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Sonnenfinsternis: Kriminalroman

Sonnenfinsternis: Kriminalroman

Titel: Sonnenfinsternis: Kriminalroman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Daniel Moor
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praktisch, weil wir da die Geburtstagsfeier immer gleich mit den Ferien verbinden konnten.»
    Ich kramte mein Handy hervor und sagte: «Entschuldigen Sie bitte kurz.» Dann rief ich die Kalenderfunktion auf und blätterte zum elften Juli dieses Jahres. Zum zweiten Mal innert weniger Minuten erhielt ich einen Adrenalin schub . Aber Moment, ganz sachte. Konnte ich das falsche Jahr angeschaut haben? Nein. Falscher Tag? Ich starrte auf das Display. Da stand es blau auf grau: e in Montag!Wusste die Frau vielleicht den Geburtstag ihres Mannes nicht mehr?
    «Entschuldigen Sie, Frau Schmied, aber darf ich fragen, wie lange Sie verheiratet waren?»
    «Vierundzwanzig Jahre. Markus war mein zweiter Mann.»
    Okay, nach vierundzwanzig Ehejahren war zu vermuten, dass sie das genaue Geburtsdatum kannte. Schliesslich war sie eine Frau. Umge kehrt hätte ich mich weniger darauf verlassen. Ich fragte weiter: «Sind Sie schon lange Witwe?»
    «Vier Jahre.»
    «Und Sie gedenken seiner an jedem Geburtstag, nicht wahr?»
    «Ja, ich zünde immer eine Kerze im Grossmünster für ihn an.»
    Ich holte tief Luft. Kein Zweifel, sie erinnerte sich. Und sie hatte vor vier Monaten an genau diesem Tag irgendetwas Wichtiges beobachtet. Und dieser Tag war kein Dienstag, sondern ein Montag gewesen! Der Montag!
    Unwillkürlich warf ich einen Blick nach oben. So viel Glück machte mich misstrauisch, und ich hatte plötzlich die irrationale Furcht, dass meiner Zeugin etwas passieren könnte, bevor sie mir den Rest erzählte. Wie zum Beispiel von einem abgebrochenen Stück eines vorbei fliegen den Jumbojets platt gedrückt oder vom Blitz getroffen zu werden.
    Sie bemerkte meinen Blick, folgte ihm und fragte: «Stimmt etwas nicht?»
    «Nein, nein», antwortete ich, «alles in Ordnung. Ich habe nur gerade festgestellt, dass der elfte Juli ein Montag war, nicht ein Dienstag.» Ich zeigte ihr den Eintrag auf dem Display meines Handys.
    «Ach wirklich», seufzte sie. «Wissen sie, mein Gedächtnis ist noch sehr gut, aber mit den Wochentagen hatte ich es schon früher nie. Das tut mir jetzt leid.»
    «Kein Problem, genau deshalb überprüfe ich immer alles. Seien Sie mir nur nicht böse.»
    «Natürlich nicht.»
    «Gut.» Ich lächelte sie aufmunternd an. «Können Sie mir dann erzählen, was Sie damit gemeint haben, dass an dem Tag etwas Seltsames passiert sei?»
    «Natürlich. Warten Sie… also…» Sie stockte erneut und strich sich mit einer fahrigen Handbewegung durch ihre getönten Haare. «Also, das war so… A n diesem Morgen sass der Sultan – wie heisst… hiess er eigentlich?»
    «Mujo. Mujo Hasanović.»
    «Ein Türke?»
    «Ein Bosnier», antwortete ich.
    Sie lächelte traurig. «Sultan passte also nicht schlecht, oder? Also, der Sultan… ich meine, Herr Hanowitsch…»
    «Hasanović», korrigierte ich sie automatisch.
    «Ja, eben, Herr Hasanović sass an diesem Mittag zwei Reihen vor mir. In einer dieser Vierergruppen, bei denen sich jeweils zwei Sitze gegenüberstehen?» Ich nickte aufmunternd und sie fuhr fort: «Also, Herr Hasanović sass zwei Reihen vor mir, und zwar so, dass ich sein Gesicht sehen konnte. Wissen sie, an Markus’ Geburtstag bin ich immer sehr traurig, weil ich ihn nicht mehr gemeinsam mit ihm feiern kann, und Herr Hasanović war wie immer sehr freundlich und hat mir einen guten Tag gewünscht, als ich eingestiegen bin, und das hat mich sehr gefreut und auch ein wenig aufgemuntert.»
    Ihre Augen glänzten feucht. Sie nahm ein Stofftaschentuch aus ihrer Hand tasche und tupfte sich damit die Augenwinkel ab. Dann fuhr sie fort: «Er hat in einem Magazin gelesen. Er las immer etwas, ich glaube, er ist… war sehr belesen. Ich habe ihm dabei gerne zugeschaut, deshalb erinnere ich mich so genau daran. Er war also am Lesen und hat ab und zu aus dem Fenster geschaut. Ich glaube… warten Sie… ja, ich bin sicher , das Tram stand gerade an einer Haltestelle, als Sultan… ich meine, Herr Hasanović… also, er hat aus dem Fenster geschaut. Dann ist plötzlich so etwas wie ein elektrischer Schlag durch seinen Körper ge fah ren. Wirklich, es hat genau so ausgesehen. Ich habe so etwas sonst nur bei Psy chi atrie patienten gesehen. Er ist ruckartig bockgerade aufgesessen und hat mit weit aufgerissenem Mund aus dem Fenster gestarrt. Ich konnte ihn von der Seite gut sehen. Sein Gesicht war plötzlich kreideweiss, und er hat geschwitzt wie in der Sauna. Im Ernst. Es waren nicht einfach ein paar Tropfen. Der Schweiss ist ihm richtig die

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