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Song of the Slums

Song of the Slums

Titel: Song of the Slums Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Richard Harland
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wohl?« Blanquette bückte sich und hob die Brosche auf. »Eine Diamantbrosche!«
    »Danke«, sagte Astor und hielt ihr die ausgestreckte Hand hin.
    »Sie wollten doch wohl eher bitte sagen«, verbesserte Blanquette sie. »Danke sagt man, wenn man etwas bekommt.« Sie hielt die Brosche gegen das Licht. »Wertloser Tand!«
    »Nichtsdestoweniger.« Astor hielt ihre Hand weiterhin ausgestreckt. »Ich hätte sie gern zurück.«
    »Wieso trägt eine Hauslehrerin überhaupt Schmuck?«, fragte Blanquette in den Raum hinein. »Eine Hauslehrerin darf sich nicht herausputzen. Schmuck ist für die Herrschaft, nicht für die Bediensteten.«
    Astor ignorierte sie und wandte sich stattdessen an Prester. »Du hast deine Sache gut gemacht, ich danke dir. Du hast deinen Cousin vor einer bösen Verletzung gerettet.«
    »Es war nicht für ihn. Ich habe es für Sie getan«, brüstete sich Prester.
    »Gut, dann danke ich dir, dass du mir geholfen hast.«
    Blanquette verzog verächtlich die Lippen. »Machen Sie nur weiter!«, ermunterte sie Astor. »Klimpern Sie ihm nur mit Ihren Wimpern zu!«
    Astor machte den Fehler, darauf zu reagieren. »Wie bitte?«
    »Das ist es doch, was Sie tun, oder? Mit den Wimpern klimpern. Ihre hübschen Löckchen durch die Gegend werfen.«
    Astor errötete. Blanquette hatte ein seltenes Talent, immer die Stelle zu finden, wo es am meisten wehtat.
    »Ich mag es, wenn sie hübsch aussieht«, sagte Prester. »Warum denn nicht?«
    Blanquette sprach weiter zu Astor. »Nun los, mit den Wimpern klimpern! Nehmen Sie ihn für sich ein! Er hat sowieso kein Hirn, da ist es ganz einfach.«
    »Halt die Klappe, Blanquette«, rief Prester.
    Er ging schnurstracks auf seine Schwester zu, entriss ihr, ohne ein Wort der Warnung, die Brosche und brachte sie, wie eine Trophäe, zu Astor.
    »Hier ist Ihre Brosche. Darf ich sie Ihnen wieder anstecken?«
    Astor war sich des freizügigen Lochs in ihrem Kleid an der Stelle, an der die Brosche gesessen hatte, sehr bewusst. Sie stellte sich kerzengerade hin und schüttelte den Kopf.
    Blanquette kochte vor Wut. »Typisch! Die Sorte kenne ich! Hält sich für gutaussehend und nutzt das aus.«
    »Sie
sieht
aber gut aus«, sagte Prester im selben Moment, als Astor zurückzischte: »Du weißt gar nichts über mich.«
    Blanquette schnaubte. »Nein?
Nein?
Ich wette, Sie waren schon als kleines Kind so: Männer umgarnen und Frauen beeindrucken! Sie mussten nie etwas Vernünftiges von sich geben oder auch nur ein klein wenig Intelligenz unter Beweis stellen. Sie vertrauen ganz und gar auf Ihr Aussehen, um Ihren Kopf durchzusetzen! Hübsch aussehen ist alles, was Sie können! Alles nur Theater! Innen sind Sie komplett hohl! Das ist es, was Sie sind!«
    Astor fühlte sich, als habe ihr jemand in den Magen geboxt. Was hatte sie getan, um solche Beleidigungen zu verdienen? Wie konnte Blanquette ihr ganzes Leben so zusammenfassen? Es war lächerlich, alles nur Mutmaßungen und Unwahrheiten.
    Sie hätte zurückschlagen können, mit Sätzen wie:
Du bist nur verbittert, weil du fett und hässlich bist
, aber das tat sie nicht. Auch, weil sie sich gar nicht so sicher war, dass das wirklich
alles
nur Unwahrheiten waren. Sie setzte ihr Aussehen doch nicht ein, um zu bekommen, was sie wollte … jedenfalls nicht
absichtlich
.
    Prester polierte die Brosche an seiner Kniehose. »Darf ich Sie Ihnen wieder ansteckten?«, fragte er erneut. Er stellte sich hinter ihren Stuhl, und sie spürte, dass er ihr sehr nahe kam. Viel zu nahe. In ihrem Kopf gingen die Alarmglocken los, aber sie wollte ihren einzigen Unterstützer nicht auch noch verärgern.
    »Darf ich also?«
    »Nein, lass nur«, sagte sie.
    »Aber es geht doch ganz schnell.«
    »Mir wäre es lieber, du lässt es.«
    »Bin ich denn nicht Ihr Liebling?«
    Seine Hände fuhren ihr über die Schultern und über ihre Brust. Als sie versuchte, sie abzuschütteln, fiel die Brosche klappernd zu Boden.
    »
Hände weg!
«, befahl sie.
    Widdy gab einen quiekenden Schrei von sich. »
Jiiick–Jiiick–Jiiick!
«
    Sie sprang auf die Füße, drehte sich zu Prester, um ihm die Stirn zu bieten, und starrte auf den jugendlichen Flaum auf seiner Oberlippe. Sein höhnisches Grinsen sagte:
Du bist keinen Deut größer als ich
.
    »Wagen Sie es nicht, ihn zu berühren!«, röhrte Blanquette von der anderen Seite des Raumes.
    Astor wollte Prester gar nicht berühren, aber er sie. Und im nächsten Moment tat er genau das.
    »Ich bin doch Ihr Liebling«, sagte er und umfasste

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