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Sonnenkoenig

Sonnenkoenig

Titel: Sonnenkoenig Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Richard Lifka
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Schrank, bis er ein einigermaßen sauber aussehendes Handtuch fand,
mit dem er sich kräftig und ausgiebig abrubbelte. Die Lebensgeister kehrten
nach und nach zurück und damit die Erinnerungen an den gestrigen Abend.

     
    Es war nach 18 Uhr gewesen, als Ninus bei Alejandro
einlief. Da kein Tisch mehr frei war, setzte er sich auf einen Barhocker am
Tresen. Der Wirt hatte alle Hände voll zu tun. Ständig klingelte es in der
Küche, das Signal für ein weiteres fertiges Essen. Eine Bedienung konnte sich
der Spanier nicht leisten, deshalb trug er die Teller schwitzend und stöhnend
höchstpersönlich zu den Tischen. Es dauerte einige Zeit, bis er sich um Ninus
kümmerte.
    »Una cerveza?«
    »Ja.«
    »Comer?«
    »Großer Tapas-Teller.«
    »Schlechte Laune?«
    »Si.«
    »Wie immer, oder?«
    »Ich geh gleich.«
    »Reisende soll man nicht
aufhalten.«
    Wenn nicht mehrere Leute an den
Tischen nach Bedienung gerufen hätten, wäre dieser geistreiche Dialog sicherlich
noch ewig weitergegangen. Irgendwann stellt Alejandro ihm ein Bier vor die Nase
und knallte ihm wortlos fünf Schälchen mit verschiedenen Tapas hin. In der
hintersten Ecke stand ein Pärchen auf und verließ das Lokal. Ninus nahm die
Tellerchen, die er zusammen mit seinem Bierglas tragen konnte, und nahm an dem
frei gewordenen Tisch Platz. Lustlos stopfte er die Köstlichkeiten in sich
hinein. Irgendwann wurde sein leeres Bierglas gegen ein volles ausgetauscht und
irgendwann war er der letzte Gast. Alejandro kam zu ihm, bewaffnet mit einer
Flasche seines berüchtigten Selbstgebrannten und zwei ziemlich großen
Schnapsgläsern.
    »Trink, Fremder, und wir werden
wieder Freunde.«
    Ninus folgte.
    »Trink, Freund, und der Schmerz
wird kleiner.«
    Ninus folgte. Schaute Alejandro
an: »Wirkt nicht.«
    Worauf dieser die Flasche hochhob
und genau betrachtete. »Kann nicht sein. Ist Spezialmarke gegen Kummer. Mach’s
nochmal.«
    Ninus folgte. Schüttelte den Kopf.
    »Dann hilft nur noch Reden. Was
ist los?«
    »Weiß es nicht. Gestern Morgen
treffe ich die tollste Frau der Welt, gestern Abend liegt sie auf meinem Sofa,
heute Morgen ist sie spurlos verschwunden.«
    »Hilft auch gegen Kummer von Liebe
ist das beste Heilmittel. Trink!«
    Ninus folgte. »Wenn es nur
Liebeskummer wäre. Gestern Mittag fand ich sie über eine Leiche gebeugt.
Blutbeschmiert.«
    »Oj, oj!«
    »Heute Mittag werde ich wegen
Einbruchs verhaftet.«
    »Trink!«
    »Heute Nachmittag belüge ich
meinen besten Freund. Alles, was mir geblieben ist, ist das.« Ninus holte den
Schlüsselanhänger in Form eines Fußballs hervor.
    »Der Schlüssel zum Herzen der
tollen Frau?«
    »Nee, der Schlüssel zum
Schreibtisch einer toten Frau.«
    »Oj, oj!« Alejandro nahm den
Fußball in Augenschein, spielte damit herum. »Fußball verbirgt großes
Geheimnis.«
    »Fang du nicht auch noch an zu
spinnen.«
    »Nein, schau selbst.« Alejandro
drehte an dem Schlüsselanhänger. Die beiden Hälften ließen sich
auseinanderklappen. Auf der linken Innenhälfte befand sich ein kleines Display,
darunter drei kleine Knöpfe, auf der rechten Hälfte waren zwei Anschlussbuchsen
zu erkennen. Eine kleine, runde und eine etwas größere, viereckige.
    »Eine Musikmaschine«, stellte
Alejandro fest.
    »Du meinst einen MP3-Player.«
    »Keine Ahnung, wie das Zeug heißt.
Carlos, mein Sohn, hat etwas Ähnliches in Form eines Tennisballs. Er spielt
Tennis, habe ich das nicht erzählt?«
    »Doch, doch, ich weiß.« Ninus, der
nach dem siebten Seelentröster nicht mehr ganz Herr seiner Sinne war, beugte
sich über den aufgeklappten Ball. »Kannst recht haben. Was soll’s. Musik habe
ich selbst genug.« Er klappte den Ball wieder zusammen und steckte ihn ein.
»Ich glaube, ich muss ins Bett.«
    »Einen noch, zum Abschied.«
    Ninus folgte und das war einer zu
viel. Er schaffte es gerade noch bis zur Toilette. Ziemlich blass kam er
schwankend ins Lokal zurück. »Die Tapas zahle ich nicht. Habe ich dir wieder
zurückgegeben.« Er machte eine Kehrtwendung und verließ das Lokal.

     
    Wenn er daran dachte,
wurde es Ninus erneut schlecht. Er unterdrückte den Brechreiz, machte sich
einen Schnellkaffee und zwang sich, eine halbe Scheibe Brot zu essen. Das Ganze
spülte er mit einem halben Liter Wasser runter. Nach und nach ging es ihm
besser. Als er seine in der Wohnung verteilten Kleidungsstücke gefunden hatte
und ordentlich hinlegen wollte, fiel der musikalische Schlüsselanhänger zu
Boden. Er hob ihn auf, überlegt kurz, griff nach dem

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