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Song of the Slums

Song of the Slums

Titel: Song of the Slums Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Richard Harland
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unterschätzten. Vielleicht würde es Monate oder Jahre dauern, aber sie würde einfach langfristige Pläne schmieden und sich daran halten.
    Sie blieb noch eine Weile sitzen und ließ die Szene vor ihrem inneren Auge ablaufen. Sie wusste jetzt also, dass sie Lorrain nicht nur mit ihrem Aussehen, sondern auch mit ihrer Musik beeindrucken konnte. Sie musste seine Gefühle bearbeiten, ihn in einen Zustand unbekümmerten Ungehorsams versetzen … Sie schwang zurück zu den Klaviertasten und spielte ein wildes aufregendes Notengemisch – eine spontane Fanfare des Triumphs.
    Sie kam zum Ende, als sie aus dem Klassenzimmer nebenan Geräusche vernahm. Ihre Schüler waren da. Sie schloss den Klavierdeckel und suchte die Bücher für den Unterricht zusammen. Jetzt fühlte sie sich allem gewachsen!

• 13 •
    Astors zweiter Unterrichtstag verlief sogar besser als der erste. Sie perfektionierte ihre Teile-und-Herrsche-Taktik, indem sie Blanquette gegen Prester, Prester gegen Blanquette und Blanquette und Prester gegen Widdy einsetzte. Ob die Schüler etwas lernten, kümmerte sie nicht.
    Sie freute sich auf den späten Nachmittag, wenn sie Verrol von ihren Erfolgen berichten können würde. Sie hatte die Möglichkeit, dass er nicht auf dem Dach des Türmchens wäre, überhaupt nicht in Betracht gezogen. Und tatsächlich – er war da. Während sie die Leiter hochkletterte, hörte sie ihn singen. Ein sehr seltsamer Klang! Sie blieb auf der Leiter stehen, um zuzuhören. Seine normale Sprechstimme war ganz leicht rau und kratzig, seine Singstimme jedoch hundertmal mehr. Sie schien kaum zu ihm zu gehören.
    Die Stimme versiegte, sowie er sie die Dachluke öffnen hörte. Als sie ihn auf der anderen Seite des Türmchens erreichte, stand er auf.
    »Ach, du bist es«, grinste sie. »Ich dachte, es sei ein Schwarm Gänse.«
    Er lachte, aber es war ihm peinlich. Sie hatte also seine Achillesferse entdeckt! Sie war auf eine sonderbare Art erfreut darüber. Normalerweise wirkte er so unbeteiligt, so voller Selbstbeherrschung, so unbeeindruckbar in seinem Zynismus.
    »Was ist in dem Rucksack?«, fragte sie. »Wieder ein Picknick?«
    Die Decke war dieselbe wie am Vortag, aber der Rucksack hatte den kleinen Korb ersetzt. Es stellte sich heraus, dass er Gebäck und Würstchen in Blätterteig enthielt, die ordentlich in Butterbrotpapier eingerollt waren.
    »Kleine Geschenke deiner Bewunderinnen?«, machte sich Astor lustig.
    Sie hatte den Verdacht, dass er auf sie gewartet hatte, denn keine der Verpackungen war geöffnet. Sie saßen im Sonnenschein auf der Decke, aßen und beobachteten ein paar Schäfchenwolken, die über den Himmel zogen. Zwischen Kauen und Schlucken berichtete sie ihm von ihrem Tag mit den Schülern. Lorrains Besuch behielt sie jedoch für sich, als ihr eigenes privates Geheimnis. Es gab ihr ein gutes Gefühl, es
nicht
zu verraten.
    Sie hatten ihre Mahlzeit gerade beendet, als etwas Silbernes am Himmel erschien. Verrol sah es als erster. »Ein Luftschiff. Es wird auf dem Aerodock von Swale House landen.«
    »Können sie uns sehen?«
    »Selbst wenn. Das schert die nicht.«
    Das Luftschiff hatte die Form einer doppelten Zigarre, die Gondel war an Verstrebungen zwischen den beiden Zigarren angebracht. In schwarzer Schrift stand auf den Seiten ORGEN & PORVIS INC. geschrieben.
    »Plutokraten«, sagte Verrol. »Sie reisen ständig hin und her.«
    Astor sah, wie sich sein Mund beim dem Wort
Plutokraten
verächtlich verzog. »Du kannst sie nicht leiden, oder?«
    »Plutokraten? Ich hasse sie.«
    »Warum?«
    »Wegen all der Dinge, die sie diesem Land angetan haben.«
    Astor beobachtete, wie das Luftschiff über der Smogwolke den Sinkflug begann, jetzt konnte man auch die vier Kohlengasmotoren mit den ummantelten Propellern sehen, die das große Luftschiff antrieben.
    »Wegen der Umweltverschmutzung überall in England?«
    »Wegen der Industrie, die diese ganze Verschmutzung verursacht hat. Wegen des Kriegs, der die ganze Industrialisierung in Gang gesetzt hat.«
    »Aber die Plutokraten haben den Krieg nicht begonnen. Das waren die Franzosen. Die haben uns angegriffen.«
    »Nee, nee, tatsächlich war es Britannien, das Frankreich den Krieg erklärt hat.«
    »Dann müssen die aber irgendetwas getan haben.«
    »Oh, alle haben irgendwas gemacht. Frankreich, Britannien, Preußen, Österreich, Russland – alle kriegsteilnehmenden Länder. Aber ich habe auch nicht gemeint, dass die Plutokraten den Krieg begonnen haben. Was ich sage ist,

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