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Sommerprickeln

Sommerprickeln

Titel: Sommerprickeln Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mary Kay Andrews
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dich genauso an. Mama, hattet ihr beide was miteinander?«
    Sie hörte Ruth seufzen. »Wir sind in dem Sommer ein paarmal zusammen ausgegangen, ja. Mehr war da nicht.«
    »War das bevor oder nachdem Glenn mit Sallie zusammenkam?«
    »Also, warum kramst du denn diese ganzen alten Sachen aus? Du bist doch wohl hoffentlich durch mit dieser Familie.«
    »Ach bitte, Mama!«
    »Ich kann mich nicht richtig erinnern«, schimpfte Ruth. »Ich glaube, das war der Sommer nach dem letzten Highschooljahr. Glenn und Sallie gingen während der Schulzeit miteinander, aber ich meine mich zu erinnern, dass sie sich kurz vor dem Abschlussball trennten. Am Ende bin ich mit Glenn hingegangen, und wir haben uns in dem Sommer noch mehrmals getroffen. Aber dann kam dein Vater vom Militär zurück, und ich habe Glenn keines Blickes mehr gewürdigt. Kurz bevor er zum College ging, kam er wieder mit Sallie zusammen. Und ich habe deinen Vater geheiratet. So, kann ich jetzt bitte ins Bett gehen?«
    Annajane fuhr mit dem Finger über das alte Foto. »Warum hast du mir nie erzählt, dass du mal mit Glenn gegangen bist?«
    »Das ist schon viele Jahre her«, sagte Ruth. »Lange bevor du geboren wurdest. Was ändert das schon?«
    »Ich dachte, du würdest alle Bayless’ hassen.«
    »Das habe ich nie behauptet«, gab Ruth zurück. »Ich habe nur gesagt, die Familie ist mir egal. Besonders die Mutter.«
    »Die ganzen Jahre habe ich mich gefragt, warum Sallie mich nicht mag. Das erklärt alles.«
    »Sallie Bayless mag dich nicht, weil sie sich für etwas Besseres als dich und mich und alle anderen in dieser Stadt hält«, sagte Ruth.
    »Aber dich hat sie schon vorher gehasst, wahrscheinlich weil sie sich einbildete, du hättest ihr Glenn weggenommen«, sagte Annajane.
    »Weggenommen! Das habe ich ganz bestimmt nicht. Glenn war ein netter Kerl, aber schon damals schaute er allen Mädchen nach. Ich war nicht die Einzige, mit der er sich in jenem Sommer getroffen hat.«
    »Aber ich wette, er ist erst zu Sallie zurückgekehrt, als du ihn wegen Daddy sitzenließest«, vermutete Annajane. »Und für jemanden wie Sally ist so was unverzeihlich. Und unvergessen.«
    »Die Frau verheißt nichts Gutes«, sagte Ruth. »Wie wir jemals befreundet sein konnten, kann ich heute nicht mehr begreifen.«
    »Ihr ward befreundet?«
    »Beste Freundinnen. In der Grundschule«, erklärte Ruth. »So wie du und Pokey. Obwohl ich sagen muss, dass Pokey ganz anders ist als ihre Mutter, Gott sei Dank.«
    »Und woran ist eure Freundschaft dann kaputtgegangen?«, fragte Annajane fasziniert.
    »An Jungs! Sallie Woodrow war verrückt nach Jungs. Nachdem sie die Männerwelt für sich entdeckt hatte, war keine Zeit mehr für Freundinnen.«
    »Wow«, sagte Annajane. »Also … wow.«
    »Wenn das alles ist, was du wissen wolltest, dann sage ich jetzt: gute Nacht«, entgegnete Ruth. »Für eine alte Frau wie mich ist es schon viel zu spät. Aber hör mal, mein Schatz?«
    »Ja, Mama?«
    »Schick mir doch einen Abzug von dem Foto, ja?«
    Nachdem Annajane mit ihrer Mutters gesprochen hatte, fand sie keine Ruhe. Sie versuchte zu lesen, konnte sich jedoch nicht konzentrieren. Ihr iPod war mit dem Rest ihrer Habseligkeiten in Kisten verstaut. Sie hörte Stimmen aus dem Hof. Die Leute hatten Spaß. Das verschlechterte ihre schlechte Laune noch weiter. Jeder auf dieser Welt hatte einen Mann. Nur sie nicht.
    Es gab eine alte Hi-Fi-Anlage im Zimmer. Annajane hob den Deckel an und zog ein halbes Dutzend alter Schallplatten heraus. Die meisten Namen kannte sie nur, weil ihr Stiefvater die Plattensammlung ihres Vaters geerbt hatte. Angewidert zog sie die Nase kraus: die Ray Coniff Singers, Perry Como, Brenda Lee. Pat Boone? Harold und Thomas waren ja Schätzchen, aber ihr Musikgeschmack beschränkte sich wirklich auf Schmalz aus der Mitte des vorigen Jahrhunderts. Annajane betrachtete das oberste Album des Stapels: Johnny Mathis Greatest Hits.
    Ach, was soll’s? , dachte sie. Sie musste die Konsole mit den Reglern und Knöpfen etwas länger studieren, bis sie Bescheid wusste, aber dann legte sie die Platte auf den Teller, drehte die Lautstärke hoch und setzte die Nadel in die Rille.
    Üppige Streicharrangements und Hintergrundgesang erfüllten das Zimmer. Annajane streckte sich auf dem Bett aus, stopfte sich Kissen unter den Kopf und schenkte sich noch einen Martini ein.
    You ask how much I love you , sang Johnny mit seiner Samtstimme. Until the twelfth of never. Annajane hörte sich noch zwei weitere

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