Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Sonne, Meer und Bea (German Edition)

Sonne, Meer und Bea (German Edition)

Titel: Sonne, Meer und Bea (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Helen Christopher
Vom Netzwerk:
als es ums Bezahlen geht, will er 112 Rupien von uns. Wir denken, er verwechselt uns und sagen ihm, dass wir nichts gegessen hätten, nur Tee und Kaffee getrunken. Doch er antwortet, das sei der normale Preis: »Tea is very expensive in India!«
     Wäre ich nicht so verblüfft und verärgert, ich wäre wohl in schallendes Gelächter ausgebrochen. Aber es stellt sich heraus, dass er seine Abzocke völlig ernst meint. Und da Tee nicht in der Speisekarte steht, können wir ihm auch nichts entgegensetzen. Paul beginnt mit ihm zu diskutieren, aber der Restaurantbesitzer geht auf seine Argumente überhaupt nicht ein, sondern wiederholt hartnäckig; » You had the tea , you have to pay!«
    Mir wird es zu bunt. Ich mache eine riesen Szene, zetere herum und werde immer lauter. Mein Herz schlägt bis zum Hals. Auch Paul steigert seine Lautstärke. Langsam beginnt es dem Mann, unangenehm mit uns zu werden. Er versucht einzulenken und dennoch sein Gesicht zu wahren: » Okay, I give you discount, pay 50 Rupies. « Aber da hat er seine Rechnung nicht mit Paul gemacht. Der fördert aus seiner Hosentasche Kleingeld zutage und knallt ihm exakt 24 Rupien auf den Tisch. Mit einem schnippischen Kommentar verlassen wir den Laden. Schade, dass man in Indien wohl nur zu seinem Recht kommt, indem man einen gehörigen Aufstand macht.
    Die Überraschungen des Tages sind damit noch nicht zu Ende. Bei der Rückkehr ins Hotel erwartet uns auf der Holzverkleidung in unserem Zimmer eine große dunkelbraune Spinne. Als wir den Raum betreten, sehe ich sie zunächst nicht. Erst als sie sich plötzlich in Bewegung setzt und die Wand entlang krabbelt, erschreckt sie mich. Ich schreie und springe aufs Bett. Paul reagiert schnell und scheucht die Spinne zur Tür heraus. Ich dachte, er hätte sie dann von unserer zweiten Etage ins Erdgeschoss befördert, aber nein, stattdessen sagt er mir: »Ach, die ist nach links weggerannt, die kommt schon nicht wieder.«
    »Ist sie jetzt weg, oder nicht?«, hake ich nach.
    »Ich sehe sie nicht mehr!«
    »Wo ist sie hin?«
    »Na, nach links weg, hab ich doch schon gesagt.«
    »Die kommt doch bestimmt wieder!«
    »Dazu hat sie doch gar keinen Grund. Die sucht sich ein neues Plätzchen.«
    »Geh gucken, wo sie hin ist! Ich will das genau wissen!«
    »Maja, du spinnst! Ich laufe doch jetzt nicht einer Spinne hinterher! Die ist weg!«
    »Die kommen aber immer wieder. Ich kann heute Nacht kein Auge zumachen, wenn ich nicht genau weiß, wo sie hin ist. Bei dem Holz kann sie doch überall sein!«
    »Jetzt flipp mal nicht aus, Maja. Du bist ja völlig paranoid!«
    »Paranoid? Na danke! Ich bin nur realistisch. Und ich hatte schließlich recht mit meinem Gefühl, dass hier Tiere im Hotel sind.«
    »Paranoia zieht Tiere an. Wer nach Spinnen sucht, findet auch welche!«
    »Du bist so ein Arschloch! Als wäre das meine Schuld. Du hast doch die Spinne nicht richtig entsorgt! Das ist schließlich deine Aufgabe!«
    »Ich weiß nicht, was du hast, Maja. Ich habe dich immerhin vor der Spinne gerettet. Jetzt brauchst du hier keinen Aufstand machen und mich beleidigen. Wenn du weiter rumschreist, kümmere ich mich um die nächste Spinne nicht mehr!«
    Das ist eine böse Drohung, aber ich will es mir mit Paul nicht verscherzen. Ich versuche mich zu beruhigen und lenke ein. Als wir ins hoteleigene Restaurant gehen, ist der Ärger fast schon wieder vergessen. Die Spinne sehe ich am Abend zum Glück nicht mehr.

Paul
    Das mit der Spinne war jetzt nicht mein Fehler. Sie ist freiwillig aus dem Zimmer gelaufen, irgendwohin nach links. Wer konnte denn schon ahnen, dass sie wiederkehrt und innen an unserem Türrahmen auf Maja lauert? Anscheinend Maja, die sogleich erneut einen riesigen Aufruhr machen muss. »Ich hab's dir ja gesagt …«, »Du kannst doch nicht …«, »Wieso hast du nicht …« und so weiter. Sie triumphiert, dass sie recht hatte. Ich muss wohl oder übel klein beigeben und verspreche ihr, das nächste Mal etwas sorgsamer zu sein. Aber meine Stimmung ist erst einmal dahin. Wie kann man aus einer solchen Lappalie so einen Aufstand machen? Ich verstehe Maja nicht. Ich nehme ein Glas, stülpe es über die Spinne, klemme die Speisekarte vom Nachttischschrank darunter und befördere sie die Veranda hinunter in den grünen Innenhof.
    »Ich hoffe, du bist jetzt glücklich?«
    Maja schmollt zufrieden. Wir gehen gemeinsam hinunter zum Frühstück. Alu Paratha steht heute an. Mein erstes indisches Frühstück seit ein paar Tagen. Maja

Weitere Kostenlose Bücher