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Song of the Slums

Song of the Slums

Titel: Song of the Slums Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Richard Harland
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bei allem, was du tust, nur halb dabei bist, den größten Teil deines Selbst klammerst du einfach aus.«
    »Wollen Sie mich motivieren?«
    »Jeder von uns braucht ein langfristiges Ziel.«
    »Und was ist Ihres?«
    Astor schnaubte. »Ich werde jedenfalls nicht den Rest meines Lebens damit zubringen, Hauslehrerin zu sein.«
    Der mokante Blick seiner Augen sagte ihr, dass er genau wusste, dass sie seiner Frage ausgewichen war und auch nicht vorhatte, sie zu beantworten. Lorrain Swale war ihr langfristiges Ziel, und was sich am Morgen abgespielt hatte, war ihr eigenes privates Geheimnis.
    »Ach, fraglos haben Sie schon etwas angemessen Ambitioniertes vor«, sagte er und zog den Rucksack zu.

• 14 •
    Die nächsten paar Tage war das Wetter regnerisch, und Astor bestieg das Türmchen nicht. Sie sah Verrol nur, wenn er an ihrem Zimmer Halt machte, um ihr zu erzählen, was im Hause vor sich ging. Allerdings hatten sie miteinander nicht mehr denselben lockeren Umgangston wie zuvor.
    Lorrain sah sie überhaupt nicht, obgleich sie jeden Morgen in der Frühe den Miniatur-Konzertsaal aufsuchte, um Klavier zu spielen.
    Manchmal spielte sie auch nach dem Unterricht; das Klavierspielen tat ihrer Seele gut, aber sie war enttäuscht, dass sie keinerlei Fortschritte in Richtung ihres Langzeitziels machte.
    Mit der Zeit wurde es für sie immer anstrengender, ihre Schüler unter Kontrolle zu halten. Ihr gelungener Bluff verlor langsam an Macht über die Kinder. Zwar hatten sie nicht herausgefunden, dass es keinerlei Übereinkunft zwischen Bartizan und Astor gab, aber die Lüge verlor bei jeder neuen Erwähnung an Kraft.
    Widdy war ihr größtes Problem. Blanquette und Prester hatten die ersten Tage mitgeholfen, ihn im Zaum zu halten, aber nun amüsierten sie sich, ohne sich explizit gegen Astor zu wenden, immer öfter über sein irrwitziges Verhalten. Astor durfte ihn nicht für eine Sekunde aus den Augen lassen.
    Sie fühlte, dass eine Krise heraufzog … und schließlich trat sie ein, und zwar, als sie das erste Mal versuchte, den Kindern etwas über Musik beizubringen. Sie hatte diese Stunde viel besser vorbereitet als jede andere bisher, und sie freute sich sogar darauf. Aber von Anfang an lief es schlecht. Sie hatte ihre Schüler in den Konzertraum geführt und sie auf Stühlen um das Klavier herum platziert, dann spielte sie einen Akkord vor und fragte, wer das nachspielen wollte.
    »Klimper, klimper, bimmel, bammel«, machte Prester und lachte laut über seinen eigenen Witz.
    Blanquette applaudierte ironisch. »Da hast du’s!«, sagte sie. »Wer braucht da noch ein Klavier?«
    Astor fühlte Wut in sich aufsteigen. Mit einigen Schmeicheleien überredete sie Prester, sich auf den Klavierhocker zu setzen. Sie zeigte ihm die Tasten, auf die er seine Finger legen sollte, aber offenbar war er nicht fähig dazu. Also beugte sie sich hinter ihm stehend nach vorn und presste seine Finger auf die richtige Tasten … geradeso wie ihr Vater es getan hatte, als er
ihr
das Spielen beibrachte. Prester gab einen vulgären Pfiff von sich. Doch wann immer sie einen Finger auf die richtige Taste gepresst hatte, rutschten die anderen wieder weg. Sie war sich sicher, dass er das mit Absicht tat.
    »So, jetzt probier’s!«, sagte sie.
    Er drückte die Tasten nach unten und produzierte ein misstönendes Geklimper.
    »Falsch«, sagte sie. »Hast du nicht gemerkt, wie falsch sich das anhört?«
    »Sie haben es mir falsch gezeigt«, gab er wütend zurück.
    »Du darfst nur zwei Finger bewegen, dann wird es sich richtig anhören.«
    »Mir hat gut gefallen, wie Prester gespielt hat«, bemerkte Blanquette.
    Plötzlich tauchte Widdy am linken Ende der Klaviertastatur auf und hieb mit seinen Kinderfäusten mit aller Wucht auf die Tasten ein.
    »Ich mache Mufik!«, kreischte er.
    Wieder und wieder schlug er auf die Klaviertastatur und erzeugte eine donnernde Kakophonie. Astor ließ daraufhin schnell den Klavierdeckel zufallen, bevor er echten Schaden anrichten konnte, allerdings ein bisschen zu schnell – denn Presters Finger lagen noch auf der Tastatur.
    »
Aua-au-au!
«, heulte Prester auf. Er riss seine Finger unter dem Deckel hervor und veranstaltete ein großes Theater, während er auf die Finger blies.
    »Entschuldigung«, sagte Astor. »Das war ein Unfall.«
    Blanquette schob sich aus ihrem Stuhl und verkündete: »Ende des Unterrichts.«
    »Ja, wir machen Schluss für heute«, stimmte Astor zu.
    Prester schüttelte den Kopf und raste durch die

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