Sonderauftrag
Labyrinthfischen. Er unterteilt sich in den Großen Gurami, den Küssenden Gurami, benannt nach dem Maulzerren, das sie während der Revierkämpfe veranstalten, und den Knurrenden Gurami, und der heißt so, weil er in Erregung hörbar knurrt.«
»Ich knurr auch gleich. – Was ist mit einem grünen Gurami?« Kröger hatte sein Notizbuch genommen und ein paar Stichworte festgehalten.
Dr. Brauner schüttelte den Kopf. »Ich habe all meine Fachliteratur durchgeschaut. Kein Hinweis auf einen grünen Gurami. Der ist biologisch nicht existent!«
»Na wunderbar! Wir haben Eintragungen, die wir nur erraten können. Manche sind so verschlüsselt, dass sie gar keinen Sinn ergeben, andere sind von vornherein sinnlos. Dazu die Schüttelreime eines Möchtegernpoeten. Himmel, Arsch und Zwirn!«
Kröger unterstrich seine Worte mit heftigen Handbewegungen und erinnerte dabei an einen Dirigenten, der Trockenübungen macht. Wieder ganz ruhig, fragte er Dr. Brauner: »Hast du sonst noch was?«
»Inhaltlich nicht! Aber Papier und Tinte stammen aus der Vorkriegszeit. Die bisher lesbar gemachten Passagen habe ich dem BKA übermittelt. Vielleicht können die Verschlüsselungsexperten uns weiterhelfen.«
»Danke!« Kröger ergriff die Blätter, quittierte und wog das Papier abschätzend in der Hand. »Ich hoffe, dass es auf Erden jemanden gibt, der dies zu deuten und einzuordnen vermag. Ich kann es nicht!«
Am frühen Nachmittag kam die Bestätigung zur Bergung des LKWs. Schon am darauffolgenden Morgen wollten die Männer der Feuerwehr das Wrack heben. Im Rahmen einer Übung sollten die Überreste ans Tageslicht gebracht werden.
Als Kröger Dr. Bednarek und Dr. Neumann die Auszüge aus von Schleyersdorfs Notizbuch übergab und die Bergung ankündigte, baten die beiden Wissenschaftler, dabei sein zu dürfen. Ewa meinte, sie fände es einfach aufregend, und Dr. Neumann sprach von einer einmaligen Chance. Kröger holte telefonisch die Genehmigung der Staatsanwältin ein und man verabredete sich für den nächsten Morgen.
20
Die Sonne strahlte an diesem Tag besonders intensiv und keine Wolke trübte den Himmel. Die Zeitungen schrieben von ersten Hitzeopfern. Es waren zumeist ältere Personen, die sich bei der Wärme zu viel zugemutet oder aber nicht ausreichend getrunken hatten.
Kröger konnte die Panikmacher nicht verstehen. Zuerst war es ihnen zu kalt und zu nass, sie flehten warmes Wetter herbei, und kaum war es warm, dann stöhnten sie schon wieder. Natürlich wurde der Rasen nicht besser von der Trockenheit und die Bauern fürchteten um ihre Saat, aber das Wetter war eben nicht zu ändern. Ihm gefiel es.
Gegen die grelle Sonne hatte er heute zum ersten Mal in diesem Jahr seine Sonnenbrille aufgesetzt. Sein Oberhemd war so blütenweiß wie alle Tage. Als Vollert im Auto Platz genommen hatte und sich ebenfalls die Sonnenbrille auf die Nase steckte, meinte Kröger, dass sie jetzt wie zwei Versicherungsvertreter aussähen, gepflegt, anonym und gut situiert. Vollert machte nur die bekannte Geste mit dem Zeigefinger an die Stirn.
Auf der Fahrt sprachen sie von Vollerts Hausbauplänen, die immer mehr Gestalt annahmen. Seine Frau hatte mehrere Baufirmen angeschrieben und die Angebote und Kataloge sprengten den Briefkasten. Stundenlang konnte sie über den Grundrisszeichnungen sitzen und ihr zukünftiges Heim planen und in Gedanken einrichten. Nichts schien einer Frau mehr Spaß zu bereiten, als das eigene Heim zu entwerfen. Vollert hatte es aufgegeben, eigene – seiner Meinung nach konstruktive – Vorschläge einzubringen. Er ließ seine Frau gewähren. Nur bei Hausart, Finanzierung und Raumaufteilung war er aktiv involviert. Als sie seinen Eltern von ihren Plänen erzählt hatten, wurde ihnen eine Finanzspritze in Aussicht gestellt, und auch Sigruns Eltern wollten ihren Teil zum Vollert’schen Familienglück beitragen. Ihr finanzieller Spielraum hatte sich dadurch erheblich vergrößert, doch beide wollten, auch für den Fall unvorhergesehener Ausgaben, an ihrem bisherigen Konzept festhalten. Kröger bestärkte Vollert in dieser Ansicht.
Reedich erschien ihnen so ruhig wie immer, als sie ins Dorf fuhren, allerdings war der Platz an der Ulme vor dem Schloss voller Kraftfahrzeuge. Ein weißer Polonez MR87 mit schwarzem Krakauer Nummernschild fiel auf.
Vollert zeigte kurz auf den Wagen. »Schau mal, Horst! Ewa ist wohl schon hier.«
Der grinste. »Was dir alles auffällt! Dass Frau Meinke schon da ist, davon kein Wort, aber dass
Weitere Kostenlose Bücher