Sonnenfeuer
heißt du, Kleine?«
»Diamond«, antwortete sie freundlich.
»Für eine Schwarze bist du aber ganz schön helle«, bemerkte einer der beiden, während er seinen Hut aus der Stirn schob und sie mit weißen Zähnen durch seinen Bart hindurch anblitzte. »Vielen Dank«, entgegnete Diamond, die sich entschlossen hatte, die Beleidigung nicht zu verstehen.
»Wo hast du denn gelernt, so gut zu sprechen und dich so fein anzuziehen?«
»In Brisbane«, antwortete sie einfach. Sie mußte dem Gespräch eine neue Wendung geben. »Waren Sie den ganzen Tag unterwegs?«
»Seit Sonnenaufgang«, kam es wie ein Schuß aus der Pistole.
»Ist die Arbeit schwer?«
»Schwer? Was heißt das schon? Wir kennen’s nicht anders, und deshalb läßt’s sich ertragen.«
Der jüngere Mann blickte sie von der Seite an. »Wir haben streunende Rinder zusammengetrieben. Ein paar von diesen Teufeln sind ganz schön gerissen, und du mußt dir den Hintern wundreiten, um sie wieder einzufangen. Sie verstecken sich im Gebüsch und gehen dann aus heiterem Himmel auf dich los. Wenn du nicht aufpaßt, brechen sie dir den Hals.«
»So’n Schwachsinn.« Der andere spuckte eine Ladung Tabaksaft aus dem Mundwinkel.
»Du hast leicht reden, Paddy. Dein Pferd kann sich auf ’ner Silbermünze umdrehen. Aber mein Gaul ist steif wie ’ne alte Oma. Da kann ich mich noch so anstrengen, und der rennt trotzdem auf die Biester los.«
Diamond war froh. Die Männer schienen sie vergessen zu haben. »Dann spar deine Kröten und kauf dir’n anständiges Pferd. Tom Mansfield hat doch welche, die er verkaufen will. Und du beeilst dich besser. Ich glaube nämlich, wir fangen bald mit dem Viehzählen an. Der Regen kommt früh dieses Jahr.«
»Wer sagt das?«
»Ich sage das. Ich fühle es in meinen Knochen. Jetzt haben wir November. Zwei Zehner, daß die Regenzeit im Dezember beginnt!«
»Du hast sie wohl nicht alle? Dezember! Du meinst wohl Februar?«
»Zwei Zehner«, beharrte Paddy.
Sie näherten sich den Ställen. »Entschuldigt bitte«, sagte Diamond. »Ich habe ein Pferd. Glaubt ihr, ich könnte morgen ein bißchen ausreiten und mir mal die Gegend ansehen?«
»Warum nicht?« Der jüngere Mann lachte, doch Paddy blickte sie nachdenklich an.
»Das würde ich lieber bleibenlassen«, sagte er schließlich.
»Ich verlaufe mich nicht«, wandte sie ein, aber er schüttelte den Kopf.
»Das meine ich nicht. Es wär einfach nicht gut.« Damit war für ihn das Thema abgeschlossen. »Von welchem Stamm bist du überhaupt?«
»Irukandji«, sagte sie erwartungsvoll.
»Erzähl mir keine Märchen. Ich bin in diesem Land verdammt weit herumgekommen, aber von so ’nem Stamm habe ich noch nie was gehört.«
Sie gingen in eine Scheune, ohne sich mit dem üblichen »Bis später« zu verabschieden. Diamond fühlte sich trotzdem besser. Zumindest hatten sie mit ihr gesprochen.
Vorbei an dem Schmied, dessen klingender Hammer die anerkennenden Pfiffe der Cowboys vor seiner Werkstatt beinahe übertönte, erreichte sie die Küche.
»Wo bist du gewesen«, überfiel Mae sie sogleich. »Miss Perfy hat nach dir gefragt.«
»Ich darf doch nicht zu ihr«, erklärte Diamond.
»Ich weiß, aber im Augenblick ist die Luft rein. Mrs. Buchanan ist mit ihrem Einspänner unterwegs. Sie schnüffelt herum, damit ihr auch ja nichts entgeht. Aber jetzt erwarte ich sie jeden Augenblick zurück, also sieh zu, daß du zu Miss Middleton kommst.«
Perfy ging es offensichtlich besser, obwohl sie noch immer gelb im Gesicht und nicht so recht bei Kräften war. »Ich fühle mich schrecklich«, seufzte sie. »Und es ist mir peinlich, daß ich allen zur Last falle.«
»Es macht niemandem was aus«, sagte Diamond leise.
»Ich weiß«, antwortet Perfy. »Mrs. Buchanan war so nett zu mir!«
Diamond riß erstaunt die Augen auf. Mrs. Buchanan und nett? »Sie liest mir vor«, fuhr Perfy fort, »und bringt mir Suppe, Gebäck und Tee ans Bett, obwohl ich nicht viel essen kann. Und geht es dir gut, Diamond? Mrs. Buchanan meint, du ruhst dich hier am besten ein bißchen aus, denn die schwarzen Mädchen wären eifersüchtig, wenn du ihnen die Arbeit fortnimmst.«
»Mir geht es gut«, erwiderte Diamond.
»Ben hat mir Orchideen gebracht«, erklärte Perfy und wies auf ein Gesteck aus rosafarbenen und purpurroten Blüten, die sich um einen Ast wanden. »Aber mir ist es peinlich, wenn er mich so sieht, mit meinem gelben Gesicht. Ich sehe bestimmt aus wie ein Kürbis.«
»Aber nein, das Gelb ist schon
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