Sonne, Schnee und Tote
eine
Kontaktperson, nur für den Fall der Fälle“, betonte er und warf zuerst Nasingh
dann Bloemberg einen erwartungsvollen Blick zu.
„Rufen
Sie mich an, wenn es Schwierigkeiten gibt“, erklärte sich Niandee schließlich
bereit. „Haben Sie was zum Schreiben?“
Der
Arzt schüttelte den Kopf. Bloemberg half beiden aus der Klemme, zückte
Notizzettel und Stift, beides hatte er bei Nasridim Hadosh mitgehen lassen.
Nachdem
der Arzt im Besitz von Nasinghs Kontaktdaten war, verabschiedete er sich,
hastete in den Regen hinaus, stieg in sein Auto und fuhr unter Blaulicht davon.
Bloemberg
blieb mit der jungen Frau allein im Eingangsbereich zurück. Von Claas Mesu
fehlte jede Spur. Vermutlich hatte er sich nach den Erlebnissen in der vierten
Etage erst einmal hinlegen müssen. Bloemberg war aufgrund seiner Abwesenheit
jedoch nicht böse. Wenige Minuten hatten ausgereicht, um Kees das Bild eines
bornierten, unsympathischen Alten zu vermitteln, der in einer Welt voller
Vorurteile lebte. Er konnte gut auf den Kommentar eines solchen Menschen zu den
vorangegangenen Ereignissen verzichten.
„Ich
verstehe das nicht“, sagte Niandee endlich und fingerte dabei eine weitere
Zigarette und ein Feuerzeug aus ihren Hosentaschen.
„Er
hätte sie nie länger alleine gelassen. Wollen Sie auch eine?“
Sie
hielt ihm die Packung hin, aber er griff nicht zu.
„Nein,
danke. Ich rauche nicht mehr seit … Na ja, egal. Ich denke, wenn Karim einen
guten Grund hatte, um unterzutauchen, vielleicht doch.“
„Karim?
Wohl kaum. Er hat seine Großmutter geliebt, mehr als alles andere.“
Niandee
unterbrach sich und sog unruhig an dem Glimmstängel zwischen ihren Fingern.
„Außerdem, welcher Grund müsste das sein, der ihn dazu treibt, Aiche im Stich
zu lassen?“
Bloemberg
zuckte mit den Schultern und antwortete dann: „Mord zum Beispiel.“
Die
junge Frau gab ein Geräusch von sich, das eine Mischung aus verächtlichem
„Pfff“ und der Andeutung eines höhnischen Lachens war.
„Glauben
Sie mir, Inspecteur. Karim wäre der Letzte, der irgendjemanden umbringen
würde.“
„Das
mit dem Glauben ist bei der Polizeiarbeit leider nicht immer so einfach. Es
zählen allein Fakten und die wenigen, die wir bislang gefunden haben, deuten
zumindest darauf hin, dass Karim Abusif der Tat am Wilhelmina-Pier verdächtigt
werden kann.“
Niandee
schüttelte heftig den Kopf.
„Das
kann nicht sein. Ich kenne Karim. Er … er würde einfach nicht …“
Ein
heranrollendes Polizeiauto stoppte genau vor dem Hauseingang. Die
Warnblinkanlage wurde ein und der Motor ausgeschaltet. Die beiden Insassen
stiegen aus. Einen der beiden kannte Kees Bloemberg hinlänglich, der andere
schien lediglich ein zur Verstärkung abgestellter Surveillant zu sein. Joos
Braansman machte einen säuerlichen Eindruck, als er auf sie zuschritt. Der
kleine drahtige Mann mit dem strengen Gesichtsausdruck hatte zwar ohnehin
selten gute Laune, wenn man dem Gerede der Kollegen Glauben schenkte, doch
gerade jetzt war sie offenbar besonders schlecht.
„Erklären
Sie mir das!“, raunzte er zur Begrüßung, als er den Eingang erreicht und
darunter vor dem schlechten Wetter Schutz gesucht hatte.
„Was
machen Sie denn immer noch hier? Ich hatte Van Houden deutlich gesagt, er soll
Sie zurückpfeifen. Wie kommen Sie dazu, in meinem Revier ohne vorige Erlaubnis
zu ermitteln? Was ist mit der alten Frau und wo ist Claas Mesu?“ Bei jeder der
Fragen tippte er dem Inspektor den Zeigefinger intensiver gegen die Brust,
obgleich dieser ihn um nicht weniger als eine Kopflänge überragte.
Bloemberg
reagierte gelassen. Er war in dieser Angelegenheit ganz klar in einer Position,
die sich nicht für Diskussionen mit einem ranghöheren Polizisten eignete.
„Ich
war nur in der Gegend, um mit jemandem zu reden. Karim Abusif. Ihn selbst habe
ich leider nicht angetroffen, aber bei der Durchsuchung der Wohnung haben wir
immerhin seine halb verdurstete Großmutter gefunden und sofort den Notarzt
verständigt. Also nichts für ungut. Ich weiß jetzt, was ich wissen wollte und
bin hier fertig.“
„Nichts
für ungut? Bloemberg, richtig?“
Kees
nickte.
„Also
passen Sie auf, Bloemberg. Andere sind für die Übertretung von
Dienstvorschriften schon suspendiert worden. Ich werde mich noch einmal mit Van
Houden unterhalten und hoffe sehr, dass der Ihnen kräftig in den Arsch tritt.“
„So
soll es sein“, entgegnete Bloemberg. Währenddessen kramte er in den Taschen
seines Mantels
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