Sonnenkoenig
einen nach dem anderen, ins Wasser. Sie streckte beide Arme nach oben,
das bisschen Stoff rutschte hoch und Rolozko sah das Ende ihrer Beine, ihren
roten Slip. Sie griff mit beiden Armen nach hinten, zog den Reißverschluss auf,
ließ los. Das Kleid fiel zu Boden.
›I say, it’s alright …‹
Mit den Armen bedeckte sie
verspielt ihre kleinen, festen Brüste, mit einer Hand langte sie zu ihrem Mund,
steckte genüsslich den Zeigerfinger hinein und sog daran. Rolozko hielt es
nicht mehr aus. Er schwamm zu ihr hin, stemmte sich aus dem Wasser. Sie empfing
ihn mit offenen Armen. Wie ein Ertrinkender klammerte er sich an sie. Sie
liebten sich sofort, auf den harten kalten Fliesen, am Rande des Beckens.
›Sun, sun, sun, here comes …‹
Er begriff bis heute
nicht, warum sie nach fast zehn Jahren plötzlich wieder aufgetaucht, zu ihm
gekommen war und ihm seine glücklichsten Tage bereitet hatte, nur um ihn zu
verlassen und zu vernichten. Er begriff es einfach nicht. Was er nicht
verstand, ängstigte ihn. Er begehrte Carla noch immer und er hatte große Angst
vor ihr. Angst besiegst du, indem du tötest, was dich ängstigt. Das war der
Leitfaden von Rolozkos Vaters für die Erziehung seines Sohnes. Vater hatte recht.
VII. strangers in the night
Auf dem Waldparkplatz
standen sich die beiden Autos lauernd gegenüber, wie zwei Schlachtrösser zum
Kampf bereit. Die letzten Strahlen der Sonne, die im Begriff war, sich hinter
den Gipfeln der Taunusberge zu verziehen, streiften die Nadelbäume, die lange
Schatten auf das Schlachtfeld warfen.
Der silberne Volvo stand links,
der schwarze Mercedes SLK, etwa 20 Meter davon entfernt, rechts. Die Motoren
summten im Leerlauf vor sich hin, die eingeschalteten Scheinwerfer beleuchteten
den sandigen Weg zwischen ihnen. Auf halber Distanz standen Carla Cosian und
Andrej Rolozko, beide mit verschränkten Armen und nach vorne gebeugter Haltung.
»Wo ist die CD?«, zischte er.
»Im Wagen. Wo ist meine
Schwester?«
»Im Wagen. Hol sie.«
»Erst Julia.«
Rolozko drehte sich um, ging
gemächlich zum Mercedes, öffnete die hintere Tür, beugte sich hinein, fummelte
an etwas herum und kam wieder zum Vorschein. Als er sich aufrichtete, kroch
Julia aus dem Fond. Sie schwankte und wäre fast gestürzt, hätte Rolozko sie
nicht untergefasst. Er zog sie mit sich und blieb zwei Meter vor Carla stehen.
»Carla …«, stammelte Julia.
»Keine Angst, es ist gleich
vorbei«, versuchte Carla, ihre Schwester mit zittriger Stimme zu beruhigen.
»Jetzt du!«, befahl Rolozko.
»Julia! Geh zum Wagen. Auf dem
Beifahrersitz liegt ein blauer Ordner. Hole ihn!« Carlas Augen fixierten die
ihrer Schwester und signalisierten ihr: Mach es einfach. Sag nichts.
Julia zögerte, setzte an, etwas zu
erwidern, hielt inne. Sie verstand Carlas Gebärde, wie nur Schwestern sich
verstanden, und kapierte es dennoch nicht. Sie wollte loslaufen.
Rolozko hielt sie am Arm zurück.
»So geht das nicht.«
»Ich bleibe doch bei dir, bis
Julia mit der CD zurück ist. Keine Gefahr für dich.«
Andrej Doran zögerte. Gedanken
rasten durch sein Gehirn, versuchten, die Situation zu bewerten, Gefahren zu
erkennen. Er stieß Julia. Sie stolperte nach vorne. »Beeil dich.«
Rolozko baute sich ganz nahe vor
Carla auf, wobei er ihr über die Schulter schaute und Julia im Auge behielt. Carla
blieb scheinbar regungslos stehen. Nur ihre verschränkten Arme zog sie etwas
auseinander. Sie spannte ihren Körper. Versuchte, nicht in Andrejs Gesicht zu
sehen, sondern konzentrierte sich ausschließlich auf ihr rechtes Knie. Jetzt
musste Julia beim Wagen sein. Jetzt musste er sie hineinzerren. Mit einer Hand.
Fast gleichzeitig losfahren. Carla hielt die Luft an.
Als Rolozko verblüfft
hervorstieß: »Was ist …«, ging es los. Sie hörte den Motor des Volvos
aufheulen. Hörte die durchdrehenden Reifen. Gleichzeitig zog sie ihr Knie nach
oben, so heftig sie dazu in der Lage war. Volltreffer! Rolozko schrie auf.
Beugte sich nach vorne. Darauf hatte sie gehofft. Ihre Faust landete in Andrejs
Nacken. Ihr Knöchel knackste. Rolozko ging stöhnend zu Boden. Der Volvo kam
angeschossen. Bremste voll. Die hintere Tür sprang auf. Carla schwang sich
hinein. Der Wagen schoss den Feldweg entlang. Kam in der nächsten Kurve ins
Schleudern. Fing sich wieder. Jetzt hatte er die Bundesstraße erreicht und
raste in Richtung Georgenborn davon.
Im Wagen herrschte Schweigen.
Auf der Rückbank saß Carla mit geschlossenen Augen und hielt sich
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