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Song of the Slums

Song of the Slums

Titel: Song of the Slums Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Richard Harland
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dass sie ihn am Laufen gehalten haben.«
    Astor verstand nichts. »Wir konnten den Krieg doch nicht beenden, bevor wir gewonnen hatten?«
    »Sie glauben also, wir haben gewonnen?«
    »Ich denke, ja.« Astor war dreizehn Jahre alt gewesen, als der Krieg 1842 beendet worden war. Sie konnte sich gut an die vielen Menschen erinnern, die den Sieg gefeiert hatten.
    »Der Friede von Brüssel hätte dreißig Jahre früher geschlossen werden müssen. Er hätte Europa dann vor dreißig Jahren zügelloser Industrialisierung und Umweltvernichtung bewahrt. Von den zwei Millionen Toten und fünf Millionen Verwundeten ganz zu schweigen.«
    Astor versuchte, diese neuen Informationen zu verdauen. »Also haben wir nicht gewonnen?«
    »Niemand hat gewonnen, abgesehen natürlich von den Plutokraten. Mit ihren Fabriken haben sie bei der Herstellung von Kriegsgerät extrem hohe Gewinne erwirtschaftet. Erst als sie aus der Macht verdrängt worden waren, konnte Frieden geschlossen werden.«
    »Ich dachte, König George hätte den Frieden angeordnet.«
    »Nein, das Parlament. Er konnte erst Frieden schließen, als die Agrarierpartei, also die Partei des Landadels und der wohlhabenden Bauern, mehr Sitze im Parlament hatte als die Fortschrittspartei.«
    Seine letzten Worte musste er schreien, denn die Maschinen des Luftschiffs dröhnten über ihnen. Astor verdrehte ihren Hals, als die monströse Doppelzigarre über das Türmchen glitt und zur Landung auf dem Aerodock von Swale House ansetzte.
    Dann galt ihre Aufmerksamkeit wieder Verrol. »Dann bist du also Pazifist? Bist du gegen jeden Krieg?«
    »Ob gegen
jeden
, weiß ich nicht. Aber ganz gewiss gegen jene Kriege, die die Taschen der Plutokraten füllen, während die einfachen Leute ihr Leben opfern müssen.«
    Astor dachte an ihren Stiefvater und seine extreme Abneigung gegen Pazifisten. »Aber du arbeitest doch für Marshal Dorrin. Im Haushalt eines Kriegshelden.«
    Er zuckte die Achseln. »Ich hatte keine Wahl. Außerdem habe ich nichts gegen Marshal Dorrin. Es lässt sich aus allen Berichten schließen, dass er ein sehr tapferer Mann war.«
    »Du bewunderst Tapferkeit?«
    »Ja.« Fragend zog er eine Augenbraue in die Höhe.
    Astor war immer gesagt worden, dass Pazifisten Feiglinge seien, das Bild passte allerdings so gar nicht zu Verrol. »Hast du denn nie in Erwägung gezogen, dich freiwillig zu melden? Du warst doch alt genug dazu.«
    »Nein, ich habe mich nicht freiwillig gemeldet, und ich habe aufgepasst, dass ich nie in eine Situation gekommen bin, in der ich zwangsrekrutiert werden konnte.«
    »Zwangsrekrutiert? Was heißt das denn?«
    »Na, wenn du in ein Ausbildungslager der Armee verschleppt und dort solange geschlagen und gequält wirst, bis du einfach allen Befehlen gehorchst.«
    Astor runzelte die Stirn. »Das glaube ich nicht. Das würde die britische Armee niemals zulassen.«
    »Glauben Sie, was Sie wollen. Zum Ende des Krieges gab es eigentlich in keinem Land mehr Freiwillige.«
    Er schien sich dieser Fakten sehr sicher zu sein. Ja, tatsächlich war er viel besser informiert, als es einem Bediensteten zustand.
    »Woher weißt du das alles?«, fragte sie ihn.
    »Ich kann doch lesen. Und wenn die Herrschaft mit den Zeitungen fertig ist, landen sie bei der Dienerschaft.«
    Diese Antwort stellte Astor nicht wirklich zufrieden, denn sie war sich sicher, dass es ein Geheimnis in seiner Vergangenheit gab. Ganz langsam, Schritt für Schritt entwickelte sie eine Theorie über ihn. Schweigend saßen sie noch eine Weile da, bis Verrol begann, die Überreste des Essens zusammenzupacken. Da ging sie ihn einfach geradeheraus an. »Warum sprichst du nie über dich?«
    »Da gibt es nichts Interessantes zu erzählen. Ich bin nur ein stiller gehorsamer Diener.« Sein ironisches Lächeln strafte seine Worte Lügen. »Niemand hat sich je über meine Arbeit beschwert.«
    »Du könntest deine Arbeit doch im Schlaf erledigen.«
    »Stimmt. Die Aufgaben eines Dieners sind keine große Herausforderung.«
    »Aber es muss doch etwas geben, das dich reizt?«
    »Wieso denn?«
    »Na, weil du klug bist, weil du viel weißt. Du kannst doch etwas aus dir machen. Hast du denn überhaupt keine Ambitionen?«
    »Sie meinen, ich sollte mich um die Position eines Butlers bemühen? Oder sehen Sie mich eher als Kammerdiener?«
    Astor sah in ihm weder das eine noch das andere, aber das tat jetzt nichts zur Sache. »Das ist doch allemal besser, als sich einfach so treiben zu lassen. Ich habe das Gefühl, dass du

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