Sonne, Wind und Mord (German Edition)
wir uns darauf konzentrierten, an neuen Ideen
zu arbeiten, kam der Erfolg praktisch von ganz allein.“
„Wie meinen Sie das?“, unterbrach der
Inspektor schon wieder und Linda verzog genervt das Gesicht.
„Na ja, als wir uns nicht mehr ausschließlich
auf bereits bestehende Systeme gestützt haben und stattdessen verschiedene
nicht ausgereifte Möglichkeiten zur Energiegewinnung oder ganz neue Ideen
ausloteten, wurde uns schnell klar, dass in diesem Bereich noch viele Freiräume
bestehen, die noch reichlich unerforscht sind. Von in der Atmosphäre
stationierten riesigen Solarsegelkraftwerken, die ihre gewonnene Energie per
Mikrowellen zur Erde senden, bis hin zu den Plänen von riesigen, bis zu 1,2
Kilometer hohen Auf- oder Abwindkraftwerken. Die Möglichkeiten zur
wirtschaftlichen Gewinnung von umweltfreundlicher Energie sind fast
unbegrenzt.“
„Das ist ja gut und schön, aber was haben Sie
herausgefunden?“, wollte Bloemberg endlich wissen.
Linda Farber schenkte ihm ein müdes Lächeln.
„Sie sind ganz schön ungeduldig, Inspecteur.
Was wir im Wesentlichen entdeckt haben oder vielmehr, was wir erfunden haben,
wird - wenn es in die Hände der richtigen Investoren gelangt - schnell die
gesamte Energiewirtschaft revolutionieren. Kohle, Gas und Ölkraftwerke würden
der Geschichte angehören. Eine solch außergewöhnliche Entdeckung verlangt ganz
einfach nach ein wenig mehr Aufmerksamkeit und Zeit, um ausreichend erläutert
zu werden. Selbst die Atomkraft wäre nicht mehr notwendig. Die Franzosen würden
ganz schön Augen machen. Auch Staaten wie der Iran hätten mit dieser
Technologie keinen Grund mehr, ihre Atomprogramme voranzutreiben, obwohl das ja
auf einem anderen Blatt steht.“
„Ja, aber was denn für eine Technologie?“
Linda Farber brachte ihn wirklich langsam zur
Weißglut, die Deutschen waren doch bekannt dafür, dass sie zielstrebig sind,
also warum hielt die Wissenschaftlerin sich nicht daran?
Linda gab es auf. Sie konnte beim Inspektor
einfach keine Begeisterung für ihr Projekt wecken. Bloemberg interessierten nur
die Fakten; alles, was darum herum lag, war für ihn erst einmal unwichtig. Die
Wissenschaftlerin seufzte resignierend.
„Eigentlich ist es ganz einfach…“
Der folgende Vortrag erstreckte sich über eine
knappe viertel Stunde. Als Linda ihn beendet und den Inspektor in einer
Verwirrtheit aus vielen Fachbegriffen zurückgelassen hatte, hatte Rudjards Auto
bereits die Provinz Zeeland im Süden der Niederlande erreicht.
Sie fuhren gerade über den Brouwersdam, einem
sechs Kilometer langen Teilabschnitt der Deltawerken. Der Bau dieser
Ansammlung von vierzehn Sturmflutwehren war vor mehr als 40 Jahren begonnen worden,
nachdem eine katastrophale Sturmflut große Teile der südlichen Provinzen
zerstört und dabei knapp 2000 Menschen und rund 200000 landwirtschaftliche
Nutztiere in den Tod gerissen hatte. Die technisch ausgefeilten Dämme, die nun
dafür sorgten, dass die offene Nordsee nie wieder zur Gefahr werden sollte,
waren beeindruckend. Mit Hilfe von enormem Arbeitsaufwand war es den Menschen
hier tatsächlich gelungen, sich gegen die Willkür des Meeres zu schützen. Dabei
waren viele kleine Binnenmeere entstanden, die einen guten Ruf bei
Freizeit-Seglern und Touristen genossen und auf denen sogar Kees Bloemberg mit
seiner kleinen Segelyacht kreuzte, wenn es die Zeit zuließ. Für eine kleine
Weile war es wieder still im Wagen geworden, der derzeit mit 80 km/h hinter einem
Lkw herfuhr. Linda und Ronald, die die Deltawerken nie zuvor zu Gesicht
bekommen hatten, waren sprachlos und Kees Bloemberg - der kannte die
Deltawerken zwar schon - sagte ebenfalls nichts. Was Linda Farber ihnen eben
mitgeteilt hatte, war höchst brisant. Trotzdem fand er schnell die Sprache
wieder, denn noch immer wusste er nicht, wer sie verfolgte. Die Konzepte der
Forschungsgruppe Van Kessner waren beachtlich und derjenige, der über die
Ergebnisse verfügte, konnte mit einigen Investitionen möglicherweise die Welt
verändern, sie unter Umständen sogar vor dem Klimakollaps retten. Soviel hatte
er zumindest von Lindas Vortrag verstanden.
„Was glauben Sie, wer hinter uns her ist?“
Einen Moment lang wusste Linda nicht, was Kees
Bloemberg meinte, viel zu fasziniert war sie von den peitschenden Wellen der
Nordsee, die - vom Wind getrieben - gegen das riesige Sturmflutwehr prallten,
dann jedoch schüttelte sie die Faszination ab und bemühte sich, die Frage des
Inspektors zu
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