Sonnenfinsternis: Kriminalroman
des Eisbergs?»
«Ein paar Rippen sind angeknackst und ein Zahn sitzt ziemlich locker, aber sonst geht’s mir einfach fantastisch.»
«Na, dann schauen wir uns das mal an. Machen Sie bitte den Ober kör per frei.»
Die Untersuchung ergab wider Erwarten , dass – ganz im Gegensatz zu meiner Nase – keine Rippe gebrochen war und ich wohl auch keine inneren Blutungen hatte. Dafür eine ziemliche Hirnerschütterung. Die Riss-Quetschwunde am Kopf musste genäht werden. Sieben Stiche später betrachtete ich im Spiegel nachdenklich das grosse Pflaster an meiner Schläfe. Gerade sexy war das nicht.
Dr. Braun schaute mich halb amüsiert, halb besorgt an und meinte: «Sie sollten wirklich besser aufpassen beim ‹Treppensteigen › und ‹ Duschen›! Das ist jetzt schon das dritte Mal in, was, achtzehn Monaten?»
«Ich w e rd ‘ mir Mühe geben. Aber wer zählt schon mit?»
« Sie sollten das tun ! Wegen des Zahns sollten Sie übrigens dringend beim Zahnarzt vorbeigehen. Die Kopfwunde und die geprellten Rippen werden sicher noch ein e Weile ziemlich schmerzen. Ich lasse ihnen ein Mittel dagegen mitgeben. Gefährlicher ist aber die Hirnerschütterung. Können Sie sich abholen lassen?»
Ich hatte keine Lust, meine Karre am Flughafen zu lassen bei den Preisen, die hier fürs Parkieren verlangt wurden, und so schüttelte ich den Kopf.
«Na schön», meinte er, «aber Sie sollten jetzt direkt nach Hause fahren, und zwar am besten mit den öffentlichen Verkehrsmitteln. Bleiben Sie zwei, drei Tage im Bett. Ich gebe Ihnen ein Arztz eugnis mit.»
Dreissig Minuten später lag ich auf meinem alten Sofa und tat mir selber so richtig leid. Es gab kaum eine Stelle an meinem Körper, die nicht schmerzte, und so schluckte ich zwei von Dr. Brauns Pillen und spülte sicherheitshalber mit einem ordentlichen Schluck Bushmills nach. Bald darauf wurden meine Augen lieder immer schwerer und ich döste langsam ein.
Um vier Uhr nachmittags erwachte ich mit bleiernen Gliedern, brummendem Schädel und knurrendem Magen. Die Kopfschmerzen be kämpfte ich erneut mit zwei Schmerztabletten und einem weiteren ordent lichen Schluck Bushmills. Dann rief ich beim Zahnarzt an, um einen Termin aus zumachen . Anscheinend war sein Terminkalender aber so voll, dass man mich erst im Verlauf der nächste n Woche irgendwo dazwischen schieben konnte. Ja, Zahnarzt müsste man sein. Oder vielleicht doch nicht. Der Gedanke, tagein, tagaus wildfremden Leuten ins Maul schauen zu müssen, war auch nicht sonderlich ansprechend.
Danach versuchte ich erfolglos, Ivica zu erreichen. Vielleicht war er ja immer noch in Paris. Ich hinterliess ihm eine Nachricht und rief stattdessen Markus Steiner an. Schon nach dem ersten Klingelton nahm er ab. Wahrscheinlich war ihm langweilig. Steiner hatte seine Ferien noch nie richtig geniessen können. Er hörte schweigend zu, während ich ihm die Ereignisse der letzten beiden Tage schilderte und fragte dann: «Und wie geht ‘ s dir? »
«So einigermassen, danke.»
«Und du denkst, dass dieser Rappolder in den Hasanović-Fall ver wickelt ist?»
«Du nicht?»
«Ich weiss nicht. Nur weil er ein Rassist ist und ein ungesundes Verhältnis zu seiner Schwester hat, heisst das noch nicht, dass er nur deswegen ihren ausländischen Lover ermordet hat. Oder ermorden liess.» Er hielt kurz inne und fügte dann hinzu: « Das ist ein ziemlich schwaches Motiv.»
«Ja, das weiss ich auch. Aber immerhin überhaupt ein Motiv.» Was mehr ist, als ihr Jungs bisher zu Tage gefördert habt , fügte ich nicht hinzu.
«Angenommen, er hätte doch was damit zu tun: Denkst du, er hätte es selbst getan?»
Ich überlegte. «Gut möglich. Er scheint von der Sorte zu sein .»
« Also gut. Gib mir ein paar Minuten. Ich werde überprüfen lassen, ob etwas gegen ihn vorliegt.»
«Gemäss Neumann war er nur einmal wegen schwerer Körperver letzung im Knast. Ein halbes Jahr.»
«Wir werden sehen. Neumann ist ein feiner Typ und er kennt die Szene gut, aber auf unsere Akten hat er keinen Zugriff. Ich ruf zurück, sobald ich was weiss.» Ohne ein weiteres Wort legte er auf.
Grübelnd sass ich am Küchentisch, bis die Pizza fertig gebacken war , die meinen plötzlichen Heisshunger stillen sollte . Nach den Ereignissen des Morgens hätte ich für den nächsten Schritt etwas Rückendeckung gebrauchen können . Da ich nicht wusste, wo Ivica steckte, versuchte ich Roger Schmeling anzurufen, einen ehemaligen Kollegen bei der Kapo , der mir ab und zu
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