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Sonnenflügel: Roman. Band 2 der Fledermaus-Trilogie (German Edition)

Sonnenflügel: Roman. Band 2 der Fledermaus-Trilogie (German Edition)

Titel: Sonnenflügel: Roman. Band 2 der Fledermaus-Trilogie (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kenneth Oppel
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Scheibe nun durch die Luft, kreischte wie Zotz’ eigener Atem.
    Er konnte es nicht tun.
    Aber er musste es können.
    Ein Eiszapfen war eine Sache, der war klein, leicht, er war unbeweglich. Dies hier war fallendes Metall, beschleunigt auf eine Million Flügelschläge in der Sekunde.
    Er zielte, warf ein Klangnetz zur Scheibe und verfehlte sie.
    Er schloss die Augen, nahm noch einmal Maß mit dem Echosehen, holte Luft.
    Bitte, dachte er.
    Er öffnete den Mund und Klang explodierte aus ihm, kratzte ihm in der Kehle, als ob etwas Größeres durch ihn spräche. Dieser Schrei, er war wie ein Donnerschlag, der den Himmel erschütterte. Er verfolgte ihn mit dem inneren Auge, als er auf die Scheibe zuschoss und sie wie eine Faust packte.
    Halt sie dort fest.
    Er taumelte schweißgebadet, sang Klang mit aller Kraft, drückte gegen die Scheibe, um sie oben zu halten.
    Wie schwer sie war!
    Er wünschte, er könnte jetzt nach unten blicken, um zu sehen, ob Marina und die anderen inzwischen auf der Flucht waren, um zu sehen, ob sie schon weit genug entfernt waren.
    Er konnte nur hoffen, dass sie getan hatte, was er ihr gesagt hatte. Er blickte zum Himmel hoch und noch sah er keine Sonne. Wie lange noch, wie lange würde er zu warten haben? Er war wieder in den nördlichen Wäldern, ein Junges, das sich mit Chinook an den Stamm eines Baumes presste und auf den Sonnenaufgang wartete. Komm, komm, warum kam sie nicht endlich?
    Er wusste nicht, wie viel länger er diese Scheibe mit seiner Stimme festhalten konnte. Er schmeckte Blut in der Kehle.
    „Lass sie fallen!“
    Hoch oben stürzte sich die Kannibalenfledermaus mit dem verkrümmten Rückgrat auf die bewegungslose Scheibe.
    „Du kannst Zotz nicht aufhalten. Lass sie fallen!“
    Er zögerte und hörte, wie die Scheibe ein bisschen tiefer fiel, und er musste sich mühen, um sie abzubremsen. Dann prallte die Kannibalenfledermaus auf sie drauf, packte die Kette mit ihren Krallen.
    Schattens Kopf platzte fast von dem zusätzlichen Gewicht.
    Verschwommen sah er, wie sich Chinook auf die Kannibalenfledermaus warf und versuchte, sie von der Scheibe wegzuschlagen, indem er mit Flügeln und Zähnen zupackte. Er sah, wie die Dschungelfledermaus ihre Zähne in Chinooks Schulter grub, und hörte den Schmerzensschrei seines Freundes. Aber Chinook kämpfte weiter, schlug und prügelte auf den Kannibalen ein, bis dessen Krallen sich von der Scheibe losrissen.
    Sie fiel etwa einen Meter tiefer und Schatten konnte sie kaum bremsen. Halte sie, halte sie, nur noch ein bisschen länger. Schatten blickte hoch und sah, dass sich etwas bewegte am großen, schwarzen Himmel, hörte es sich bewegen.
    Die Sonne.
    Eine schmale Sichel versengte sein Gesicht, als sie wiederkehrte und ihn blendete.
    „Flieg weg!“, rief er Chinook zu.
    Die Scheibe fiel. Schatten schlug mit den erschöpften Flügeln, hoffte nur, dass Marina die Pyramide geräumt hatte. Chinook war plötzlich an seiner Seite und versuchte ihn schneller voranzutreiben, aber Schattens Flügel waren unerträglich schwer. Er schüttelte kurz und ungeduldig den Kopf, aber Chinook flog nicht voran, wie er es gewollt hatte. Er blieb an seiner Seite. Hinter ihnen – nicht weit genug, bei weitem nicht – konnte er deutlich die Scheibe herabpfeifen hören, erst über ihnen, dann unter ihnen. Jede Sekunde jetzt.
    Er sagte sich: Nicht hinschauen.
    Er hörte die Explosion im gleichen Augenblick, in dem er ihre gewaltige Hitze spürte, und dann war es, als würden sie von der Sonne selbst verschlungen.

– 16 –
Sonnenflügel
    Im Dämmerlicht beobachtete Frieda vom höchsten Pfeiler von Brückenstadt aus den Horizont. Ihr Sehvermögen hatte sich während der letzten Nächte dramatisch verschlechtert, aber sogar sie erkannte die massive Gewitterwolke von Eulen, die sich am nördlichen Horizont ausdehnte.
    Ein frischer Wind raschelte im Fell ihres Gesichts und sie fühlte sich unendlich alt und müde. Acht Nächte waren vergangen, seit Marina und Ariel zur Suche nach Schatten aufgebrochen waren und sie konnte nicht anders, als das Schlimmste zu befürchten. War es möglich, dass Schatten, so clever und begabt er auch war, den Sprengstoff der Menschen überlebt hatte? Oder den Dschungel mit seinen fürchterlichen Raubtieren? Hatte sie unklug gehandelt, indem sie der Absicht von Marina und Ariel, nach ihm zu suchen, zugestimmt hatte?
    Fragen über Fragen, dachte sie. Alles, was ich in letzter Zeit tue, ist mir Fragen zu stellen.
    Sie fragte sich auch, ob

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