Sonnenflügel: Roman. Band 2 der Fledermaus-Trilogie (German Edition)
ihnen zurückkehrst, verlieren sie ihre Älteste, ohne dass du ihnen geholfen hast. Wir müssen nach Süden. Es gibt andere Gruppen wie unsere, die Kurs auf Brückenstadt genommen haben.“
Marina hatte von diesem Ort schon gehört, der größten Zuflucht der Fledermäuse. Es war natürlich eine Menschenstadt, aber unter ihrer großen Brücke lebte eine riesige Kolonie von Fledermäusen, Millionen und Abermillionen, schon jahrzehntelang ungestört. Wenn die Menschen sie nicht auch eingesperrt hatten, dachte Marina bitter.
„Es ist unsere letzte Hoffnung“, sagte Achilles. „Wir werden uns dort treffen und unsere Kräfte sammeln. Wenn es eine große Schlacht gibt, dann wird sie dort stattfinden. Kommt mit uns.“
„Wir wollten gerade zu einem ähnlich gefahrvollen Abenteuer aufbrechen“, sagte Frieda, und nun war sie an der Reihe, Achilles ihre Geschichte zu erzählen. Mit Marinas Hilfe berichtete sie dem General der Grauflügel von dem Gebäude der Menschen und allem, was sie darin vorgefunden und erlebt hatten, und wie die Menschen die Fledermäuse in ihren Flugmaschinen wegbrachten irgendwohin in den Süden. „Dann haben wir also einen gemeinsamen Weg“, sagte Achilles. „Kommt mit uns. Der Himmel ist zu gefährlich, um in kleinen Gruppen zu fliegen. Eulenpatrouillen sind überall. Wir haben fünfzehn von uns verloren in einem Gefecht erst vor zwei Nächten.“
„Dann wollen wir zusammen nach Süden fliegen“, sagte Frieda.
Und Schatten finden, fügte Marina still hinzu.
Goth flog über dem Dschungel. Die herrliche Wärme stieg zu ihm hoch und hüllte ihn mit ihren Flügeln ein. Die Sterne strahlten, Zotz sei Dank, in ihren vertrauten Konstellationen: dem Jaguar, der doppelköpfigen Schlange, den Augen der Unterwelt, die auf ihn herabbrannten. Zotz hatte ihn behütet und ihn mithilfe der törichten Menschen wieder in seine Heimat zurückgebracht.
Die Metallscheibe hing schwer unter ihm.
Er hatte gesehen, was sie anrichten konnte. Als er aus dem Flugzeug in die Luft hinausgeschleudert wurde, war er den kleinen Fledermäusen gefolgt, als sie auf die Stadt zustürzten. Neugierig war er zurückgeblieben, als sie sich alle auf ein einzelnes Gebäude warfen.
Als er die Explosionen gesehen hatte, war ihm klar geworden, was er da unter sich trug. Sein Hass auf die Menschen nahm noch zu, aber er war jetzt mit Hochachtung vermengt. Sie benutzten ihn als Werkzeug der Zerstörung. Er hatte sie nicht für so schlau gehalten.
Der Knopf in seinem eigenen Ohr sang immer noch, wie er das von dem Augenblick an getan hatte, als er aus der Flugmaschine der Menschen gestürzt war. Ein Gebäude, sang er ihm. Ein kleines, niedrig gelegenes Gebäude am Rande der Stadt. Flieg dahin, drängte ihn das Bild beständig.
Wie charakteristisch für die Menschen, dachte Goth, ihn für so willensschwach, so dumm zu halten. Das war ihre Schwäche: Die Menschen waren Idioten. Natürlich schien es bei den nördlichen Fledermäusen zu funktionieren; sie hatten sich begeistert in den Tod gestürzt. Immer so scharf darauf, den Menschen zu Gefallen zu sein. Er musste grinsen.
Trotzdem, als er die aufsteigenden Pilze von Feuer und Rauch beobachtet hatte, die von diesen kleinen Metallscheiben verursacht wurden, kam ihm ein aufregender Gedanke: Stell dir nur vor, was meine Scheibe anrichten würde.
Er würde sie für seine eigenen Zwecke nutzen, zur höheren Ehre von Zotz.
Nun steuerte er weg von dem Gebäude, das noch schwach in seinem Inneren glänzte. Die Metallscheibe war schwer, aber seine Flügel waren stärker, stärker, als sie je zuvor gewesen waren, Dank sei Zotz. Er nahm Kurs auf das Innere des Dschungels.
Er war zu Hause.
– 9 –
Der Heilige Stein
In der Ferne raschelte das Unterholz und Schatten konnte mit den Krallen durch die Erde die Erschütterungen schwerer Schritte spüren.
„Wir sollten weg vom Boden“, sagte er zu Chinook, „und höher hinauf.“
„Okay, gute Idee“, sagte Chinook und nickte heftig. Sie erhoben sich vom Ufer des Baches und flogen in engen, vorsichtigen Spiralen hoch zum Baumdach des Dschungels. Schatten wollte nicht zu tief in das Laub geraten – wer wusste schon, was da alles nistete? –, so hielt er auf Abstand und suchte die hohen Stämme im mittleren Stockwerk nach einem Rastplatz ab. Er ließ sich auf einem Geflecht zerbrechlicher Äste nieder, von denen er annahm, sie wären wohl zu schwach, um etwas Größeres als ihn und Chinook auszuhalten. Er hakte sich mit den Krallen der
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