Sommerrot
Zeit. «
Mira zieht mir die Schuhe von den F üßen.
« Und weshalb hast du eine Gehirnerschütterung?»
« Wir hatten einen Einbrecher im Büro. Ich habe ihn überrascht und auf der Flucht vor ihm bin ich gegen die Tür geknallt.»
« Du meinst, du hast die Arbeit, dich KO zu schlagen, bereits selbst erledigt!»Mira kann sich das Grinsen nicht verkneifen.
Inzwischen kann auch ich dar über lachen.
« Ja, und vielleicht ist das ja sogar ein Glück. Wer weiß, ob ich auch so glimpflich davon gekommen wäre, wen er mich vorher zu Fassen bekommen hätte. So hat sich der Einbrecher wahrscheinlich einfach nur ins Fäustchen gelacht und ist verschwunden.»
« Und was wurde gestohlen?»
« Nichts!»
« Alles war durchwühlt. Wir vermuten, dass es Dr. Pflegert oder sein Komplize war, der nach etwas suchte, das eine Spur zu ihm hinterlässt»
« Hoffentlich fangen sie diesen Kerl endlich!», sagt Mira kopfschüttelnd, während sie Wasser in ein Glas füllt, das auf meinem Nachttisch bereit stand. Sie hilft mir hoch, damit ich es trinken kann. Ich fühle mich wie eine Schwerkranke, so wie alle um mich bemüht sind, protestiere aber nicht, schließlich ist es sehr lieb gemeint.
« Und dein Chef? Ich habe immer noch das Gefühl, dass er total in dich verschossen ist.»
« Aber du hast ja gesehen, wie schroff und zurückweisend er gleichzeitig auf mich reagiert.»
Mira nickt und legt die Stirn in Falten.
«Ja, weil er sich diese Gefühle nicht erlaubt. Er befindet sich in heftigem Widerstreit. Und da hilft nur eins: Ihr müsst reden und das Missverständnis klären.»
« Ich weiß, du hast ja Recht.»
Mein Magen gibt ein lautes Knurren von sich.
«Wann hast du das letzte mal gegessen?»
« Heute morgen hat mir Tino ein Brötchen gebracht.»
« Da hast du ja Glück, dass ich heute schon früher zu Hause war, damit ich dir etwas zu Essen machen kann. Andererseits hätte das vielleicht Tino übernommen, wenn ich nicht dagewesen wäre», überlegte Mira.
« Lass mal, du bist mir lieber, als Herr Stimmungsschwankung»
« Wirklich? Dich hat es doch auch total erwischt mit ihm!»
« Hm, ja, schon», gebe ich zu, «aber du siehst ja selbst wie schwierig es ist.»
Mein Magen knurrt erneut. Mirabell grinst und l äuft zur Tür.
« Dann koche ich dir mal was leckeres!», ruft sie, während sie schon die Treppe hinuntersteigt.
In den nächsten Tagen geht mir Tino wieder so aus dem Weg, dass ich ihn gar nicht zu Gesicht bekomme. Am Telefon ist er kurz angebunden und die meiste Kommunikation verläuft übers Internet. Wenn es nicht anders geht, denke ich, muss ich ihn wohl per Email auf unser Problem ansprechen. Aber das halte ich nicht für besonders effektiv, weil er mir da zu sehr ausweichen kann. Ich beschließe, bis nach der Kundenveranstaltung zu warten.
Vernissage
Am Abend vor der gro ßen Präsentation laufe ich vor Aufregung wie ein aufgescheuchtes Huhn durchs Haus.
« Lena, setze dich doch, du machst mich noch wahnsinnig mit deinem Herumgelaufe!», jammert Mirabell. Ich lasse mich zu ihr auf die Couch fallen und wippe unruhig mit den Beinen.
« Willst du eine Beruhigungstablette, Lena?»
« Nein! Unsinn! Es geht schon. Ich bin nur so aufgeregt, weil so viel davon abhängt.»
« Seid ihr denn gut vorbereitet?»
« Ja, alles ist perfekt. Trotzdem! Am liebsten wäre mir, du kämst mit und würdest mir das Händchen halten.»
« Ich würde wirklich gerne mitkommen, aber ich muss morgen auf einen Lehrgang. Er dauert drei Tage lang. Ich bin also auch übers Wochenende fort.»
« Oh nein! Dann kann ich nur hoffen, dass die Präsentation gut geht, sonst werde ich morgen am Boden zerstört sein.»
« Ich rufe auf jeden Fall an, um zu hören, wie es gelaufen ist. Ich kann dich auch gerne am Telefon trösten. Aber ich gehe eher davon aus, dass alles super laufen wird und du vor lauter Feiern das Anrufen vergisst!»
« Es wäre zu schön, wenn du Recht hättest!»
« Natürlich habe ich das. Bist du bei Tino inzwischen weitergekommen?»
Ich sch üttele frustriert den Kopf.
« Er geht mir aus dem Weg, wo er nur kann.»
« Du musst ihn endlich darauf ansprechen, Lena! Sonst wird das nie was mit euch!»
« Ja ja, ich weiß! Aber ganz sicher nicht morgen. Bei der Präsentation muss alles glatt laufen.»
« Ich drücke dir in jedem Fall die Daumen.»
Am nächsten Morgen erwache ich viel zu früh. Aber da an Schlaf nicht mehr zu denken war, gehe ich ins Bad, um mich unter der Dusche zu erfrischen.
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