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Somnambul Eliza (German Edition)

Somnambul Eliza (German Edition)

Titel: Somnambul Eliza (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephanie Nailik
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Amoralität, die mir mein
Dasein gewährt. Valeriu hat in Dorian Gray immer eine Warnung gesehen,
für mich hingegen ist er ein leuchtendes Beispiel.“
    Dann sang die Gemeinde das erste Lied
und Eliza war froh, sich auf die Zeilen im Gesangsbuch konzentrieren zu können.
    Als der Pfarrer begann, über die
Verstorbene zu sprechen, schob sich Renés kalte, beringte Hand unter Elizas Mantelsaum. Unwirsch stieß sie seine Hand beiseite und
überschlug die Beine.
    „Das ist nicht besonders klug von dir,
Eliza. Du zwingst mich, zu anderen Methoden zu greifen“, sagte René scharf.
    Im nächsten Moment spürte sie
regelrecht, wie René versuchte, sich Zugang zu ihrem Geist zu verschaffen. Er
fixierte sie streng, doch diesmal fiel es ihr nicht schwer, den Blick von
seinen dunklen Augen abzuwenden. Es waren regelrechte Angriffe auf ihr
Unterbewusstsein, die sie wahrnahm, die aber an einem unsichtbaren Schutzschild
abzuprallen schienen. René funkelte sie böse an. Eliza konnte spüren, wie viel
Energie er investierte und wie sehr ihn ihr unerwarteter Widerstand irritierte
und erzürnte. René unternahm noch zwei weitere Versuche, ehe er schließlich
aufgab, wobei er seine Verwirrung nur unzureichend überspielen konnte.
    „Richte Valeriu meine Grüße aus. Wir
werden uns schneller wiedersehen, als ihm lieb sein dürfte“, erklärte er knapp
und küsste sie auf die Wange. Dann erhob er sich und drängte sich an den
vorwurfsvollen Blicken der anderen Trauergäste vorbei nach draußen. Diesmal
waren seine Schritte im Gang nicht zu hören und im nächsten Moment war er
völlig lautlos verschwunden.
    Eliza sank in die Sitzbank zurück. Ihre
behandschuhten Hände zitterten und kalter Schweiß stand ihr auf der Stirn.
    Es war eine lange, würdevolle
Trauerfeier mit zahlreichen Reden und Ansprachen, die die Verstorbene als Teil
der Wiener Gesellschaft würdigten, doch Eliza war kaum fähig, den Worten der
Redner zu folgen.
    Als die Trauergäste schließlich ins
Freie traten, war es bewölkt, wie von René beschrieben, und die Sonne gerade im
Begriff unterzugehen, wie es Valeriu vorausgesagt hatte.
     
    Elizas Erleichterung war kaum in Worte
zu fassen, als sie Valeriu erblickte, der ihr seinen Arm darbot und sich mit
ihr zusammen in den Trauerzug einreihte.
    „Was ist da drin geschehen? Du siehst
aus, als hättest du einen Geist gesehen.“ stellte er besorgt fest.
    „Nun, eher einen Vampir“, erwiderte
Eliza leise und sie konnte sich ein leichtes Schmunzeln ob dieser skurrilen
Faktenlage nicht verkneifen.
    Valerius Augen verdüsterten sich. „Ich
hätte es wissen müssen. René besitzt weder Respekt vor den Lebenden noch vor
den Toten. Ist dir etwas geschehen?“
    Eliza schüttelte den Kopf. Valeriu hielt
sie jetzt fest im Arm und sie waren einander so nah, dass sie nur zu flüstern
brauchten und weder das Paar vor noch das Paar hinter ihnen etwas von ihrem
Gespräch mit anhören konnte.
    „Er kam zu spät und setzte sich dann
neben mich. Er hat versucht, mich zu hypnotisieren, aber es ist ihm nicht
gelungen. Dann ist er verschwunden.“
    Erst jetzt fiel Eliza der Ring wieder
ein und sie wollte gerade den Handschuh abstreifen und den Ring abziehen, als
Valeriu ihr Handgelenk festhielt und ihr Einhalt gebot.
    „Ich kann René nicht orten. Ich weiß
nicht, ob er sich noch auf dem Friedhof aufhält oder nicht. Es ist sicherer,
wenn du den Ring noch anbehältst“, erklärte er flüsternd.
    „Aber er schwächt doch auch dich“,
wollte Eliza einwenden, doch Valeriu schüttelte den Kopf. „Das ist jetzt nicht
so wichtig. Er wird es nicht hier und jetzt auf einen Kampf ankommen lassen.
Aber er könnte noch einmal versuchen, dich zu beeinflussen.“
    Also schob Eliza die behandschuhte Hand
in ihre Manteltasche. Valeriu ließ den Blick über das unübersichtliche, im
Zwielicht daliegende Friedhofsgelände mit dem alten, düsteren Baumbestand
schweifen und die Konzentration, die Eliza in seinen schillernden Opalaugen
sah, erinnerten sie an den scharfen Blick eines Raubvogels auf Beutejagd. Seine
Gesichtszüge, seine ganze Körpersprache drückten Anspannung und Aufmerksamkeit
aus.
    „Er ist weg“, sagte er schließlich knapp
und Eliza war nicht ganz sicher, ob bei Valeriu Enttäuschung oder Erleichterung
überwog.
    Mittlerweile hatte der Trauerzug die
Grabstätte erreicht und auch sie waren bald an der Reihe, Herrn Algeyer zu
kondolieren.
    Aus dem erfolgreichen Bauunternehmer war
mit einem Schlag ein uralter, gebrochener Mann

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