Somnambul Eliza (German Edition)
gehen.“
Eliza spürte instinktiv, dass er jedes
dieser Worte ernst meinte und ihre Stimme zitterte, als sie nachhakte: „Du
weißt, dass das wieder keine Antwort auf meine Frage war, oder?“
Valerius schuldbewusste Miene hellte
sich etwas auf und verwandelte sich zu einem zauberhaften, melancholischen
Lächeln.
„Ja, du hast Recht. Und ich weiß, dass
ich viel riskiere, indem ich dich immer noch hinhalte. Aber ich würde um so
vieles mehr riskieren, indem ich dir die Antworten gäbe, nach denen du verlangst.“
Wie
schon so oft waren sie an einem Punkt angelangt, an dem Eliza nichts mehr zu
erwidern wusste und Valerius Charme umfing sie wie ein Netz, das alle weiteren
Fragen überflüssig machte und die Frustration schnell vergessen ließ. Er hielt
sie hin und sie war insgeheim dankbar dafür. Natürlich wollte sie sein
Geheimnis ergründen, aber irgendetwas ließ sie auch davor zurückschrecken.
Er streckte die Arme nach ihr aus und
nach kurzem Zögern ließ sich Eliza wieder ins Wasser gleiten und Valeriu
umarmte sie auf innige und rein freundschaftliche Weise. Dann schwammen sie ein
paar Bahnen einfach nebeneinander her, beide froh, nicht reden zu müssen.
Als sie aus dem Wasser gestiegen waren,
legte ihr Valeriu ein riesiges, mollig warmes Handtuch um die Schultern und
Eliza verschwand hinter dem bunt schimmernden Paravent, um sich des nassen
Bikinis zu entledigen.
Als sie nur mit einem umgeknoteten Handtuch bekleidet wieder hervorkam, erwartete
Valeriu sie schon, um ihre Schulter mit einer wohltuenden Heilölmassage zu
verwöhnen. Er wies sie an, sich bäuchlings auf eine der Liegen zu legen, dann
löste er den Knoten ihrer provisorischen Tunika und begann mit der wundervollen
Behandlung. Diesmal war das Öl viel wärmer und samtiger. Die Berührungen seiner
sanften, kalten Hände hatten eine geradezu magische Wirkung auf sie und Eliza
hatte das Gefühl, es handele sich um reine Energie, die er ihrem Körper
zuführte.
„Das sieht ja schon sehr viel besser
aus. Trotzdem könnte ich diesen Feigling umbringen“, knurrte er, während seine
Hände in gleichmäßigen, sinnlichen Bewegungen über ihre Haut strichen, vom
Nacken bis hinab zu den Lenden und wieder hinauf. Während sie dalag und die
himmlischen Streicheleinheiten genoss, waren die Schmerzen völlig verschwunden.
Valeriu hatte sich auf dem Rand ihrer Liege niedergelassen und als er die
Massage beendet hatte, zog Eliza eine seiner vom Öl glänzenden Hände zu sich
heran. Sie nahm sich Zeit, alle Details seiner Hand mit ihren Fingern zu
ertasten, wie man einen Text in Blindenschrift liest. Sie fuhr auch die Ränder
seiner perfekten Fingernägel nach, die wie aus Glas geformt wirkten, dabei aber
außergewöhnlich fest und scharf waren. Seine Hände waren genauso alterslos, wie
sein Gesicht. Da war kein einziger Makel, kein Zeichen dafür, dass diese
schönen Hände jemals gearbeitet hätten. Auch sie wirkten wie aus Marmor geformt
und so ebenmäßig, dass sogar die Linien, die sich in jede Handinnenfläche
graben, zu fehlen schienen. Eine Wahrsagerin hätte vergebens nach seiner
Lebenslinie gesucht. Eliza küsste seine Fingerspitzen und erklärte: „Das sind
die schönsten Hände, die ich kenne. Sie sind so ambivalent wie du. Elegant und
graziös und gleichzeitig von überraschender Kraft – die Hände eines Heilers,
eines Aristokraten, eines Künstlers und eines Beschützers.“
Eliza beobachtete, wie Valeriu seine
Hände anschaute – fast als sähe er sie zum ersten Mal. Es war ein
kritisch-prüfender Blick, als versuche er ungläubig den Eigenschaften
nachzuspüren, die sie seinen Händen zugesprochen hatte.
„Ja, ambivalent sind sie in der Tat,
diese Hände“, sagte er langsam, als er mit einem unwiderstehlichen, leicht
melancholischen Lächeln aufblickte.
„Aber in Zukunft sollen sie nur noch
dazu dienen, dich zu lieben und zu beschützen.“
Eliza lächelte ihn an, runzelte aber
auch ein bisschen die Stirn: „Das hört sich an, als wäre ihre vormalige
Bestimmung eine völlig andere gewesen. Diese romantischen Dinge klingen aus
deinem Mund so ernsthaft und bedeutsam und gleichzeitig irgendwie schwermütig.“
„Was meinst du mit schwermütig ?“
fragte er und da war sie wieder, die hochgezogene Augenbraue.
Eliza musste sich konzentrieren, um bei
der Sache zu bleiben und ihn nicht einfach verträumt anzuhimmeln.
„Warum haftet deinen wunderbaren
Liebesschwüren immer etwas Tragisches an? Es ist, als ob du einen Teil
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