Songkran
gegenüberliegenden Straßenseite lag, lächelte ihn an. Sein Magen knurrte. Zielstrebig steuerte Gun einen Platz unter einem Sonnenschirm an. Ein Gast hatte dort die neueste Ausgabe der Thai Rath auf dem Kunststofftisch liegen gelassen. Hastig blätterte Gun die Seiten um. Einen Artikel über die Schießerei in Bang Yai suchte er vergeblich. Merkwürdig! Warum schrieb die Presse nicht mehr darüber?
Er legte die Zeitung beiseite und ging zur Theke des Kaogaeng . Auf einem Tisch unter einer Glasscheibe waren Schüsseln mit frisch zubereiteten Thaigerichten angeordnet. Gun entschied sich für Hackfleisch und gedünstetes Gemüse, in dem Shrimps mitgekocht waren. Die freundliche Köchin schöpfte jeweils eine Kelle des Ausgewählten auf einen Teller mit Reis. Die Sitzplätze des Straßenrestaurants waren leer. Gun erkannte die günstige Gelegenheit für einen Plausch, da die Mittagspause der umliegenden Geschäfte noch nicht begonnen hatte.
„Sie arbeiten jeden Tag hier in dieser Straße?“, begann er beiläufig, als er sich hinsetzte und den Teller auf den Tisch stellte.
„Setzen Sie sich bitte“, bat er sie höflich.
„Seit über zehn Jahren hat meine Familie diesen Stand hier“, antwortete die fünfzigjährige Frau etwas zögerlich. Sie setzte sich auf den Sitzplatz gegenüber. Regelmäßig speisten uniformierte Polizisten des nahegelegenen Polizeireviers bei ihr. Zu denen hatte sie einen freundschaftlichen Draht. Aber wer war dieser fremde Polizeioffizier?
„Dann kennen Sie die Bewohner dieser Straße?“
„Die meisten essen bei mir“, antworte sie stolz.
„Das Essen ist ausgezeichnet“, lobte Gun nicht ohne Hintergedanken.
Gun verteilte zwei Teelöffel rötliches Chilipulver über seinen Teller. Er legte den Löffel zurück in das Glas mit dem Chilipulver.
„Hat auch der Student von gegenüber bei Ihnen gegessen?“ Gun deutete mit dem Zeigefinger in Richtung auf das zweistöckige Wohnhaus. Die Sicht auf das Fenster von Ukrists Einzimmerwohnung war durch die oberirdisch verlaufenden Kabel verdeckt.
„Ja, sehr oft sogar. Aber seit Monaten habe ich Pat nicht mehr gesehen.“
„Sein Spitzname ist Pat?“
„Ja. Hoffentlich ist nichts passiert mit ihm?“
Gun schüttelte den Kopf.
„Können Sie sich erinnern, wann Sie ihn zum letzten Mal gesehen haben?“, fragte er.
„Das muss im letzten Jahr gewesen sein.“
Gun überlegte kurz.
„Wie haben Sie sich das plötzliche Verschwinden von Pat erklärt?“
„Ich dachte er sei umgezogen. Vielleicht zurück zu seinen Eltern, die sollen sehr wohlhabend sein. Jedenfalls hatte er sowas Mal erwähnt.“
„Können Sie sich an Besuch erinnern?“
„Natürlich! Seine beiden Freunde Muu und Dam. Sehr nette junge Männer. Und sehr oft kam da noch ein schönes Mädchen dazu. Auch sehr sympathisch. Die Vier haben bei mir eingekauft und das Essen mit in die Wohnung genommen.“
Da war der Name Muu, die Bestätigung seiner These. Diese beiläufige Erwähnung des Namen Muu führte zu einer Verkrampfung von Guns Magenmuskulatur. Ein körperliches Symptom, dass er regelmäßig bei erhöhter Anspannung oder Aufregung bekam.
„Können Sie sich an den Namen des Mädchens erinnern?“ Das krampfhafte Ziehen im Magen verflüchtigte sich.
Sie grübelte. Entschuldigend schüttelte sie den Kopf. Gun nickte verständnisvoll und schob sich einen Löffel scharf gewürztes Hackfleisch in den Mund. Er wusste, dass er zu scharf aß. Das Brennen beim morgendlichen Stuhlgang erinnerte ihn immer daran. Er schaute auf seine Armbanduhr. Die Zeit drängte. Das Lumphinirevier war ohne Stellenleiter. Gun hatte seinen Stellvertreter Mex zu einem Polizeiseminar in der Polizeiakademie verdonnert. Die Fortbildung sollte die Polizei für das erwartete Verkehrschaos während der Songkrantage sensibilisieren. Seit Jahren explodierte die Anzahl der Verkehrstoten während der Festtage im April. Meist war übermäßiger Alkoholkonsum die Ursache.
„Eine letzte Frage: War die Polizei in Pats Wohnung?“
Die Kaogaeng -Besitzerin schüttelte den Kopf. Gun erhob sich und drückte ihr 30 Baht in die Hand.
„Warten Sie!“, rief sie ihm nach, als er gerade ein Taxi rufen wollte. Sie rannte zu ihm.
„Letztes Jahr, ich glaube es war zu der Zeit als Pat verschwand.“
„Im Oktober?“
„Ja...“ Als Sonnenschutz hielt sie eine Hand über ihren Kopf, der leicht zur Seite geneigt war. Plötzlich zögerte sie, als ob es besser wäre zu schweigen. Gun spürte, dass sie Angst
Weitere Kostenlose Bücher