Sonne, Wind und Mord (German Edition)
langsam
richtig auf den Keks. Nichts war so gelaufen, wie es hätte laufen sollen. Von
den Leuten, die er hier hätte treffen sollen, gab es keine Spur. Greenly wurde
das flaue Gefühl nicht los, dass seine Pläne durchkreuzt worden waren. Jemand
war ihm auf die Spur gekommen. Das Treffen war nicht zu Stande gekommen und
spätestens jetzt, eine halbe Stunde später, hatte auch der amerikanische
Politiker kapiert, dass sich daran nichts mehr ändern würde. Irgendetwas musste
passiert sein. Irgendwas war schiefgelaufen, wirklich schief. Michael Greenly
wirkte plötzlich sehr unsicher. Vor einer Stunde noch war er voller Vertrauen
und Zuversicht gewesen. Diese Fassade begann langsam zu bröckeln. Greenly sah
seine Felle davonschwimmen. Zum dritten Mal binnen fünf Minuten zog der
Umweltpolitiker sein Handy hervor und wählte die Nummer seines persönlichen
Sekretärs. Dennis ging nicht ran. Zweimal war Michael Greenly sofort auf die
Mailbox weitergeleitet worden, beim letzten Mal hatte es einmal geklingelt,
dann hatte jemand abgenommen und sofort wieder aufgelegt. Auch mit seinem
nächsten Anruf hatte er keinen Erfolg.
Dies ist die Mailbox von
„Abnegator, Dennis“. Der Teilnehmer ist zurzeit nicht zu erreichen, bitte
versuchen Sie es später noch einmal oder hinterlassen Sie jetzt Ihre Nachricht.
Wütend legte Greenly auf.
– Ich lasse mein Handy
eingeschaltet Mister Greenly wenn irgendwas ist -
Dieser nichtsnutzige
Mistkerl! Das wird ein Nachspiel haben.
„Entschuldigung...?“
Greenly sah sich um. Er hatte eine Minute böse
aus dem Fenster in den Regen gestarrt. Nun schaute er, mit genau derselben
düsteren Miene, in das Gesicht einer jungen blonden Kellnerin, die, als sie
Greenlys Gesichtsausdruck bemerkte, instinktiv einen Schritt zurück trat und
noch ein wenig nervöser wurde, als sie ohnehin schon war. Vermutlich war das
ihr erster Arbeitstag hier. Das Mädchen war keine 18 Jahre alt. Michael Greenly
bemühte sich, trotz der aktuellen Lage, um einen freundlichen Ton. Als er auf
Englisch fragte, was denn los wäre, wechselte die blonde Kellnerin automatisch
auch ins Englische.
„Tut mir leid, Mister… äh Mister Greenly…
aber…“
„Woher kennen Sie meinen Namen?!“ Greenly war
schockiert. Er war davon ausgegangen, dass man ihn nicht erkannt hatte. Zwar
war er in Amerika einigermaßen bekannt, aber in Europa hätte er nicht damit
gerechnet, dass ausgerechnet in einer heruntergekommenen Tapas-Bar jemand sein
Gesicht kannte.
„Äh… tut mir leid… äh, der Mister dort vorn
neben der Tür… hat mich gebeten, Ihnen das hier zu geben.“
Sie wandte sich um und zeigte auf den Tisch,
der direkt neben dem Eingang stand. Greenly stutzte. Dort saß niemand. Das
Mädchen lief vor Scham rot an, als es den ungläubigen Blick des Politikers
aufschnappte. Mit zittrigen Händen legte sie einen gefalteten Zettel auf den
Tisch, drehte sich dann herum und verschwand hinter der Theke. Michael Greenly
blickte ihr nach, noch immer war er verwirrt. Er hatte das Mädchen nur schlecht
verstanden, es hatte ein miserables Englisch gesprochen, die grundlegenden
Informationen jedoch hatte er mitbekommen. Schlecht nur, dass diese überhaupt
keinen Sinn ergaben. Die Kellnerin hatte etwas von einem Mann gefaselt, der am
Tisch beim Eingang saß. Abgesehen von Greenly jedoch hielt sich nur ein alter
Mann mit spanischen Wurzeln in der anderen Ecke der Tapas-Bar auf, las eine
spanische Zeitung und paffte dabei an einer geschwungenen Tabakspfeife. Michael
Greenly widmete sich dem Zettel, der vor ihm lag und der nicht so wie sein
Absender plötzlich verschwunden war. Die Finger des Politikers berührten das
Papier. Es war schweres, hochwertiges Papier, eines von der Sorte, die er
selbst verwendete wenn er zu einem privaten Dinner unter gleichgesinnten
Politikern einlud, vielleicht war es sogar exakt das Gleiche. Langsam wanderten
seine Daumen zur Knickfalte, griffen das Papier dort und mit leichtem Druck
entfaltete er es.
Das Blatt fiel ihm so plötzlich aus der Hand,
wie es in Greenlys Leben getreten war. Der Politiker saß starr an dem kleinen
Holztisch beim Fenster. Auf dem Zettel stand in roter Tinte geschrieben.
Ich habe dich gewarnt,
Greenly! Wieso hörst du nicht auf mich? Muss ich erst wütend werden? Wenn du es
so willst! Ich werde dir alles nehmen. Hier in Rotterdam fange ich damit an!
Pass auf deine Sachen auf!
- der Bewunderer.
Michael Greenly hastete durch den Regen. Den
Schirm, den er bei sich
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