Sonne, Schnee und Tote
los? … Die Polizei ist im Anmarsch.
Wiederhole. Die Polizei ist … Wenn du dich nicht meldest … Du weißt schon…“
Ehe
die Stimme weitere Informationen preisgeben konnte, sprang Imar nach vorn
zertrümmerte es unter seinen schweren Schuhen und fluchte.
„Mist!
Du hast es gehört, Bloemberg. Polizei. Wir wollen doch nicht, dass uns deine
Freunde hier finden. Ich könnte wetten, dass du das alles eingefädelt hast. Und
weißt du, was du dafür verdienst? Eine Kugel in den Kopf. Hier und jetzt … aber
das geht nicht ... schöne Scheiße, was ?. Also,
vorwärts jetzt. Beeilung. Beeilung.“
Bloemberg
duckte sich durch die Tür und durchquerte den schmalen Gang. Er erreichte die
zwei Stufen, die in die weite, unterirdische Halle führten. Draußen tobte immer
noch das Gewitter und die ganze Ebene stand mittlerweile knietief unter Wasser.
Niandee lehnte neben ihm an der nahen Wand und zitterte. Zu ihren Füßen standen
zwei vollbepackte Rucksäcke.
„Einen
davon nimmst du, Bloemberg“, entschied Imar, der hinter ihm aus dem Gang kam,
und drückte, um dem ganzen Nachdruck zu verleihen, die Pistole an Kees‘
Schläfe.
„Schon
verstanden“, murmelte Kees und fragte sich dabei unwillkürlich, welchen Sinn es
machte, die beiden zu unterstützen. Denn wenn sie erreicht hätten, was sie
wollten, wäre ihr nächster Schritt, dafür zu sorgen, dass er starb. Nur ein
Idiot konnte daran glauben, dass sie ihn laufen ließen.
Nein,
das werden sie gewiss nicht. Nicht nach all den Dingen, die hier unten
geschehen sind.
Die
Frage war einzig, war er für sie derart bedeutend, dass sie nicht auf ihn
verzichten konnten, oder war er doch nur ein notwendiges Übel, das - als
Packesel fungierend - ihren Komplizen Karim hier hinausschaffte. Und wenn ja,
wie viel Wert legten die beiden darauf, dass Abusif hier tatsächlich rauskam?
Wären sie bereit, ihn zu opfern, wenn es sein musste oder für den Fall, dass
Bloemberg rebellierte? Kees mochte es Niandee kaum zutrauen. Schließlich war es
ihr Ziel gewesen, ihn zu retten und gleichzeitig den Stoff mitzunehmen. Ihre
berechnende Art jedoch ließ ihn zweifeln, zumal da auch noch Imar war. Der
schien keine Skrupel davor zu haben, Karim seinem Schicksal zu überlassen und
Bloemberg zu erschießen.
Kees
blinzelte. Er kam auf kein schlüssiges Ergebnis, schob das „Was wäre
wenn“-Gedankenspiel beiseite, nahm den Rucksack und watete an Niandee vorbei
hinunter ins Wasser. Er glaubte sie etwas flüstern zu hören, das nach „Tut mir
leid, Bloemberg. So sollte es nicht laufen“ klang, aber er machte sich nicht
die Mühe, sich zu ihr umzudrehen und nachzufragen.
„Nicht
so schnell, Bromsnor “, warnte Imar, als Kees bereits einige Meter
zurückgelegt hatte. Er schulterte den zweiten Rucksack und überholte Kees.
„Niandee
du behältst ihn im Auge. Ich gehe voran.“
Das
Wasser war kalt und stieg sekündlich an. Ihr Vorankommen gestaltete sich
schwierig. Hindernisse unter der Wasseroberfläche machten Kees zu schaffen. Er
konnte sie in der braunen Brühe nicht erkennen und bemerkte sie erst, wenn es
zu spät war. Immer wieder lief er Gefahr zu stürzen, stolperte nach vorn und
ging in die Knie. Die Leuchtstoffröhren an der Decke flackerten. Donner um
Donner grollte von draußen herein. Kees hörte die vom Himmel fallenden
Wassermassen unablässig rauschen. Das Prasseln wurde hier unten von den Wänden
noch verstärkt. Die Luft war feucht und stank. Imar entschied sich für einen
Weg an der linken Wand entlang, vorbei an einer langen Reihe leerer blauer
Werkzeugregale. So hatten sie immer einen Bezugspunkt und eine Möglichkeit, sich
abzustützen, wenn sie eine Pause brauchten.
Sie
kamen nur schleppend voran. Imar in Front schob die gröbsten Hindernisse
beiseite. Kees bemerkte, wie der geschulterte Karim mit jeder Minute doch
spürbar schwerer wurde und hinter seinem Rücken hörte er, wie Niandee, je
länger sie unterwegs waren, unter Schmerzen stöhnte. Ihr Atem ging flach und
unregelmäßig. Imar nahm darauf keine Rücksicht. Die Polizei war am
Wilhelmina-Pier, möglicherweise sogar bereits im Gebäude und er hatte offenbar
nicht vor, sich zu stellen. Also trieb er sie immer wieder an. Kees folgte ihm,
doch Niandee blieb immer weiter zurück. Gemeinsam passierten sie das
Treppenhaus, ohne dass Imar den Aufgang eines Blickes würdigte. Dafür legten
sie eine kurze Pause ein, damit Niandee zu ihnen aufschließen konnte. Ihr
Gesicht war mittlerweile kreideweiß, die
Weitere Kostenlose Bücher