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Song of the Slums

Song of the Slums

Titel: Song of the Slums Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Richard Harland
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oder?«, fragte Astor.
    »Hast du denn eine Riesenchance verpasst?«, fragte Mave.
    Reeth zog ein Gesicht und schüttelte den Kopf. Er zeigte mit seinem Arm dorthin, wo der andere Arm fehlte. »Dies hat mir alles vermasselt. Ich hab den Kontrabass gespielt, in einer Tanzband. Aber nach dem Unfall … ein einhändiger Bassist ist ein Ding der Unmöglichkeit.«
    »Und was wurde aus der Band?«, fragte Ollifer. »Kenne ich die?«
    »Ach, die waren einfach nicht gut genug, um es ganz nach oben zu schaffen.« Reeth gab ein gequältes Lächeln von sich. »
Ich
war nicht gut genug. Ich hab nie auf eurem Niveau gespielt.«
    »Aber …«
    »Ich hätte weiterhin Songs schreiben können, das habe ich eine Zeitlang gemacht, und die Leute meinten, ich könnte gut mit Worten umgehen. Aber meine Melodien waren nicht gut genug.« Er sprach jetzt zu Mave. »Nichts – verglichen mit deinen Melodien. Ich würde meinen anderen Arm dafür geben, dein Talent zu besitzen. Ich war immer nur ein kleines Licht. Gerade mal talentiert genug, um echte Kreativität zu erkennen, wenn sie mir begegnet.«
    »Du bist unser Manager«, murmelte Mave.
    »Ja. Und das ist es auch, was ich sein möchte. Zu Leuten wie euch gehören. Euch managen und euch dabei helfen, ganz nach oben zu kommen. Ich werde nie wieder auf der Bühne stehen, aber ich kann euch von der Backstage aus behilflich sein. Ich kann euch
machen

    Astor hatte sich bisher nie sonderliche Gedanken über Reeths Gefühle gemacht, aber jetzt tat er ihr leid. Nichtsdestoweniger wollte sie nicht, dass er Mave und Purdy auf seine Seite zog. Sie warf Verrol einen warnenden Blick zu, doch es war Purdy, der das Wort ergriff.
    »London ist die größte Stadt, oder?«, fragte er aus heiterem Himmel.
    »Ja, die größte Stadt der ganzen Welt«, stimmte Verrol zu. »Wieso?«
    »Und die Royal George Hall? Ist das der größte Veranstaltungsort in London?«
    Ollifer nickte. »Der größte und bekannteste.«
    »Also dann. Erinnert ihr euch denn nicht an Grannys letzte Vision?
Der größte Saal in der größten Stadt
. Da hat sie uns auftreten sehen.«
    »Sie sagte
Tausende feine Pinkel saßen in Reihen
«, erinnerte sich Ollifer. »
Alle so schön gekleidet, so eine Pracht

    »Wie die Plutokraten und ihre Freunde.« Purdy wurde immer lebhafter. »Das hat Granny vorausgesehen. Das ist es!«,
    »Vielleicht meinte sie
größte
nicht wörtlich«, schlug Astor ohne große Hoffnung vor.
    Purdy starrte sie an. »Wir haben ihr ein Versprechen gegeben, als sie im Sterben lag. Wir haben ihr versprochen, ihre Vision wahr werden zu lassen. Und jetzt müssen wir unser Versprechen einlösen.«
    Und das war’s; die Diskussion war beendet. Astor gefiel es nicht, und sie konnte sehen, dass es Verrol ebensowenig gefiel. Aber sie konnten wohl kaum gegen ein am Totenbett abgegebenes Versprechen anreden.
    »Ich teile den Swales unsere Entscheidung mit«, sagte Reeth triumphierend.

• 52 •
    Nach dem Frühstück hatte Astor nichts anderes zu tun, als sich wieder in ihr Abteil zu begeben. Sie war über die Entscheidung der Band deprimiert – aber noch deprimierter war sie, nachdem sie sich selbst in einem der Wandspiegel gesehen hatte: Der weiße Haaransatz war inzwischen um einen weiteren Zentimeter angewachsen, und ihr Gesicht war nicht mehr rund, sondern eingefallen. Sie fand, sie sah geradezu ausgemergelt aus.
    Sie legte sich auf das Bett, starrte an die Decke und lauschte dem gleichmäßigen Rhythmus der Zugräder. Am liebsten hätte sie geschlafen. Durch die Wand neben ihrem Bett konnte sie ganz schwach Musik hören. Mave spielte auf ihrem Melodium.
    Die Zeit verstrich. Astor wurde ihrer eigenen Gesellschaft so überdrüssig, dass sie aufstand und in den Korridor ging. In der einen Richtung lag Verrols Abteil, in der anderen Maves. Sie wäre zu Verrols Abteil gegangen, aber die Tür war zugeschoben und die Gardine vorgezogen. Maves Tür hingegen war nicht ganz geschlossen …
    Mave spielte jetzt nicht nur das Melodium, sondern sang auch dazu. Ihre Stimme passte zu ihrer Persönlichkeit, sehr weich und rein und bebend. Astor erkannte
Ghost of Love
, den Lovesong, den die Band gerade in ihr Repertoire aufgenommen hatte. Sie blieb stehen und lauschte.
    Geisterworte der Liebe für dich
,
    die du nicht hörst
.
    Ein Geist berührt dich in der Nacht
,
    nur ein Geist, nicht ich
.
    Geistertränen, die für dich fallen
,
    trocknen auf deiner Haut
.
    Der Geist sehnt sich so nach dir
,
    halt ihn von dir fern!
    Ich bin nur

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