Sonne, Wind und Mord (German Edition)
Titel hatte er sich - zu relativ günstigen
Konditionen - bei einem Professor für Physik an der Universität Frankfurt
erkauft. Das war in der heutigen Zeit - bei entsprechender Bezahlung - beinahe
so einfach wie Ecstasy auf dem Disco-Klo zu kaufen. Sei es drum, niemand wusste
von Peters kleinem Geschäft und das war gut so. Denn nun saß nicht einfach
Heinrich Werner Peters in der Lobby des Hilton Hotels am Rotterdamer Hofplein,
sondern der ehrenwerte Doktor Peters, ein vielbeachteter Gelehrter in einer der
essenziellsten Wissenschaftsdisziplinen. Er war ein bulliger Mann, Mitte
fünfzig, trug Glatze und einen edlen silbergrauen Anzug. Auf der kleinen
Schweinenase seines Eierkopfes trug der Mann eine schmucklose Brille mit dünnen
Gläsern ohne Rahmen, hinter der sich ein paar listige, kleine Augen befanden.
Darunter ließen ein spitzer Mund mit schmalen Lippen und ein blank rasiertes
Kinn das Gesicht in einen dicken Halskranz auslaufen. Am linken Arm prangte
eine silberne Armbanduhr und in der rechten Hand, an der ein goldener
Siegelring mit eingravierter Einsteinformel prangte, hielt er eine dicke
Zigarre, selbstverständlich kubanischer Herkunft.
Das Rauchen in diesem Bereich, in
unmittelbarer Nähe zur Bar, war verboten, aber das interessierte ihn nicht im
Geringsten. Er war ein Mann, für den galten, nach eigener Überzeugung, nur
seine eigenen Gesetze. Als leitender Direktor des IBPeE konnte er sich so etwas
erlauben. Und wenn doch jemand kam und ihn an das Rauchverbot erinnerte, war
dieser Jemand der Erste, der eine volle Ladung Zigarrenrauch ins Gesicht
gepustet bekam.
Was Andere wollten oder dachten war Doktor
Heinrich Werner Peters egal. Ihm ging es um die eigenen Interessen und mit
dieser rücksichtslosen Art lebte er - seit mehr als fünfzig Jahren - sehr
erfolgreich. Davon alleine zehn Jahre in der Position des leitenden Direktors
des IBPeE.
Doktor Peters war seit etwa fünf Stunden in
Rotterdam und er war bisher durchaus zufrieden mit seinem Aufenthalt. Zwar
hatte eine Gruppe von unterbelichteten Demonstranten versucht, seinen
Dienstwagen umzuwerfen. Den Direktor hatte das - im Gegensatz zu seinem
Sekretär und dem Chauffeur des Wagens - kalt gelassen. Seine Dienstlimousine
war mit den neuesten Sicherheitsstandards ausgerüstet, die sein Institut in den
letzten Jahren entwickelt hatte und das waren nicht gerade wenige. Zum Glück
war die Polizei rechtzeitig angerückt, andernfalls hätte es sicher Verletzte
gegeben. Glück für die Demonstranten und Glück für Doktor Peters, der konnte
sich nun voll und ganz seinen eigentlichen Aufgaben widmen. Er war in
Rotterdam, um als Vertreter der Forschungspolitik der Bundesrepublik am
Umweltgipfel teilzunehmen. Und er würde nicht einfach nur teilnehmen, er würde
eine leitende Funktion einnehmen und er war ziemlich stolz drauf, einer der am meisten
beachteten Teilnehmer zu sein. Vor allem, da er sich sicher war, dass man ihm -
im Nachhinein - noch viel mehr Beachtung schenken würde. Er wusste um die
großen Ziele, die man sich gesetzt hatte, blieb aber ganz entspannt. Alles
würde so laufen, wie er sich das vorstellte, da war er sich sicher, ganz
sicher. Während er genüsslich an seiner Zigarre sog und den Rauch
gedankenverloren in die Luft pustete, stieg ein Mann aus dem Aufzug neben der
Treppe. Er trug einen schwarzen Loro Piana Mantel und schritt eilig durch die
Lobby, vorbei an der Bar, hinüber zum Ausgang, ohne den Direktor zu bemerken.
Doktor Peters sah ihm amüsiert nach, als er erkannte, dass der Ausdruck des
Mannes etwas Verbissenes in sich barg.
Michael Greenly, was für
eine Freude. Wohin verschlägt es dich nur bei diesem Mistwetter? Ich glaube,
ich weiß es.
Als der Politiker aus Amerika an ihm vorbei
gehastet war, drückte der Direktor gemütlich den edlen Glimmstängel aus und
bestellte den Kellner zu sich.
„Heute ist ein guter Tag… Phillip“, sagte er
in gewohnt schnarrendem Ton und grinste dabei selbstgefällig
„Bringen Sie mir einen doppelten Korn.“
Der Kellner nickte ergeben, drehte sich herum
und verschwand.
***
14:49 Provinz Zeeland,
Rudjards Wagen
„Wieso glaubst du, dass der Direktor deiner
Arbeitsstelle dich töten möchte?“, fragte Kees, als sich die Situation langsam
wieder normalisierte.
„Ich… ich… es gibt keine andere Möglichkeit.
Wir werden dazu angehalten, unter der Hand bei fremden Forschungsunternehmen zu
spionieren. Wir sollen mögliche Ergebnisse weiterleiten. Ich habe das
Weitere Kostenlose Bücher