Sonea - Die Heilerin: Roman
bevor ich schwarze Magie erlernt habe, daher fehlt mir der Vergleich.
Es war niemals eine angenehme Aufgabe, die Kräfte eines widerstrebenden Magiers zu blockieren, aber sie hätte sich dazu gezwungen, es zu tun, wenn sie auf diese Weise die Gelegenheit bekommen hätte, Lorandras Gedanken zu lesen. Als Administrator Osen gefragt hatte, ob sie es tun würde, hatte sie ablehnen müssen. Wenn sie Lorandra mit dem Versprechen bestechen wollte, ihre Kräfte wieder freizusetzen, könnte die Absicht, dieses Versprechen nicht einzuhalten, schwach wahrnehmbar sein und die Frau warnen, dass sie Sonea nicht trauen konnte. Als sie Osen den Grund für ihre Weigerung erklärt hatte, hatte sie sich jedoch nicht so klar ausgedrückt. Sie hatte lediglich gesagt, dass sie Lorandra nicht noch mehr Grund geben wolle, ihre Mitarbeit bei der Suche nach Skellin zu verweigern.
Sonea wollte Lorandra nicht täuschen, aber die Suche nach dem wilden Magier war in eine Sackgasse geraten. Sie hatten Regins Hilfe verloren. Cery verwandte ebenso große Anstrengungen darauf, sich außer Reichweite von Skellins Leuten und Verbündeten zu halten, wie auf den Versuch herauszufinden, wo sein Widersacher sich aufhielt. Anyi auszuschicken, damit sie für Cery spionierte, oder Dorriens Familie nach Imardin zu schleppen, damit er sein Leben aufs Spiel setzen konnte, um ihr zu helfen, erschien ihr weitaus schlimmer, als eine Frau zu belügen, die den Gesetzen der Gilde getrotzt, Diebe ermordet und Feuel importiert hatte, in der Hoffnung, ihren Sohn zum König der Unterwelt zu machen.
Ich gestehe, dass ich es nicht eilig hatte, diesen Betrug einzufädeln, obwohl ich darauf gebrannt habe, dass die Gilde aufhört zu zaudern und die offensichtliche Entscheidung trifft. Solange Lorandras Kräfte noch nicht blockiert waren, hatte ich nichts, womit ich sie hätte bestechen können. Aber jetzt … Sie seufzte … Jetzt kann ich es nicht mehr sehr lange hinausschieben.
Osen erklärte die Versammlung für beendet, und in der Halle waren jetzt die Geräusche von Stiefeln auf hölzernen Stufen, Stimmen und das Rascheln von Roben zu hören. Rothen wartete darauf, dass Sonea auf die Ebene der Studienleiter herunterkam, und schloss sich ihr an.
»Wie sich herausstellt, ist Dorrien, wenn es darum geht, Klatsch und Tratsch zu sammeln, genauso gut, wie er behauptet«, murmelte er.
Als sie unten angelangt waren, entfernten sie sich ein wenig von den übrigen Magiern.
»Was hat er gesagt?«, wollte Sonea wissen.
»Dass zwischen Lord Regin und seiner Frau Streit herrsche.«
»Wie erhellend«, bemerkte Sonea trocken. »Hat er herausgefunden, worum es bei dem Streit geht?«
Rothen öffnete den Mund, doch als er Lady Vinara auf sie zukommen sah, schloss er ihn wieder und schüttelte den Kopf.
»Lady Vinara«, sagte Sonea, als die Frau sie erreichte, und Rothen wiederholte den Gruß.
»Schwarzmagierin Sonea, Lord Rothen«, sagte die ältere Heilerin und nickte ihnen zu. »Ihr müsst Euch schon sehr darauf freuen, dass Lord Dorrien und seine Familie früher als geplant nach Imardin kommen werden.«
Sonea sah Rothen an, der ihren fragenden Blick mit einem ebensolchen beantwortete.
»Also hat er jetzt endgültige Vorkehrungen getroffen?«, erkundigte sich Rothen, in dessen Stimme resignierte Erheiterung mitschwang.
Vinara lächelte mitfühlend. »Ja. Er hat ein Datum festgesetzt, so dass ich ihm Arbeit im Heilerquartier zuweisen kann.« Sie wandte sich an Sonea. »Er will in den Hospitälern arbeiten, aber ich hielt es für klug, ihn an einem Ort einzusetzen, wo ich mir einen Überblick verschaffen kann, wie weit er in Bezug auf die jüngsten Fortschritte der Heilkunst auf dem Laufenden ist, bevor ich ihn auf die Stadt loslasse.«
Sonea nickte. »Ich stimme Euch zu. Vielen Dank«, erwiderte sie mit von Herzen kommender Dankbarkeit. Sie war niemals in der Position gewesen, Dorrien Anweisungen erteilen zu müssen, und sie hatte den Verdacht, dass er schwieriger zu leiten sein würde als jeder andere Heiler. Als ältere, ranghöhere Heilerin, die einst seine Lehrerin gewesen war – statt einer jüngeren Frau, die er als Novizin kennengelernt hatte –, würde Vinara keine Schwierigkeiten haben, Dorrien irgendwelche schlechten Angewohnheiten auszutreiben, die er sich vielleicht zugelegt hatte.
Vinara nickte und ging weiter. Sonea drehte sich zu Rothen um und warf ihm einen fragenden Blick zu. Er breitete die Arme aus und riss die Augen auf.
»Sieh mich nicht so an!
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