Sonnenglut der Leidenschaft
können?“
Unglaublich! Er versuchte doch tatsächlich, sein eigenes Verhalten durch geheuchelte Sorge um sie zu verschleiern.
„Als ob dich das wirklich interessieren würde! Deine Besorgnis habe ich ja gestern Abend erlebt.“
„Meine Sorge galt etwaiger Ansteckungsgefahr“, erklärte er freiheraus. „Für eine Frau mit deiner Erfahrung sollte das doch wohl ein Thema sein. Schützt du dich nie? Oder liebst du das Risiko?“
Diese Unterstellungen machten sie so wütend, dass sie die Selbstbeherrschung verlor. „Nur zu deiner Information: Was vergangene Nacht geschehen ist … Also, ich habe noch nie … Es war ein Fehler und hätte nicht passieren dürfen, okay? Ich will jetzt keine langen Erklärungen abgeben. Denk doch, was du willst.“
„Okay, aber es kann dir doch nicht gleichgültig sein, wie dein Verhalten letzte Nacht auf mich gewirkt haben muss: Du warst bereit, mit einem wildfremden Mann zu schlafen. Und offensichtlich nicht zum ersten Mal.“
Nicht zum ersten Mal? Gwynneth war müde und hungrig, und sie stand noch immer unter Schock. „Du irrst dich“, entgegnete sie ärgerlich. „Letzte Nacht war nicht nur das erste, sondern auch das letzte Mal. Lieber lebe ich weiterhin für den Rest meines Lebens enthaltsam, als … als …“ Sie war den Tränen nahe. „… als mich noch einmal so erniedrigen zu lassen.“ Seine Worte hatten sie wie Schläge getroffen. Und sie schmerzten entsetzlich.
Es war richtig gewesen, dass sie ihr sexuelles Verlangen bislang unterdrückt hatte. Das bewies der Vorfall der vergangenen Nacht nur zu deutlich. Ach, wäre sie diesem Mann doch nie begegnet!
„Du willst enthaltsam leben? Ausgerechnet eine Frau wie du?“, spottete Tariq.
Seine Verachtung schnitt ihr ins Herz und brach alle Dämme.
„Was soll das heißen – eine Frau wie ich? Willst du behaupten, ich als Jungfrau will jetzt aus lauter Neugier noch mehr und richtigen Sex? Nach letzter Nacht?“ Sie schüttelte nur den Kopf und lachte bitter. „Keine Chance. Das hat mich für alle Zeiten geheilt. Ich werde weiter enthaltsam bleiben.“
„Jungfrau? Du?“ Tariq musterte sie nun ungläubig. „Du lügst.“
„Nein, es ist die Wahrheit. Aber das passt dir natürlich nicht. Glaub doch, was du willst, es kümmert mich nicht.“ Erschöpft und den Tränen nahe, fragte Gwynneth sich, warum sie ihm ihr Geheimnis anvertraut hatte.
Aber nun hielt sie es keine Minute länger in seiner Nähe aus. Also wandte sie sich ab und kehrte ins Wohnzimmer zurück. Von dort waren es nur noch wenige Schritte bis zu dem kleinen Arbeitszimmer, wo sie sich erschöpft an die Tür lehnte und überlegte, wie es ihm gelungen war, sie so aus der Fassung zu bringen.
In Gedanken versunken blieb Tariq auf dem Balkon zurück.
Eine leichte Brise wehte und erinnerte ihn an die Wüste und an die geheimnisumwitterten hängenden Gärten des verborgenen Tals. Die Wüste mit ihrer Reinheit und Freiheit, ihrem riesigen Ausmaß, den Gefahren, die sie barg und die ein Mann meistern musste, der dort leben wollte. Für zügelloses Vergnügen war dort kein Platz. Als Mann musste man sich um die Sicherheit seiner Familie kümmern, wenn man nicht wollte, dass sie umkam. Man musste in der Wüste Schönheit schaffen, an sich selbst glauben und über Ausdauer und Visionen verfügen. Wie seine Vorfahren, die die hängenden Gärten geschaffen hatten, die er nun wieder in ihrem einstigen Glanz erstrahlen lassen wollte.
Natürlich war sie keine Jungfrau mehr! Und wenn doch? Der Wüstenkodex war streng und schützte beides: die Ehre eines Mannes und die Tugend einer Frau. Es galt Auge um Auge. Gleiches wurde mit Gleichem vergolten. Wer einer Frau die Unschuld raubte, musste sie heiraten.
Doch Gwynneth war keine Jungfrau, und er hatte sie nicht entehrt. Außerdem konnte er sie nicht heiraten, denn er liebte sie nicht. Eine Ehe ohne Liebe war wie Brot ohne Salz.
Ahnte Gwynneth eigentlich, wie gefährlich sie lebte? Sie musste doch wissen, dass ein Mann in seiner Position ihre Lage schamlos ausnutzen, sie für seine Zwecke missbrauchen und dann einfach verstoßen könnte.
Man musste sie vor sich selbst schützen und vor den Männern, denen es Spaß machte, einer Jungfrau die Unschuld zu rauben.
Aber hatte er nicht Wichtigeres zu tun, als sich um ein törichtes Mädchen zu kümmern?
6. KAPITEL
Ich hätte mir das Schlafzimmer sichern sollen, dachte Gwynneth mit Blick auf das schmale Sofa im Arbeitszimmer. Auch wenn es sich um ein Schlafsofa
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