Sonnenfeuer
könnte sagen, daß wir parallel zu ihnen reiten, aber in ein oder zwei Tagen biegen wir nach Süden ab.«
Perfy und Diamond kletterten an der Seite des Berges zu Tal, während die Männer mit den Pferden geradeaus bergab ritten. Perfy war froh über den Hosenrock, den Darcy ihr gekauft hatte; mit einem langen Rock hätte sie sich bestimmt schon längst irgendwo im Gestrüpp verfangen. Den zweiten Hosenrock hatte sie Diamond gegeben, denn Alice war der Ansicht gewesen, es schicke sich weder für weiße noch für schwarze Frauen, mit gerafftem Rock auf einem Pferd zu sitzen. Amüsiert hatte Perfy die überraschten Blikke bemerkt, die Ben und die beiden Viehtreiber sich zuwarfen, als sie Diamond im Sattel sahen.
»Miss Perfy«, hatte Diamond fröhlich gesagt, »ich glaube, die haben noch niemals vorher eine Aborigine auf einem Pferd sitzen sehen.«
»Nun, dann sehen sie es jetzt«, hatte Perfy lachend erwidert. Das kam ihr wieder in den Sinn, als sie den Abhang hinabrutschte. Sie hielt sich an Büschen fest und schürfte sich die Handflächen auf und wunderte sich, daß Diamond diesen Weg offenbar mit Leichtigkeit zurücklegte.
Anschließend führte sie ihre Route über offenes Grasland, wo die Rinder friedlich weideten und beim Vorbeiziehen der kleinen Gruppe nicht einmal den Kopf hoben. Die Känguruhs hingegen waren vorsichtiger und machten sich mit großen Sprüngen davon. Auch die scheuen Emus flohen beim Anblick der Menschen, blieben dann jedoch plötzlich stehen und wagten sich neugierig wieder in ihre Nähe. Ein Schwarm schwarzer Kakadus schwirrte kreischend über ihre Köpfe hinweg. Perfy beobachtete ihren Vater, der die Reise genoß und hingerissen war von der herrlichen Tierwelt, vor allem aber von den Vögeln. Schon immer waren Vögel seine Lieblingstiere gewesen, und nun hatten er und Diamond den größten Spaß daran, die vielen verschiedenen Arten zu bestimmen. Sie rasteten an einem Wasserloch, wo es von Papageien, Kakadus und Wellensittichen nur so wimmelte. Zu Hunderten saßen sie auf den Ästen der Bäume, während sich die hübschen rosafarbenen Brolgakraniche abseits hielten und auf einem Bein im seichten, schlammigen Wasser standen. Doch dann liefen sie auf einmal durch das spröde, trockene Gras zurück ins Unterholz, dankbar für den spärlichen Schatten der hohen Eukalyptusbäume mit ihren knorrigen Stämmen.
Perfys Pferd, ein Fuchs namens Goldie, verhielt sich tadellos. Perfy mochte ihn sehr und hielt ihn für das beste Reittier der Gruppe, aber sie bemerkte, daß die Viehtreiber mit Bens Pferd besonders sorgsam umgingen. Es war ein großes schwarzes Tier namens Smoke; laut Aussage der Viehtreiber war es aber nur ein Spitzname, denn das Pferd hatte einen Stammbaum. Man warnte Perfy, ihm nicht zu nahe zu kommen. Smoke schien sich jedoch nur für Ben und den Hirtenhund zu interessieren, der die beiden abgöttisch liebte. Sicher hätte Ben auf diesem Pferd und ohne ihre hinderliche Begleitung die Reise in der halben Zeit zurückgelegt. Bestimmt wäre er lieber allein geritten. Oft beobachtete sie ihn, wie er in seinem karierten Hemd, den engen Arbeitshosen und dem breitkrempigen Lederhut unbeirrt voranritt, und sie fragte sich, woran er wohl dachte. Er mußte hier schon viele Male mit Darcy entlanggeritten sein. Ob er ihn vermißte? Und was er wohl von ihr hielt? In Brisbane war er sehr zurückhaltend gewesen. Sie wußte, daß sich Darcy darüber geärgert hatte, aber sie erinnerte sich auch, daß Ben sich sehr für Politik interessierte. Wahrscheinlich war er auf diesem Gebiet recht erfolgreich. Es war schwer, den gutgekleideten Gentleman, den sie im Haus des Gouverneurs gesehen hatte und der in der feinen Gesellschaft verkehrte, mit diesem Buschmann in Verbindung zu bringen, der sie durch unbekanntes Gebiet führte.
Am dritten Nachmittag ihrer Reise legte Ben um vier Uhr eine Rast ein. »Wir schlagen hier unser Lager auf«, teilte er Jack mit, »und reiten morgen nach Caravale. Die Jungs verlassen uns jetzt.«
»Sind Sie sicher, daß Sie uns nicht noch brauchen, Boß?« fragte George, der jüngere der beiden Viehtreiber.
»Wenn ich jetzt nein sage, brichst du bestimmt in Tränen aus«, lachte Ben. »Sie gehen zu einem Tanz auf der Merri-Creek-Farm«, erklärte er Perfy. »Das Farmhaus liegt allerdings fünfzig Kilometer abseits von unserer Route.«
»Ist das der große Fluß?« fragte Perfy. Sie waren am Rande eines undurchdringlichen Dickichts abgestiegen, und sie vermutete, daß
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