Sonnenkoenig
Schulter. »Tschüss. Sie
wird sich bestimmt bald melden.«
Auf der Fahrt von Taunusstein in
die Stadt überlegte Carla: In Wiesbaden habe ich mich nicht angemeldet. Meinen
ersten Wohnsitz habe ich in London. Die Polizei wird versucht haben, mich dort
zu erreichen. Das Haus in Erbach läuft noch immer auf Vater. Vielleicht waren
die Beamten bei Julia gewesen und die ist bei der Nachricht durchgedreht.
Denkbar, aber wenig wahrscheinlich. Vater zu erreichen, dürfte nicht einfach
sein. Wenn er den Plan in die Tat umgesetzt hatte, den er mir bei der
Geburtstagsfeier erzählte, ist er momentan mit Agneta im Wohnmobil unterwegs.
Seine argentinische Abschiedstour hat er es genannt. Ob er, der große
Mobiltelefonverweigerer, in den Pampas zu erreichen war? Wer konnte das wissen?
Carla entschied sich, zunächst nach Hause zu fahren, um in Ruhe die nächsten
Schritte zu planen. Sie musste jetzt umdenken.
V. stand by your man
Im Bistro in der Bergerstraße saßen außer Ninus
nur noch ein junger Mann und eine ältere Dame. Beide lasen und hatten die
Zeitungen über dem jeweiligen Tisch ausgebreitet. Er sucht sicherlich in den
Stellenangeboten und sie in den Kontaktanzeigen, frotzelte Ninus im Geheimen
und bestellte bei der übernächtigt aussehenden Bedienung einen Latte macchiato,
ein Wasser und ein Aspirin. Seine Kopfschmerzen hatten sich auf der Fahrt
hierher, über die A 66, wieder verstärkt. Aus den mit Spinnweben
überzogenen Lautsprechern an der Decke des kleinen Lokals quakte die übliche
Hintergrundmusik. Bei dieser Qualität hörte sich Heike Makatschs ›Stand by your
man‹ wie eine Aufnahme aus Schellackzeiten an. Schade eigentlich. Die
bestellten Getränke kamen gleichzeitig mit Lena. Wie aus dem Nichts, wie ein
Teufelchen aus dem Boden gewachsen, stand sie plötzlich da. Deutete ein
Küsschen an und setzte sich.
»Ich bin gespannt«, kam sie
ohne Umschweife zum Thema.
»Wird dir nicht gefallen. Aus
deiner Story wird nichts.«
Lena kniff die Augen zusammen.
»Die Crown ist tot.«
»Wie, tot?«
»Maustot.«
»Lass den Quatsch, Ninus. Wieso
tot? Warum, wie, wann, wo?«
»Weiß ich alles nicht. Beppo, du
kennst ihn, war sehr wortkarg. Dein Wunsch nach Informationen hat mich fast in
den Knast gebracht.« Ninus berichtete, was er wusste.
»Das nennst du keine Story! Da ist
doch was oberfaul. Vielleicht wurde sie umgebracht. Oh Gott, vielleicht weil
sie mit mir telefonierte?«
»Ich wusste gar nicht, wie
gefährlich Telefonieren mit dir sein kann. Ich habe deine Reaktion
vorausgesehen, genauso übrigens wie Beppo. Deshalb soll ich dir etwas von ihm
ausrichten. Keine Alleingänge. Weder du noch ich. Vertrauensvolle
Zusammenarbeit ist seine Bedingung.«
Lena wollte gerade eine Redesalve
abschießen, besann sich jedoch. »Warum nicht. Beppo ist in Ordnung. Wenn er
bereit ist, offizielle Infos von inoffiziellen zu trennen, vielleicht keine
schlechte Idee.«
Die Frau überraschte Ninus immer
wieder. Er hatte sich jede Menge Ausreden für Wanninger ausgedacht, warum das
mit Lena nicht klappen würde. Jetzt sagte sie einfach zu. Verstehe einer die
Frauen.
»Da bleiben wir dran.«
»Was heißt wir?«
»Schon vergessen? Vertrauensvolle
Zusammenarbeit.«
»Wer zahlt mein Honorar?«
»Wenn es eine Story wird, gibt es garantiert
was vom Magazin. Wenn nicht, haben wir beide für die Katz geschafft.«
»Jetzt bist du dran. Hast du was
über die Cosian?«
»Hab ich. Wird dir nicht gefallen.
Sag erst, warum ich den Laptop mit mir rumschleppen muss.«
»Ach, hätte ich fast vergessen. Du
bist doch ein technisch begabtes Mädchen.« Ninus legte den Fußball auf den
Tisch.
»In welches Tor soll ich ihn
schießen?«
»Nicht schießen,
auseinanderklappen.«
Lena nahm den Schlüsselanhänger
zur Hand und klappte ihn auseinander. »Sieht aus wie ein MP3-Player.«
»Bingo. Ist mir zufällig in Crowns
Wohnung in die Tasche gerutscht. Vielleicht erfahren wir etwas über ihren
Musikgeschmack. Wäre immerhin ein Anfang.«
Während Ninus das sagte, hatte
Lena ein USB-Kabel aus ihrer Tasche gezogen und den Laptop gestartet. »Hast du
es Beppo gezeigt?«
»Klar, ist doch mein Freund.«
»Und warum hat er ihn nicht sofort
einkassiert?«
»Ich glaube, ich habe vergessen,
ihm zu sagen, dass er nicht mir gehört. Ach, jetzt fällt es mir wieder ein. Ich
habe erzählt, den hättest du mir geschenkt, weil du dich doch gerne auf
Fußballplätzen herumtreibst, wegen der nackten Männerbeine, zumindest habe ich
das
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