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Sonnenfall - McAuley, P: Sonnenfall - The Gardens of Sun

Sonnenfall - McAuley, P: Sonnenfall - The Gardens of Sun

Titel: Sonnenfall - McAuley, P: Sonnenfall - The Gardens of Sun Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Paul McAuley
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bestimmt, doch wie alle evolutionären Schöpfungen basierte das menschliche Gehirn auf älteren Strukturen, so dass die Grenzen des menschlichen Geistes und der menschlichen Vorstellungskraft von willkürlichen Rahmenbedingungen bestimmt waren. Um wirklich herauszufinden, was es bedeutete, ein Mensch zu sein, mussten menschliche Wesen, wie Levi meinte, das Organ auf Vordermann bringen, das sie als Spezies definierte: das Gedächtnis verbessern, die neuronale Übertragung steigern und die Bitfrequenz der Gedanken erhöhen, überflüssige Emotionen abkoppeln oder verändern und Dutzende anderer genetischer Veränderungen vornehmen.
    Von Levi selbst fand sich keine Spur. Macy Minnot, Idriss Barr und den diplomatischen Vertretern der Pazifischen Gemeinschaft hatte man mitgeteilt, dass er das Zusammentreffen mit großem Interesse verfolge, jedoch an den Verhandlungen nicht direkt teilnehmen würde. Wie bei Gott wurde häufig auf ihn Bezug genommen, ohne dass man ihn je zu Gesicht bekam. Niemand, der nicht ein Geist war, hatte ihn je gesehen. Niemand wusste irgendetwas über seinen Werdegang oder kannte seinen wahren Namen, bevor er der Anführer der Sekte geworden war. Ein Gerücht besagte,
dass er schon vor Jahren gestorben sei und nur noch als Expertensystem existierte. Ein anderes lautete, dass er eine echte Künstliche Intelligenz sei, ein übermenschlich intelligentes digitales Bewusstsein, hervorgegangen aus den Phantasien und Alpträumen längst vergangener Zeiten. Oder dass er an einer ungewöhnlichen Form von Krebs litt, durch den er so aufgedunsen war, dass er auf lebenserhaltende Systeme angewiesen war. Oder dass er sich der Kryokonservierung unterzogen hatte, nachdem er eine Reihe von Prophezeiungen hinterlassen hatte, und erst wieder nach dem Ende der sogenannten Krisenjahre aufgetaut würde, wenn der Überlichtgeschwindigkeitsantrieb endlich fertiggestellt wäre und er seine Jünger in ihr gelobtes Land inmitten der Sterne führen konnte.
    Macy war sich ziemlich sicher, dass die Diplomaten der PG wie die Geister gentechnisch verändert waren, eine größere Intelligenz besaßen und schnell gereift waren, denn die meisten von ihnen waren jung, klug und von überschäumender Begeisterung. Chinesen, Inder, Philippinos, Malaien … eine bunt gemischte Gruppe jugendlicher Botschafter, angeführt von einem betagten Australier, Tommy Tabagee. Abgesehen von einer Wehrübung, die in den Kammern und eingleisigen Röhren der Stadt abgehalten wurde, um den Willen der Geister zu zeigen, ihre Heimat mit ihrem Leben zu verteidigen, und einer Führung durch die Bergbaueinrichtung, die das Meer anzapfte, und über die großen Farmen für Vakuumorganismen an der Oberfläche gab es wenig formelle Zusammenkünfte. Die Diplomaten der PG erklärten, dass sie die Wünsche und Ziele der Geister bestens verstanden, nachdem sie an ihrem Alltagsleben teilgenommen hatten, und die Geister überraschten Macy, indem sie völlig offen über ihre Philosophie und ihr Vorhaben sprachen.

    Diese Offenheit war schön und gut, doch es war ihr nicht möglich, bei dem unstrukturierten und zwanglosen Umgang der Geister mit ihren Gästen den Überblick zu bewahren. Die Diplomaten der PG streiften frei durch die Kammern, sprachen mit allen und jedem, arbeiteten an der Seite ihrer Gastgeber in Fabriken und Werkstätten, nahmen an den Diskussions – und Selbstkritikgruppen und an Musical – und Theaterproben teil. Drohnen zeichneten alles auf, was sie sagten und taten, doch Sada Selene weigerte sich, Macy Zugang zu den Überwachungsdaten zu geben.
    »Ich kann meine Arbeit nicht machen, wenn du mich nicht lässt«, sagte Macy.
    »Mach es wie sie«, sagte Sada. »Sprich mit ihnen. Arbeite mit ihnen. Spiel mit ihnen. Wie sie auf die berühmte Überläuferin aus Großbrasilien reagieren und mit ihr interagieren, wird uns mehr verraten als ein paar subjektive Meinungen. «
    So war das also. Die Geister brauchten Macy als Beobachterin im Grunde gar nicht; sie war nur ein Strohmann. Die Entdeckung machte sie nicht besonders ärgerlich oder wütend, weil sie bereits mit irgendeinem Schwindel gerechnet hatte, doch ihre Frustration wuchs, als die Tage vergingen, und sie immer noch nicht sagen konnte, was hinter dem unerschöpflichen Enthusiasmus der Diplomaten der PG steckte und ob sie tatsächlich hofften, zu irgendeiner Versöhnung zwischen der DMB und den Außenweltlern zu gelangen. Und während sie Hinweise darauf erhielt, dass die Diplomaten und die

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