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Sonne, Schnee und Tote

Sonne, Schnee und Tote

Titel: Sonne, Schnee und Tote Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christian Biesenbach
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alles Mögliche angeheftet war und ein Eckregal bestimmten das
Bild des Zimmers. Über einem alten Holzstuhl an der Wand hing ein Foto, das
Bert van Helig und ihn während eines Jahre zurückliegenden Segeltörns zeigte. Und hinter dem Aktenschrank versteckt, unter
der Wanduhr hing sein Abschlusszeugnis, das ihn als jahrgangsbesten
Polizeischulabsolventen auszeichnete. Kees drehte sich mit seinem Stuhl herum,
schaute durch das Fenster an der rückwärtigen Wand nach draußen und
beobachtete, wie (zwei Stockwerke tiefer auf der Prins-Frederick-Henry-Straat )
Autos Stoßstange an Stoßstange im Schritttempo durch den Regen fuhren. Auf den
Bürgersteigen eilten Menschen mit aufgespannten Schirmen durch das schlechte
Wetter. Es war das allmorgendliche Verkehrschaos Rotterdams.
    Frederick
Maartens verspätete sich, wie er es des Öfteren tat. Bloemberg war unzufrieden.
Er hatte sich in seiner bisherigen Berufslaufbahn bislang nicht ein einziges
Mal zu spät zum Dienst gemeldet.
    Erst
um Viertel vor neun klopfte es und der Commissaris trat ein.
    Auf
Bloembergs Schreibtisch lag - in einer Mappe abgeheftet - die vorläufige
Aufbereitung aller nützlichen Spuren, die man am Tatort sichergestellt hatte.
Die Spurensicherung hatte sich ins Zeug gelegt und den ganzen Sonntag auf die
Zusammenstellung der wichtigsten Ergebnisse verwendet. Außerdem war eine Notiz
daran geheftet, dass das Labor im Laufe des Tages einen Bericht über die
Zusammensetzung des Schneeballs fertigstellen würde.
    Maartens,
der sich die morgendliche Begrüßungsfloskel sparte und stattdessen mies gelaunt
das Wetter und den Verkehr verfluchte, warf eine zusammengefaltete Zeitung auf
den Aktenberg.
    „Ist
ein nettes Foto von uns drin. Ne ganz miese Geschichte. Jetzt versteh ich auch,
wieso du nach unserem Zusammenstoß sofort ins Gebäude getürmt bist“, schnaubte
er.
    Kees
sah ihn streng an, sagte aber nichts. Fred erwiderte seinen Blick mit der für
ihn typischen Mimik. Aus seinem Gesicht konnte man die Sätze förmlich
herauslesen.
    „Ich
sehe, dass du gereizt bist, aber ich weiß nicht wieso. Bin halt ein paar
Minuten zu spät dran, aber wen kümmert‘s?“
    Statt
den Fehler zu machen, eine Diskussion darüber entbrennen zulassen, deutete der
Inspecteur auf den Stuhl an der Wand.
    „Oh,
ich darf mich setzen. Wie freundlich, Herr Vorsitzender“, stichelte der
Commissaris und nahm sich den Stuhl. Bevor er ihn jedoch zurecht schob, um sich Kees direkt gegenüberzusetzen, fiel sein Blick auf das Foto und
blieb dort hängen. Ihm entfuhr ein wenig schmeichelhaftes „Tzzz“.
    „Was
ist dein Problem?“, fragte Kees schroff. Fred ließ sich trotzig nieder und
antwortete auf seine Art.
    „Mein
Problem ist, dass ich jetzt weiß, wem ich die hier zu verdanken habe.“
    Er
strich sich über den Hinterkopf und deutete auf die genähte Platzwunde.
    „Was
meinst du damit?“
    „Was
ich damit meine, Herr Kollege? Na, sehen Sie es sich doch selbst an.“
    Der
Commissaris beugte sich nach vorn, nahm die Zeitung, die er eben erst hatte
fallen lassen, und warf sie Kees entgegen.
    Auf
der zweiten Seite des regionalen Käseblättchens fand er den Grund für Freds
Aufgebrachtheit. In einem ganzseitigen Artikel mit der Überschrift „Mord am
Wilhelmina-Pier“ waren die Vorgänge des Wochenendes beschrieben worden, aber in
einer dermaßen unglaubwürdigen, reißerischen Art und Weise, dass die Krümel,
die der Wahrheit entsprachen, nicht mehr zu entdecken waren. Der Autor des
Artikels hatte eine blühende Fantasie bewiesen. In der Mitte der Seite prangte
ein Foto, auf dem es so aussah, als würden er und der Commissaris aufeinander
losgehen. Das Bild war untertitelt mit: Unorthodoxe Ermittlungsmethoden.
Polizisten prügeln am Tatort aufeinander ein. Eskalierender Streit der
ermittelnden Beamten lässt Zweifel an der Seriosität der Polizeiarbeit
aufkommen. Commissaris trägt leichte Kopfverletzung davon.
    Kees
überflog den Artikel noch einmal, dann legte er die Zeitung aus der Hand.
    „Das
kann doch nicht dein Ernst sein. Du lässt dich von diesem Abenteuerjournalisten
tatsächlich hinters Licht führen.“
    „Einen
Scheiß tu‘ ich. Gucken Sie sich das Bild doch an, das lügt sicher nicht. Und
zukünftig heißt es bitte wieder Herr Maartens oder Commissaris, das mit dem Du
ist jetzt vorbei.“
    Kees
winkte ab. Er war nicht an einer weiteren Ausdehnung dieses sinnlosen Streites
interessiert.
    „Wie
auch immer, Commissaris. Wir haben Wichtigeres zu tun. Es

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