Sonne, Meer und Bea (German Edition)
gesetzt hat.
»Das ist jetzt aber nicht unserer?«, schreie ich ihn an.
»Doch! Nimm die Beine in die Hand! Das schaffen wir!«
Was sollen wir schaffen? Meint Paul im Ernst, wir springen noch auf den Zug auf?
»Komm endlich, der ist doch noch ganz langsam!« Paul läuft mit großen Schritten neben dem Zug her. Er greift nach einem Metallbügel an einer offenen Tür und schwingt sich leichtfüßig auf das Trittbrett. Mir drückt die Last meines Rucksackes schwer auf den Schultern und ich komme kaum voran. Ich stolpere vorwärts und versuche das Tempo anzuziehen, damit ich auf die Höhe der Tür komme. Paul hat inzwischen seinen Rucksack in den Wagen geschmissen und hält mir seine Hand entgegen.
»Super, Maja, gleicht hast du es geschafft!«
Ich blicke stur auf seine rettenden Finger, ignoriere den stechenden Schmerz in meinen Eingeweiden und mobilisiere ein letztes Mal meine Kräfte. Ich greife nach seiner Hand, meine Füße stoßen sich wie von selbst ab, Paul zieht einmal kräftig und ich erreiche mit einem Satz das rettende Trittbrett. Noch ein großer Schritt und ich stehe im Waggon. Ich lasse meinen Rucksack zu Boden krachen und ringe um Atem.
»Wow, Maja, das war großartig! Fantastisch hast du das gemacht!« Mein Freund strahlt mich begeistert an und klopft mir anerkennend auf die Schulter. Er ist mächtig stolz auf mich! Ich sehe an seinem Blick, dass er mich am liebsten fest in die Arme schließen würde, aber das geht leider nicht. Um uns herum stehen mehrere junge Männer und starren uns an. Keuchend winke ich ab.
»Ach, das war doch nichts!«, grinse ich und merke, wie der Stolz auch von mir Besitz ergreift. Das habe ich wirklich toll gemacht! Von mir selbst beflügelt schultere ich erneut meinen Rucksack und wir machen uns auf, unsere Sitzplätze zu suchen.
Der Zug hat inzwischen sein Höchsttempo erreicht und rattert behäbig vor sich hin. Wir kämpfen uns durch die vollen Abteile, an Pilgerern und allerlei Touristen vorbei. Alle strömen sie zum heiligen Fluss.
Nach einer Ewigkeit stoßen wir endlich auf unsere Fensterplätze. Ich bin klatschnass. Meine Bluse klebt an meinem durchschwitzten BH und meine Hose schrubbelt bei jedem Schritt an meinen Beinen. Schnell verstaue ich meinen Rucksack und lasse mich erschöpft auf meinen Platz fallen.
Ich lehne mich gemütlich zurück und lege meine Füße gegenüber an Pauls Seite. Er rümpft seine Nase.
»Oh, sorry. So schlimm?« Ich ziehe meine Beine zurück.
»Ach Quatsch. Nach deiner Heldentat dürfen deine Füße ruhig etwas muffeln. Komm, gib sie mir zurück! Dann lege ich meine zu dir.«
Gesagt, getan. Jedoch geht von seinen riesigen Füßen ebenfalls ein unschöner Geruch aus. Ich halte es kaum aus. Aber mich jetzt deswegen zu beschweren ist wohl nicht angebracht. Ich leide still.
Paul lächelt mich glücklich an und schaut danach zum Fenster raus. Gedankenverloren spielt er mit meinen klebrigen Zehen. Das muss Liebe sein. Gerne würde auch ich rausschauen, aber dazu müsste ich meine Nase direkt über Pauls Füße halten. So begnüge ich mich damit, in den Gang zu blicken und die anderen Fahrgäste zu beobachten. Es ist sowieso dunkel draußen. Die Nacht kann lang werden.
Die Familie gegenüber vom Gang packt gerade ein großes, in Zeitungspapier eingeschlagenes Paket aus. Zum Vorschein kommt ihr Abendessen, über das sich alle Familienmitglieder sogleich hermachen. Der kleine Junge bekommt von seiner Mama Stücke vom Chapati abgerissen, ins Essen getaucht und in den Mund geschoben. Er schmatzt zufrieden.
Während die Familie sich zu elft in einem Abteil stapelt, wird das Nebenabteil von drei Italienern belagert. Einer liegt oben auf einer der beiden Pritschen, auf der anderen sind drei Rucksäcke und mehrere Taschen deponiert. Während der Obere bereits schläft, blättern die beiden anderen auf den Bänken lustlos im Reiseführer.
Paul hält derweil ein kleines Nickerchen. Ich versuche mich auch zu entspannen und rutsche im Sitz nach unten. Gelangweilt beobachte ich weiter die Szenerie und bin froh über die Ablenkung, als der Kontrolleur erscheint und ich Paul anstupsen muss, damit er unser Ticket vorzeigt.
Gewissenhaft kontrolliert der Schaffner unsere Fahrkarte und hakt uns auf seinem Klemmbrett ab. Anschließend wendet er sich der Familie neben uns zu. Er blickt auf seinen Zettel, schaut zu den Italienern und diskutiert mit dem Familienvater. Der winkt ab und sagt wiederholt: »no problem!«
Der Kontrolleur gibt sich
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