Somnia Crudeles - grausame Traeume Vol II
Corvus' Talent, Schlösser zu knacken – ein weiterer Grund, weshalb Sejan diesen Mann haben wollte. Er würde Corvus und dessen Bande zur Unterwerfung zwingen. Im Grunde betrachtete Sejan ihn schon als sein Eigentum. Er sah Corvus bereits an sein Bett gefesselt. Allem voran hatte Corvus einen sehr ansehnlichen Arsch. Es gefiel Sejan, ihn zu betrachten, als er die Stufen der metallenen Leiter zum Abflussgitter emporstieg.
Sie erreichten dadurch einen abgelegenen Winkel im Innenhof der Senatorenvilla.
Jetzt galt es, in die Villa zu gelangen. Das war der Punkt, an dem Sejan deutlich merkte, dass hier etwas faul war. Es war viel zu einfach. Sie brauchten bloß durch ein offenes Fenster zu steigen. Wachen waren nirgendwo zu sehen.
Bevor Sejan weiter nachdenken konnte, fiel sein Blick auf Darius. Inmitten der dunklen Halle, in die sie durch das Fenster eingedrungen waren, saß der junge Mann auf einen Stuhl gefesselt. Eine Lampe vor ihm auf dem Boden erhellte die Szenerie.
Darius wollte Sejan zu verstehen geben, dass dies eine Falle war – aber wie? Er war geknebelt.
Es war zu spät. Die Schatten an der Wand des Raumes wurden lebendig. Sie kamen von allen Seiten. Es waren zu viele für einen einzigen Mann.
„Verdammt.“
III
Darius gab sich die Schuld an dem, was geschehen war. Inmitten des Raumes lag Sejan nackt und regungslos auf einer Trage. Atmete er noch? Darius wollte zu ihm, doch die Kette, die er um den Hals trug, war nicht lang genug, um Sejan zu erreichen. Er zerrte daran wie ein Hund.
Auf einem Tisch zu seiner Rechten lag ein Messer – ebenfalls unerreichbar. Wollte Gracchus ihn damit verhöhnen? Auf dem Tisch standen noch eine Flasche Rum und eine Kiste Zigarren bereit.
Der Raum glich einer obskuren Krypta. Die Luft war erfüllt von Weihrauch. Rings um die Trage waren Grablichter aufgestellt. Ihr rötlicher Schein tanzte auf Sejans blasser Haut. Den Fußboden zierte ein sonderbares Kreidezeichen. Darius hatte es schon mal gesehen und wusste, wer dahinter steckte. Es bestätigte sich, als Gracchus den Raum betrat. Ihm folgte ein dunkelhäutiger Sklave, auf dessen Brust dasselbe Zeichen prangte. Sein Name war Atellus. Vor zwei Tagen hatte Gracchus ihn gekauft. Es hieß, Atellus sei in seiner Heimat ein mächtiger Zauberer gewesen und besitze die Macht, die Toten zu beherrschen.
Gracchus ging zu Sejan und strich ihm mit den Händen über die Oberschenkel. „Ist er nicht schön?“
Darius zog an der Kette. „Was hast du mit ihm gemacht? Ist er …?“
„Tot?“ Der Senator lächelte. „Atellus hat ihm ein Gift verabreicht. Aber seine Seele ist noch da.“
Senator Gracchus besaß eine bemerkenswerte Fähigkeit, sich trotz der Sprachbarrieren mit Atellus zu verständigen.
So wie es aussah, wollte er hier ein seltsames Ritual vollführen.
„Atellus wird Sejans Seele in den Hades schicken – oder wohin auch immer. Danach wird er Sejans toten Körper für mich wieder erwecken, damit er mir als willenloser Sklave dienen kann.“
Glaubte Gracchus tatsächlich an diesen Hokuspokus, oder war es für ihn bloß ein abartiges Spiel? Wie dem auch sei, Darius musste es verhindern. Sonst würde Sejan sterben oder schwachsinnig werden. „Das kannst du nicht tun. Cato würde das sicher nicht gefallen. Willst du dir seinen Zorn zuziehen?“
Das war zwar ein gutes Argument, aber Gracchus schien sich nicht darum zu scheren. Langsam ging er auf Darius zu und verschloss ihm Mund und Nase mit der Hand.
Darius meinte, er müsse ersticken. Seine Hände krallten sich vergeblich in Gracchus' Arm. Der Mann war zu stark. Kurz bevor Darius das Bewusstsein verlor, ließ Gracchus ihn wieder atmen.
„Bald schon werde ich der Herr über die Toten sein. Das wird mich mächtiger als Cato machen.“
Das meinte er doch wohl nicht ernst. Auf Gracchus' Auge hatte sich ein glasiger Film gebildet. Was für Gifte hatte er eingenommen?
Er bog Darius die Arme auf den Rücken und hielt sie fest.
Atellus nahm das Messer vom Tisch und ging damit auf Darius zu. Der junge Mann wand sich in Gracchus' Griff. „Was habt ihr vor?“
Die Klinge fuhr über Darius' nackte Brust und hinterließ dort eine rote Spur. Blut quoll hervor, floss über seinen Bauch und versickerte im Hosenbund.
Atellus strich mit seinen Fingern über die Wunde. Das Blut diente ihm als Farbe. Er bemalte damit Sejans Haut und murmelte dabei Worte in einer fremden Sprache.
Gracchus ließ Darius los. Er nahm den Rum und die Zigarrenkiste vom Tisch:
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