja nur jedermanns Glück am Herzen gelegen. Ach, und Bert schien nun auch jemanden gefunden zu haben – eine vollschlanke Dame mit lila Locken und einem glitzernden Kaftan -, er lotste sie durch die Menge und machte sie hier und dort bekannt.
Sukie seufzte. Alles in allem hatte die Naturmagie von Pixies Laughter doch Gutes bewirkt. Auch wenn sie bei einigen der neuen Paare anfangs leichte Zweifel gehabt hatte. Cora wäre stolz darauf gewesen, dass sie die Familientradition fortführte, ohne Schaden anzurichten. Und sie setzte immer noch große Hoffnungen darauf, dass der Fernzauber bei Chelsea doch noch wirkte – obwohl sie beschlossen hatte, ihn aus Gründen der Fairness bei Milla nicht anzuwenden. Sie brächte es nicht fertig, Derry das Herz zu brechen – nicht einmal, um ihr eigenes zu kitten.
In The Close schaute Joss aus dem Esszimmerfenster und war so zappelig wie eine junge Katze. Marvin wurde immer noch vermisst, aber ihre neuen Erkenntnisse – dass er möglicherweise an einem Anfall geistiger Umnachtung litt – hatten auf die Polizei keinen großen Eindruck gemacht.
Weitere Kostenlose Bücher