Sonne, Wind und Mord (German Edition)
überall zerrissen, Schürf- und Schnittwunden
fanden sich überall an seinem Körper. Die nassen Haare waren zerzaust und
hingen wild durcheinander. Kurzum: Er bot einen grausamen Anblick. Der
Inspektor rutschte instinktiv nach hinten, bis er den Schreibtisch in seinem Rücken
spürte und sich dagegen sinken ließ.
„Sehr gut, Inspektor Bloemberg Sie sind wohl
doch lernfähig“, sagte Jon zufrieden und stand auf, um den Auftragskiller zu
begrüßen.
„Du bleibst sitzen, du Streuselkuchen!“,
brüllte Joe angespannt und richtete die Waffe jetzt auf den schmächtigen
Informatiker. Der war kurz geschockt, begriff aber schnell.
„Sachte, sachte… Joe, lassen Sie mich das
erklären. Wenn Sie erlauben, ich…“
„Halt die Schnauze! Sonst setzt es was.“
„Joe, Joe, Joe… haben Sie es denn immer noch
nicht begriffen, Sie arbeiten in meinem Auftrag“, ließ sich Jon nicht
einschüchtern und lächelte ihn zuversichtlich an. „Wenn Sie erlauben, beweise
ich es Ihnen.“ Jon ging hinüber zum Schreibtisch und schnappte sich ein kleines
schwarzes Gerät mit einem Mikrofon und einem kleinen Lautsprecher. Ein
unscheinbares Ding, das einen äußerst billigen, wenig hochtechnologischen
Eindruck machte.
„Ich hab gesagt, du sollst die Schnauze halten
und sitzen bleiben!“, brüllte Joe aus vollem Hals noch mal. Sein Gesicht zeigte
deutlich, dass er mit seiner wenigen Geduld jetzt am Ende war.
„Gleich… Joe… passen Sie nur auf!“
Jon setzte sich schnell zurück auf seinen
Sessel, knipste das Gerät an und sprach dann ins Mikrofon. Bloemberg zuckte
zusammen. Die Stimme des Auftraggebers hallte durch den Raum, rau und eiskalt,
genau wie er sie am Telefon kennengelernt hatte.
„Glauben Sie mir jetzt, Joe? Ich gestehe, dass
diese modernen Stimmenverzerrer etwas sehr Nützliches an sich haben, auch wenn
sie eigentlich nur kleine Scherzartikel sind. Aber wie Sie sehen… Joe, kann man
damit hervorragend die Leute täuschen, vor allem wenn man so oft mit ihnen
kommunizieren muss wie heute. Dieses Exemplar habe ich für weniger als zehn
Euro im Internet ersteigert und es ist dennoch faszinierend, wie sich die
Menschen von einer Stimme beeinflussen lassen. Wahnsinnig interessant. Darüber
sollte man einmal eine Forschungsreihe in Auftrag geben. Aber nicht jetzt.“ Jon
lächelte selbstsicher, ehe er sich - wie selbstverständlich - wieder aus seinem
Sessel erhob und weiterredete.
„Ich muss schon sagen, heute ist Ihr
Glückstag… Joe. So wie es aussieht, haben Sie Ihren stämmigen arabischen Freund
auch aus dem Weg geräumt… sehr gut… Für 150000 Euro hätte ich vermutlich
ähnlich gehandelt.“
„Bloemberg hat ihn auf dem Gewissen“, zischte
Joe höchst verärgert. Jon ignorierte den neuerlichen Wutausbruch.
„Wie auch immer… Sie haben Ihren Auftrag ganz
vorzüglich ausgeführt. Sie haben mir die Zielperson direkt in die Arme
getrieben... ich bin sehr zufrieden.“ Jon lächelte weiterhin und ging hinüber
zum Schreibtisch. Joe war verwirrt, ebenso wie Inspektor Bloemberg, der die
Welt nicht mehr verstand. Linda schüttelte nur verachtend den Kopf. Der
Unbekannte, der neben ihr saß, sah zu; scheinbar fasziniert wie selbstsicher
Jon sich in dieser brenzligen Situation verhielt.
„Ich sehe ein, dass Sie verwirrt sind, Joe“,
sagte der Informatiker, der den Stimmenverzerrer mittlerweile wieder
beiseitegelegt hatte. Er kniete sich hin, öffnete den Schreibtisch und begann
zwischen dem Akten- und Blätterchaos im Innern etwas zu suchen. „… aber sehen
Sie es mal so. Es war nicht vorgesehen, dass Sie hierherkommen. Und obwohl ich
seit mehr als einer halben Stunde weiß, dass Sie auf dem ECN-Gelände herum
geistern, war ich ein wenig überrascht, dass Sie so schnell den Weg
hierhergefunden haben. Sie sehen mich schon wieder so verwirrt an… Joe, das ist
in etwa der Blick, den Sie auf dem Lagerhausdach heute Vormittag gemacht
haben.“ Jon lächelte ihm trocken entgegen, ehe er weitersuchte.
„Sie wissen noch immer nicht, woher ich
wusste, wo Sie sind und was Sie tun, oder?“
„Nein, das weiß ich nicht, Pickelgesicht, aber
du wirst es mir sicher jetzt erklären“, knurrte der Auftragskiller ungeduldig.
„Nun es wäre zu viel, Ihnen alles haarklein zu
erzählen. Nehmen Sie einfach zur Kenntnis, dass es inzwischen überall so viele
hochauflösende Sicherheits- und Überwachungskameras gibt, dass es für jemanden,
der sich ein bisschen mit der Materie auskennt, ein Leichtes ist, von
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