Song of the Slums
Bartizan wandte sich unheilvoll lächelnd an Astor. »Sie haben also nichts zu Ihrer eigenen Verteidigung zu sagen?«
Astor warf den Kopf zurück. »Meine Verteidigung ist, was er mir getan hat.«
Sie wusste, sie würden sie bestrafen, aber sie weigerte sich, ängstlich zu erscheinen. Das Feuer knackte, und im Raum war es still.
»Da gibt es noch eine andere Sache«, sagte Phillidas und zog ein gefaltetes Blatt Papier hervor, das er hinter seinem Rücken verborgen hatte. Astor erstarrte, als er es auseinanderfaltete. Sie hatte erkannt, was es war, noch bevor er erste Sätze vorgelesen hatte.
»Die Fortschrittspartei hat gemeinsam mit den Swale-Brüdern eine Verschwörung geplant … tausende unzufriedene Kriegsveteranen zusammengetrommelt … Marsch auf London … Mr Ephraim Chard… wie gegen diese Verräter gehandelt werden muss.«
Phillidas blickte auf und betrachtete Astor ausgiebig durch seine getönten Brillengläser. Es war wie von einem Insekt begutachtet zu werden. »Ein Brief adressiert an Marshal Dorrin. Ihr Stiefvater, wenn ich mich nicht täusche?«
»Ich weiß nicht … wie … woher?«
»Er wurde in Ihrem Zimmer von einem Dienstmädchen gefunden.« Phillidas’ knochiger Finger zeigte anklagend auf sie. »Belastendes Beweismittel. Sie können es nicht abstreiten. Sie wissen mehr, als gut für Sie ist.«
»Eine bösartige Hauslehrerin
und
eine Spionin«, polterte Bartizan. »Eine hübsche kleine Zelle wartet auf Sie, Miss Wie-auch-immer-Ihr-Name-sein-mag.«
»Miss Vance«, erwiderte Astor automatisch. Mehr hatte sie nicht zu sagen.
Bartizan befahl mit gekrümmtem Finger seine Diener zu sich. »Bringt sie in den Keller und bestraft sie.«
Doch noch bevor die Diener sich in Bewegung gesetzt hatten, rannte Widdy zu Phillidas. »Dürfen wir, dürfen
wir
? Bitte, Daddy!«
»Aber sie hat
mir
wehgetan«, sagte Prester bettelnd zu seinem Vater.
»Also gut«, Bartizan nickte, »jeder von euch darf sich eine Bestrafung für sie aussuchen.«
Widdy jubelte laut los.
»Wir können die Diener anweisen, was sie tun sollen?«, fragte Blanquette.
»Ja.« Einen Moment lang wirkte Bartizan wie jeder andere nachgiebige Vater. »Hast du dir denn schon etwas Besonderes ausgedacht?«
»Ihr Haar«, gab Blanquette sofort von sich. »Sie ist so stolz darauf. Ich werde es alles abschneiden lassen.«
»Ich lasse mir etwas Schlimmeres einfallen«, versprach Prester.
»Ich auch!«, krähte Widdy überglücklich. »Viel fflimmer!«
Die strahlenden Augen der Kinder ließen Astor erschauern.
»Ihr solltet gut überlegen, bevor ihr euch etwas aussucht«, zwinkerte Bartizan ihnen zu, dann wandte er sich noch einmal an seine Diener. »Eine Zelle im Keller. Die Kinder gehen mit euch.«
• 21 •
Ein Dampffahrstuhl brachte sie nach unten: die drei Swale-Kinder, Astor und die Dienstboten, die Astor bewachten. Der Boden des Fahrstuhls ratterte und wackelte, und je tiefer es ging, desto schneller wurde er, bis es den Anschein hatte, dass er unten krachend aufschlagen würde. Aber im letzten Moment setzten kreischend die Bremsen ein, und weiße Dampfwolken strömten durch den Metallkäfig.
Die Bediensteten legten zwar nicht Hand an Astor, aber sie hatten sie eng umkreist. Blanquette, Prester und Widdy verließen den Fahrstuhl als erste und traten durch den Dampf in eine höhlenartige Halle mit gewaltigen Pfeilern und Bögen – massiv genug, um das Gewicht der darüberliegenden Stockwerke zu tragen. Der Steinboden war mit Stroh bedeckt, was Astor an Ställe denken ließ, und schon im nächsten Moment hörte sie Schnauben und leises Wiehern sowie das Klirren von Pferdegeschirren und Hufeisen.
»Hier entlang!«, schrie Prester aufgeregt.
Während sie die Pfeiler passierten, erkannte Astor, dass es sich nicht so sehr um Ställe handelte als vielmehr um eine Laderampe. Mehrere Reihen Pferdegespanne warteten darauf, dranzukommen und unter die stählernen Kräne zu fahren, die sie von ihrer Ladung, die sich in riesigen Netzen befand, befreiten. Daneben standen gigantische Dampflokomobile mit schwarzen zylindrischen Heizkesseln und gestreiften Markisen, die drei, vier oder fünf Anhänger zogen, die darauf warteten, von zwei großen Drehkränen entladen zu werden.
Während Fahrer und Pferde geduldig ausharrten, bis sie an die Reihe kamen, brodelte es im Rest der Halle vor Geschäftigkeit. Hemdsärmelige Männer in Lederwesten liefen eifrig hin und her, leerten die Netze, stapelten Kisten, trugen Säcke auf ihren Rücken
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