Sonnenfinsternis: Kriminalroman
getrieben.»
«Okay. Und weiter?»
«Also, nach dem Krieg arbeitete er längere Zeit als Vollstrecker. Das heisst, er wurde für spezifische Aufgaben eingeflogen, zog sein Ding durch und ver schwand dann gleich wieder. Ü blicherweise nach einem Besuch im Puff. Polizeiarbeit braucht halt immer Zeit , wie du ja weisst . Und da die meisten solchen Verbrechen irgendwo im Immi granten milieu geschehen, dauert es normalerweise , bis die Ermittler irgend wann auf seine Person stossen. Wenn überhaupt. Die Diaspora-Serben sind verschwiegen. Ausserdem wechselt er laufend die Identität.»
«Thomas hat das auch erwähnt», dachte ich laut nach, «aber mir ist nicht ganz klar, wie das funktionieren soll. Ich meine, seit dem Sturz von Milošević geniessen die Kerle ja keine staatliche Unterstützung mehr, oder doch?»
«Nein, aber Serbien ist immer noch ein armes Land, und die Kombi na tion von Drohung und Bestechung funktioniert meist ziemlich gut. Ich meine, die Kerle kennen wirklich absolut keine Grenzen, wenn ihnen jemand im Weg steht, und die meisten Leute haben daher verständlicherweise Angst vor ihnen.»
Ich nickte nachdenklich. Dann hakte ich nach: «Du hast gesagt ‹arbeitete er längere Zeit als Vollstrecker › . Vergangenheit . Was macht er denn jetzt?»
«Warte.» Statt zu antworten ging Riba zu seinem Auto herüber, nahm eine Papier tüte vom Beifahrersitz und kam damit zurück. Dann zog er drei Plastik becher und eine kleine PET-Flasche mit einer klaren Flüssigkeit darin aus der Tüte und goss allen einen grosszügigen Schluck ein. « Šljivovica », erklärte er grinsend. «Das gibt Haare auf der Brust!»
Gegen einen guten Schluck hatten wir nichts einzuwenden, aber das Zeugs war verdammt stark. Ein ganzer Becher davon machte wa h r schein lich blind.
«Weisst du», fuhr Riba fort, «nach der ganzen Đinđić-Geschichte gab es starke Umwälzungen in den drei grossen Belgrader Clans. Princip wechselte dabei die Seiten und stieg bei seinen ehemaligen Erzfeinden ins Kader auf. Soweit ich weiss, ist er dort unter anderem für den Waffenschmuggel zuständig . »
«Daher die Haftbefehle in Schweden, Spanien und Italien.»
«Genau.»
«Aber wenn er sozusagen im Management ist, wieso taucht er dann immer noch persönlich vor Ort auf?»
«Zwei Gründe. Einerseits ist er ein Kontrollfreak und denkt, niemand sonst könne diese Aufgaben gleich gut ausführen. Andererseits ist er eben doch noch nicht so hoch in der Organisation. Solche Banden sind sehr hierarchisch und straff geführt.»
«Was ist mit den Behörden?»
«Was soll mit diesen sein?»
«Wieso ziehen die ihn nicht aus dem Verkehr?»
Riba lachte humorlos. «Träum weiter. Serbien sieht sich heute als Land auf dem Weg in die EU, und soviel ich weiss, legt die grossen Wert auf ihre soge nann te Rechtsstaatlichkeit. Das heisst für uns , wir können nicht mehr einfach Leute aus dem Verkehr ziehen , wie’s uns passt . Das ist zwar eine gute Entwicklung für das Land im Vergleich zu früher, aber es macht den Kampf gegen die Mafia nicht eben einfacher. Ausserdem: Princip selbst soll zwar nicht gerade ein Gehirnchirurg sein, aber seine Anführer sind ver dammt schlau, glaub mir. Und er ist halt doch nicht so ein hohes Tier, dass sich der ganze Auf wand lohnt, um ihn dran zu kriegen. Nicht, solange das Ausland keinen Druck macht.»
« Na schön. H ast du rausgefunden, ob er mal in der Schweiz war?»
«Nein, aber…» Er hob warnend einen Zeigefinger, zögerte kurz und raunte dann: «Ich mache jetzt keine Witze: Wenn das in die falschen Hände gelangt, egal ob Mafia oder Polizei, dann können mindestens zwei Leute draufgehen, einer davon möglicherweise ich . U nd ich hänge am Leben.» Er grinste ironisch und fuhr dann eindringlich fort: «Ernsthaft: Ihr haut nachher wieder ab, aber ich muss hier bleiben. Ihr dürft unter keinen Umständen , wirklich unter keinen, irgend jeman dem sagen, woher ihr das wisst, okay? Und auch nicht, woher ihr die Waffen habt.»
Ich nickte. «Mein Wort drauf.»
Ivica nickte ebenfalls.
«Okay. » Riba räusperte sich. « Ich habe einen Informanten in Princips Organisa tion. Einer von seinen direkten Untergebenen. Er sollte den Job eigentlich selber kriegen, bevor Princip sozusagen quereingestiegen ist und ihn ausgebootet hat . Das h at ihm natürlich nicht gepasst.»
«Ach ja? Wie überraschend.»
Er grinste. «Nicht wahr?»
«Mann oder Frau?»
«Ein Mann. Frauen sind für die meisten dieser Kerle nur zum F
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