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Sonne, Schnee und Tote

Sonne, Schnee und Tote

Titel: Sonne, Schnee und Tote Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christian Biesenbach
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sah dem
Vogelschwarm nach, verlor aber schnell das Interesse an den sich entfernenden
Tieren. Er saß Bert gegenüber, zwischen den beiden stand bloß die Kühlbox,
dennoch waren, bis zu diesem Zeitpunkt, nur wenige Worte gefallen.
    Während
Bert die Anny gesteuert und dabei unmelodisch gepfiffen hatte, hatte
Kees sich damit begnügt, abwechselnd Bert zu beobachten und aufs Meer zu
schauen. Zum einen versuchte er herauszufinden, ob er dem Mann, dem er am
meisten vertraute, von seinem schmerzhaften Eheaus berichten konnte, dann
wiederum musste er Bert dazu bewegen, mit ihm über Imar und Namir zu sprechen
und letztendlich machte er sich auch Sorgen, denn Bert sah nicht gut aus. Zwar
wirkte er nicht wirklich krank, aber ebenso wenig richtig gesund. Auch wenn er
es vorhin bestritten hatte, so konnte Kees sich dem Eindruck nicht erwehren,
dass Bert irgendwie ausgemergelt und müde aussah. Unter seinen Augen zeichneten
sich tiefe Schatten ab.
    Als
Bert auch nach Minuten des Schweigens nicht den Eindruck machte, er wolle am
heutigen Tage noch einmal den Mund aufmachen, um mehr damit zu tun, als vor
sich hin zu summen, ergriff Kees das Wort.
    „Keine
schlechte Art, seine Arbeitszeit herumzubekommen“, sagte er und erntete dafür
nur ein einfaches „Hm“. Danach legte Bert den Kopf in
den Nacken, schloss die Augen und genoss die Sonnenstrahlen.
    Die
Reaktion war so offensichtlich gegen eine Kommunikation ausgerichtet, dass Kees
sich beinahe wieder darüber aufregte. Aber er wusste zu gut, dass Bert
grundsätzlich nur redete, wenn er Lust dazu hatte. Es war eine der vielen
Eigenheiten dieses Mannes und mit dem Verweis auf seinen Dienstgrad und seine
Pflichten, den Chefinspektor raushängen zu lassen, wäre daher kontraproduktiv
gewesen. Mehr als ein müdes Lächeln und einen abfälligen Kommentar hätte er dem
Van Helig damit jedenfalls nicht entlockt.
    „Du
siehst ein bisschen fertig aus, Bert, wenn ich ehrlich sein soll“, merkte Kees
an.
    Bert
blinzelte, warf ihm einen Blick zu und schloss die Augen danach wieder.
    „Is‘
das also so“, murmelte er.
    „Ja.
Du siehst echt nicht gut aus. Ist alles in Ordnung bei dir?“
    „Na
ja. Na, ja. Wie das blühende Leben siehst du auch nich‘ aus, Kees“, war die
lapidare Antwort. Darauf folgte ein paar Sekunden nichts und dann sagte Bert:
„Weiß‘ du, Kees. Ich mag die Luft hier. Ich mag’s mitten auf dem freien Wasser
zu sein. Ich mag die Ruhe. Als ich vor acht Jahren nach Veere gekommen bin,
hab‘ ich mir geschworen: alles, was bis dahin in Rotterdam passiert is‘, davon
will ich nix mehr wissen. Ich hab‘ haufenweise brenzlige Situationen erlebt in
den Vierteln, selbst in meiner Segelschule am Stadtrand. Ich hab‘ mit alldem
abgeschlossen. Bin froh, dass ich überlebt hab‘. Für mich geht’s nur noch
darum, das bisschen Leben, was ich noch hab‘, zu genießen. Das ist, was ich
tu‘, Kees. Ich genieß‘ mein schäbiges, ewig währendes Junggesellenleben. Und
der Einzige, der in den letzten Jahren versucht hat, mir das mürbe zu machen,
is‘ mein Hausarzt. Der ermahnt mich immer wieder, bewusst zu essen, wenig zu
rauchen und zu diesem ganzen Gesundheitskram.“
    „Er
hat sicher recht damit.“
    „Pah!
Ein schmieriger Blutsauger is‘ der. Freut sich jedes Mal, mir irgendwelche
Untersuchungen aufzuschwatzen.“
    Bei
dem Satz beugte sich Bert nach vorne, schaute Kees direkt in die Augen,
unterdrückte dabei ein Husten und bestätigte den Inspektor nur in seinen
Befürchtungen.
    „Ich
sag‘ dir was, Kees. Vertrau‘ keinem Arzt, den du nicht selbst bestochen has‘
oder so ähnlich.“
    „Ist
wirklich alles in Ordnung mit dir?“
    „Alles
halb so wild“, winkte Bert ab, öffnete die Kühlbox und beförderte zwei Flaschen
Bier ans Tageslicht. Kees warf einen flüchtigen Blick in die Box und konnte
abgesehen, von dicht an dicht gestapelten Flaschen keinen anderen Inhalt
entdecken. Bert grinste.
    Nachdem
der Hafenmeister beide Flaschen gekonnt an einem Feuerzeug geöffnet hatte, bot
er Kees eine davon an. Der Inspektor nahm sie nur zögernd. Er war im Dienst und
im Dienst trank man keinen Alkohol.
    Erst
Berts Kommentar: „Junge, Junge, Junge. Ein Bier is‘ kein Bier. Es is‘ Jahre
her, dass wir gemeinsam was getrunken haben“, ließ ihn über den Zweifel
hinwegsehen. Und so prosteten sie sich bei schönstem Sonnenschein zu, lobten
die guten alten Zeiten und setzten die Flaschen endlich an die Lippen.
    Kees
trank bedächtig, Bert hingegen leerte sein

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